ZAK Dezember 2020

Beruf & Recht Die Menschen im Handel und im Transport- und Lieferdienst arbei- ten rund um den Jahreswechsel noch intensiver. Corona verschärft die Situation zusätzlich, doch eine Anerkennung der Leistung dieser Beschäftigten bleibt aus. A uch wenn das Coronavirus noch so wütet, es gibt Menschen, auf deren Arbeit wir nicht verzichten können. Österreich hat knapp vier Millionen unselbstständig Beschäftigte. Eine Million davon arbeitet in den elf größten systemrelevanten Berufsfeldern. „Die Frauen undMänner indiesen Berufenwur- den anfänglich beklatscht und gelobt. Doch als es dann um mehr Bezahlung und um bessere Arbeitsbedingungen ging, hat sich nichtsmehr getan“, sagt AK-Expertin Bernadette Pöcheim. Die Arbeiterkammer hat eine Studie über „Arbeitsbedingungen und Berufsprestige von Beschäftigten in systemrelevanten Berufen in Österreich“ herausgegeben. Arbeit im Handel und im Transport Beispielhaft nimmt Pöcheim zwei Berufsgrup- pen heraus: den überwiegend weiblichen Handel und die überwiegend mit Männern besetzteTransport- und Zustellbranche. Allein in diesen zwei Branchen arbeiten in Österreich mehr als 300.000 Beschäftigte. Rund um die beiden Lockdowns war im Le- bensmittelhandel extrem viel los. Alle waren hochgradignervös, Hamsterkäufe, leere Regale und ständig neue Hygieneregeln prägten und prägen die tägliche Arbeit. Eines eint diese Berufsgruppe mit den Beschäftigten imTrans- port- und Lieferdienst und den Menschen in anderen systemrelevanten Branchen: Die Coronaheldinnen und -helden verrichten ihre Tätigkeitenunter erhöhtenGesundheitsrisiken, sie arbeiten unter hohen körperlichen und psy- chischen Belastungen und oft zu untypischen und überlangen Arbeitszeiten. Geringe Bezahlung, schlechte Arbeitszeiten An der Kassa oder bei der Regalbetreuung gibt es im Schnitt weniger als 1.300 Euro netto pro Monat. Der Einzelhandel ist geprägt durch ex- trem viel Teilzeitarbeit, durch Samstagsarbeit undüber denTaggeteilteDienste. ImTransport und der Paketzustellung ist zwar das Einkom- men etwas besser – im Schnitt sind es rund 1.800 Euro netto imMonat –, aber die Arbeits- zeiten sind oft sehr lang und vielfach sind sie auch über das Wochenende und in der Nacht. Fehlende Wertschätzung Beide Berufsgruppen sind mit den Arbeits- zeiten unzufrieden. In der Transportbranche leiden 36 Prozent der Beschäftigten unter den Arbeitszeiten, im Handel sind es 32 Prozent. Die Zufriedenheit mit der sozialen Position in der Gesellschaft ist niedrig, weil man selbst und seine Arbeit nicht wertgeschätzt wird. Das nagt am Selbstvertrauen. Die Hälfte hat den Eindruck, Besitz und Einkommen in Österreich sind ungerecht verteilt. Der gerechte Anteil am allgemeinen Wohlstand der Gesellschaft wird verwehrt. Aufwertung für Arbeit mit Menschen AK-Expertin Pöcheim bedauert, dass Arbeit mit und an Menschen wenig wert ist: „Wir müssen den Wert der Arbeit neu definieren. Es geht umeine existenzsichernde Bezahlung, aber auch um Arbeitszeiten und die täglichen Belastungen für Geist und Körper sowie um Aufstiegs- und Mitsprachemöglichkeiten.“ SH Harte Arbeit, karger Lohn AK-Wahl Beruf & Recht Seite 4 – 12 Eine AK-Studie hat erforscht, wie es Menschen in system- relevanten Berufen geht. Hier exemplarisch Frauen in der Nahversorgung. Im Zuge der Corona-Krise haben heuer schon viele Be- schäftigte im Homeoffice gearbeitet oder arbeiten aktuell noch von zu Hause aus. Wie es ihnen dabei geht, hat die AK mittels Studien beleuchtet. Fazit: Arbeiten im Homeoffice braucht klare Regeln – und die gibt es bereits. A ngesichts der Corona-Pande- mie haben viele Betriebe in den vergangenenMonaten aufTe- learbeit bzw. Homeoffice gesetzt. „Homeoffice ist ein großesThema, umpersönliche Kontakte zu redu- zieren und so einen Beitrag gegen die Ausbreitung des Corona-Virus zu leisten“, sagt AK-Experte Wolf- gang Nigitz. Doch wie sieht die Situation jener Beschäftigten aus, die von zu Hause aus arbeiten? Vereinbarung Um diese Frage zu klären, hat das Meinungsforschungsinstitut IFES im Auftrag der AK im April und im Oktober Studien durchge- führt. Hierfür wurden bundesweit jeweils über 2.000 Beschäftigte befragt. Die zentralen Ergebnisse: Vor der Corona-Pandemie haben nur rund fünf Prozent der Beschäf- tigten regelmäßig im Homeoffice gearbeitet – imApril und imOkto- ber waren es jeweils an die 40 Pro- zent. Für die restlichen 60 Prozent Homeoffice: Für Arbeit zu Hause gelten klare Regeln war ein Wechsel ins Homeoffice berufsbedingt unmöglich. Für drei Viertel der Personen mit Home- office-Erfahrung ist es wichtig, nicht zu Homeoffice gezwungen zu werden. „Homeoffice muss vereinbart werden. Weder darf mich der Chef zur Arbeit daheim verpflichten noch hat man selbst ein Recht darauf“, erklärt dazu AK- Experte Nigitz. „Wird Homeoffice vereinbart, gilt befristet bis März 2021 ein umfassender Versiche- rungsschutz bei Arbeitsunfällen.“ Arbeitszeiten Was die Studien auch zeigen: Im Homeoffice verschwimmen die Grenzen zwischen Job und Frei- zeit. Knapp60 Prozent der Beschäf- tigten imHomeoffice neigen dazu, krank zu Hause zu arbeiten. Statt eine Pflegefreistellung zu nutzen, geben sechs von zehn Beschäftig- tenmit Kindern an, imHomeoffice nebenher das Kind zu betreuen. Mehr als die Hälfte arbeitet zu Zeiten, an denen er oder sie sonst nicht arbeitenwürde (z. B. abends), ein Drittel ist außerhalb der re- gulären Arbeitszeiten erreichbar. Nigitz stellt klar: „Die Arbeitszeit im Homeoffice bleibt gleich wie Büroarbeit, es können aber auch andere – etwa flexiblere – Regeln vereinbart werden. Homeoffice heißt nicht, dass man rund um die Uhr erreichbar sein muss.“ Ausstattung In Betrieben mit Betriebsrat sind die Rahmenbedingungen fürs Homeoffice klarer geregelt als in Firmen ohne Betriebsrat, belegen die Studien.Während Ausstattung wie Software, Headsets oder Lap- tops meist vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden, nutzt mehr als die Hälfte privat ange- schaffte Tastaturen und Monitore. Bei Schreibtisch, Sessel, Internet- verbindung und Drucker wird zu rund 90 Prozent private Ausstat- tung genutzt. Nigitz:„Arbeitsmittel wie Computer, Laptop oder Handy muss das Unternehmen bereitstel- len oder es gilt per Homeoffice- Vereinbarung eine Abgeltung für eigeneGeräte.Tisch und Stuhl sind selbst bereitzustellen.“ DW Steuerspartage imMai 2021 D ie immer stark nachgefrag- ten Beratungen bei den AK-Steuerspartagen finden kom- mendes Jahr im Mai statt. Anmel- dungen dafür sind aller Voraus- sicht nach ab März 2021 möglich. Die Termine werden rechtzeitig in der ZAK sowie über die weiteren Infokanäle der AK Steiermark be- kannt gegeben. Weiterbildung für Betriebsräte M it dem „Arbeit Recht Ge- sundheit Digitalisierung“- Seminarprogramm 2021 bietet die Arbeiterkammer Steiermark einmal mehr maßgeschneiderte Weiterbildungsmöglichkeiten für Betriebsräte und Sicherheits- vertrauenspersonen an. Die Themenpalette des Seminaran- gebotes reicht von Burnout- und Mobbingprävention über arbeits- bedingte psychische Belastungen und Konfliktmanagement bis hin zu Fragen rund um Datenschutz und Digitalisierung. Bildungsgeld für junge Eltern D ie 1.000 Euro des AK-Karenz- bildungskontos können ab sofort länger für Bildungsmaß- nahmen verwendet werden. Da viele Kurse und Seminare derzeit nicht oder mit Verzögerung statt- finden, hat die Arbeiterkammer den Zeitraum, in dem das Geld verbraucht werden muss, bis zum 3. Geburtstag des Kindes verlängert. Das Karenzbildungs- konto unterstützt junge Eltern beimWiedereinstieg in den Beruf durch günstige Fortbildung bei VHS und bfi. zak in kürze Arbeiten im Homeoffice ist während der Corona-Pandemie für viele Beschäftigte zur Normalität geworden. ©Kalim - stock.adobe.com www.akstmk.at/wirtschaft Mehr zumThema www.akstmk.at/beihilfen Infos zum Karenzbildungskonto www.akstmk.at/steuer Infos & Termine Jacob Lund Photography - stock.adobe.com www.akstmk.at/brseminare Infos & Anmeldung 4 | ZAK ZAK | 5

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