ZAK_Dezember_2018_Ansicht
ZAK 5 4 ZAK ARBEITSRECHT ©mhp - stock.adobe.com ARBEITSRECHT Zwei Angestellte einer Tra- fik suchten bei der AK Hilfe, nachdem der Nachlassver- walter ihr Dienstverhältnis beenden wollte: 13.500 Euro erstritten. M aria S. war verzweifelt: Vor einigen Tagen bekam sie die Nachricht, dass ihr Chef gestorben war. Sie sperrte noch ein paar Tage selbstständig die Trafik auf, bis sich der Nach- lassverwalter bei ihr meldete. Der Anwalt meinte, dass ihr Dienstverhältnis, genauso wie das ihrer drei Kolleginnen, mit dem Tod ihres Chefs beendet sei. Er legte ihr ein Dokument vor, wo sie eine einvernehmli- che Lösung mit dem Sterbetag Getrickst wird, wo es nur geht. Das wurde nun aber einem Arbeitgeber zum Ver- hängnis, da eine von der AK lange geforderte Arbeits- rechtsänderung zum Tragen kam. A ufgrund einer Grippe befand sich Werner S. im Krankenstand. Sein Chef setzte den Fliesenleger aber so unter Druck, dass der 38-Jährige bereits am ersten Tag seines Krankenstandes eine einver- nehmliche Lösung des Arbeits- verhältnisses unterschrieb. Kündigung im Krankenstand Was viele nicht wissen: Ar- beitsverhältnisse können auch während des Krankenstandes beendet werden. Auch eine einvernehmliche Lösung – eine Einigung zwischen Ar- beitgeberin bzw. Arbeitgeber und Beschäftigten, das Arbeits- verhältnis zu einem bestimm- ten Zeitpunkt zu beenden – ist Kürzung der Mindestsicherung Knapp 32.000 Euro er- kämpfte die AK für einen technischen Angestellten, der nach 18 Jahren von einem großen Bauunternehmen ge- kündigt wurde. W ährend sich ein Ost- steirer aufgrund eines Sprunggelenksbruchs imKran- kenstand befand, löste sein Arbeitgeber das Arbeitsver- hältnis ohne Vorwarnung. Der Jahrzehnte im Betrieb, dann Kündigung mit 58 Was tun, wenn der Chef stirbt? ihres Chefs unterschreiben sollte. Sie bat um eine Nach- denkfrist und nahm den Zettel mit nach Hause. Alle Fristen einhalten Auch ihre Kollegin Jana B. zögerte bei der Unterschrift. So machten sich die Frauen gemeinsam einen Beratungs- termin bei der AK aus, um sich genauer zu informieren. Günter Triebel sprach mit den beiden und riet zu einer Klage: „Beide Frauen waren arbeitsbereit. Und trotz Tod des Geschäftsin- habers müssen alle Fristen ein- gehalten werden.“ Das Gehalt von Oktober, November und Dezember war noch ausständig sowie Weihnachtsgeld und Urlaubsersatzleistung. Erfolgreich geklagt Nachmehreren Verhandlungen wurden Maria S. 10.850 Euro vom Gericht zugesprochen. Und auch für Jana B. fiel das Urteil positiv aus: 2.600 Euro soll sie bekommen. Beide Urteile sind bereits rechtskräf- tig. BB 58-Jährige wandte sich sofort an die AK Steiermark, die eine Kündigungsanfechtung wegen Sozialwidrigkeit beim Arbeits- und Sozialgericht Graz einbrachte. Bemerkenswerter Vergleich „Mit Erfolg“, wie AK-Arbeits- rechtsexperte Thorsten Bauer schildert: „Die AK konnte für den Arbeitnehmer einen bemerkenswerten Vergleich abschließen, wobei zwei Op- Kündigungen können unter bestimmten Voraussetzungen beim Arbeits- und Sozialge- richt angefochten werden. Ziel der Kündigungsanfechtung ist vorrangig, eine Weiterbeschäf- tigung für die Betroffenen zu erreichen. In der Praxis spielt vor allem die Anfechtung wegen eines verpönten Motivs (z. B. Geltend- machung von Ansprüchen ge- genüber dem Arbeitgeber) und wegen Sozialwidrigkeit (Kündi- gung einer bzw. eines älteren Beschäftigten) eine große Rolle. Achtung: Die Frist für Anfech- tungen von Kündigungen ist sehr kurz. Meist beträgt diese nur zweiWochen ab Zugang der Kündigung. tionen angeboten wurden: der Mann konnte zwischen der Weiterbeschäftigung unter den ursprünglichen Bedingungen oder einer Abgangsentschädi- gung in Höhe von fast 32.000 Euro zusätzlich zur gesetzli- chen Abfertigung wählen.“ Der 58-Jährige entschied sich für die Zahlung, da er aufgrund des zerrütteten Verhältnisses zu seinem Arbeitgeber nicht mehr in das Unternehmen zurückkehren wollte. JF Anfechtungen möglich, erklärt Arbeitsrechts- experte Thorsten Bauer. Bisher kam in solchen Fällen die Gebietskrankenkasse auf, indem sie den Arbeitneh- merinnen bzw. Arbeitnehmern „Krankengeld“ zahlte – wel- ches jedoch weitaus niedriger ist als das Krankenentgelt der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers. Die Firmen, die oft zusagten, den oder die Betroffene nach Genesung wiedereinzustellen, mussten den Krankenstand nicht wei- terbezahlen. Arbeitgeber zahlt Seit 1. Juli 2018 ist eine von der AK lange geforderte Arbeits- rechtsänderung in Kraft: Wird das Arbeitsverhältnis während des Krankenstandes oder im Hinblick auf einen baldigen Krankenstand (z. B. Kranken- hausaufenthalt) einvernehm- lich aufgelöst, muss die Firma das Krankenentgelt – wie bei einer Arbeitgeberkündigung – weiterzahlen, solange die Ent- geltfortzahlungsfristen nicht ausgeschöpft sind. „Die Kosten können nun nicht mehr auf die Gebietskrankenkasse, also die Allgemeinheit, abgewälzt werden“, so der AK-Jurist. Aufgrund der Intervention durch die AK musste der Ar- beitgeber von Werner S. die Gekündigt: Chef wollte Krankenentgelt sparen www.akstmk.at/arbeitsrecht „Der Tod des Geschäftsführers bedeutet nicht gleichzeitig das Ende des Arbeitsverhältnisses. Es sind Fristen einzuhalten.“ AK-Arbeitsrechtsexperte Günter Triebel Entgeltfortzahlung bis zum Ende des Krankenstandes, rund 2.000 Euro, leisten. Bau- er: „Niemand kann gezwungen werden, einer einvernehmli- chen Auflösung zuzustimmen. Wir raten den Betroffenen in derartigen Fällen umgehend die AK zu kontaktieren.“ JF Wird das Arbeitsverhältnis während des Krankenstandes einvernehmlich aufgelöst, muss die Firma seit 1. Juli das Krankenentgelt weiterzahlen. bartekszewczyk.com - stock.adobe.com Anne-Sophie Bost / PhotoAlto / picturedesk.com Die Pläne zur Kürzung der Mindestsicherung werden konkreter. Nun hat die Re- gierung die Eckpunkte dafür im Ministerrat beschlossen: (Fast) niemand kriegt mehr, viele weniger, der Vermö- genszugriff bleibt. D ie Bundesregierung hat im Ministerrat beschlossen, dass sie die Mindestsicherung teilweise radikal beschneiden will. Sie hat die Eckpunkte der untersten sozialen Absi- cherung präsentiert, die unter anderemKürzungen für Kinder um bis zu 80 Prozent bedeuten. Für Alleinstehende gibt es 863 Euro, für Paare 1.208 Euro pro Monat. Ein Drittel aller Fälle der Mindestsicherung betrifft Kinder und Jugendliche. Die- se Zahlungen sinken mit der Zahl der Kinder stark ab – ab dem dritten Kind gibt es nur mehr 43 Euro pro Monat. Für ein Paar mit zwei Kindern be- deutet das mit 1.553 Euro um zumindest 52 Euro weniger im Monat als bisher. Behinderte verlieren Alleinerziehende bekommen in manchen Bundesländern geringfügig mehr, in der Stei- ermark bleibt die Leistung un- gefähr gleich. Verlierer in der Steiermark sind Menschen mit Behinderung, die derzeit nach einem anderen Modell unter- stützt werden, aber künftig ins System der Mindestsicherung fallen. Der Zugriff aufs Vermögen Der Vermögenszugriff bleibt in etwas abgemilderter Form be- stehen. Vor einem Bezug muss Erspartes bis zur Höhe von 5.300 Euro (bisher 4.200 Euro) aufgebraucht werden. Der Zu- griff des Staates auf Wohnung oder Haus passiert erst nach drei Jahren anstatt wie bisher nach sechs Monaten. Kein Abschlusszeugnis Österreicherinnen und Ös- terreicher, die keinen Pflicht- schulabschluss haben, und Das allerunterste soziale Netz, die Mindestsicherung, wird gekürzt. Das wird Kinder und Jugendliche besonders hart treffen. Asylberechtigte, die nicht gut Deutsch oder sehr gut Englisch sprechen, bekommen um 300 Euro pro Monat weniger, also 563 Euro. Alle anderen auslän- dischen Mitbürgerinnen und Mitbürger haben Anspruch auf Mindestsicherung erst nach fünfjährigem Aufenthalt in Österreich. SH
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