03_ZAK April 2019_END_Web

Bindung der Kunden: Service, Karten, Aktionen und Rabatte Leben & Konsum Leben & Konsum Geht es nach den Konsumentinnen und Konsumenten, soll die Kundenkarte Angebote und Schnäppchen bringen, auch Mehrwertsteuer-Aktionen und Geschenke stehen hoch im Kurs. Doch Achtung: Die erhobenen Daten bringen uns wieder einen Schritt näher an den gläsernen Menschen. E inmal gewonnene Kundin- nen und Kunden muss man binden. Daher entwickeln Un- ternehmen aller Branchen und Größen unterschiedlichste Kun- denbindungsprogramme, durch die Schnäppchen angeboten, Rabatte gewährt oder zeitlich be- grenzte Gutschriften lukriert wer- den können. Sichtbares Zeichen dafür sind Kundenkarten, die von den Österreicherinnen und Ös- terreichern, wie eine IMAS Studie 2017 zeigte, vor allem wegen der Kundenkarten machen gläsern Leben & Konsum Seite 4 – 10 Drei von vier Österrei- chern besitzen zumindest eine Kundenkarte, im Durchschnitt verwenden Kartenbesitzerinnen und Kartenbesitzer rund 6,2 Kundenkarten. Ich besitze überhaupt keine Kundenkarte. Ich bin nämlich der festen Überzeugung, dass man sich keine Vorteile erkau- fen kann und für jeden alles gleich viel kosten soll. Das ist seit der Einführung von Kundenkarten leider nicht der Fall. Mojca Lederer, 45, Biologin Ich besitze zehn Kundenkarten, nutze aber nur wenige davon. Oft vergesse ich einfach, diese zum Einkauf mitzunehmen. Daher finde ich es gut, dass sich große Player zusammen- schließen und es insgesamt viel weniger Kundenkarten gibt. Maximilian Pless, 24, Student Man wird quasi dazu gezwun- gen, Kundenkarten zu haben. Denn nur durch sie kommt man in den Genuss guter Angebo- te. Wegen des Datenschutzes habe ich nur wenig Bedenken – denn ansonsten dürfte man auch keine Kreditkarte mehr besitzen. Katrin Müller, 37, Projektleiterin Ich habe rund 15 Kundenkar- ten, denn durch sie kommt man immer wieder an verlo- ckende Angebote. Ich finde es allerdings nicht gut, dass sich große Firmen immer mehr zu- sammentun. Das macht es für die kleinen Geschäfte noch schwieriger. Christian Probst, 58, Architekt Temel | AK Fink | AK (4) 75 Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher nutzen Kunden- karten. Viele Konsumentinnen und Konsumenten glauben, sich so einen Preisvorteil verschaffen zu können. Doch was ist der Standpunkt der Unternehmen? M it der Einführung des neuen „jö-Bonus- Clubs“ ab dem 2. Mai folgt die Rewe Group Österreich einem neuen Trend. Multi- partner-Clubs, bei denen für mehrere Unter- nehmen eine Kundenkarte ausreicht, boomen. „Die Zusammenlegung war einer der größten Kundenwünsche“, betont Rewe-Pressesprecher Roman Vonderhaid. Kundinnen und Kunden sammeln bei jedem Einkauf Punkte, die sie bei den unterschiedlichen Geschäften wie beispielsweise Billa, Merkur oder BIPA einlösen können. Dennoch sollen die bisher beliebten Rabattaktionen nicht wegfallen, sondern in einer vereinfachten Form ermöglicht werden. „Wir wollen den Alltag des Kunden erleichtern, daher war es uns ein Anliegen, eine Kunden- karte mit einer einheitlichen Systematik anzu- bieten“, erklärt Vonderhaid. Win-win-Situation Bei Kastner & Öhler setzt man indes noch auf eine eigene Kundenkarte. „Es ist uns sehr wichtig, Stammkundinnen und Stammkun- den zu binden. Das gelingt mit Kundenkarten einfach ambesten“, erklärt Christian Steinborn, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender. Bei K & Ö unterscheidet man zwischen zwei ver- schiedenen Kundenkarten: der goldenen und der silbernen. Die goldene Karte erhält man ab einem Jahresumsatz von 1.500 Euro und sie ermöglicht Änderungen in der Schneiderei zur Hälfte des vorgesehenen Preises. Zudem erhalten Konsumentinnen und Konsumenten am Ende des Jahres einen Gutschein in Höhe von fünf Prozent des Jahresumsatzes. Bei der silbernen Karte erhalten die Kundinnen und Kunden entweder einen 10-Prozent-Gutschein für K & Ö oder einen Bon in Höhe von zwei Prozent des Jahresumsatzes. „Jede und jeder erhält das individuell beste Angebot. Es ist für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation“, sagt Steinborn. Verzicht Das sieht man bei SPAR etwas anders. Der Le- bensmittelgigant verzichtet seit jeher gänzlich auf Kundenkarten und hat eigenen Angaben zufolge auch nie über eine Einführung dieser nachgedacht. „Es ist eine Fehlmeinung, dass man Kunden mit einer Karte an sich binden kann. Die Leistung für den Kunden muss stimmen. Und das tut sie bei uns“, begründet Unternehmenssprecherin Nicole Berkmann diese Überlegung. Stattdessen setze SPAR auf Aktionspreise, Mengenvorteile oder sonstige Marketing-Aktivitäten für alle Kundinnen und Kunden. „Auf diese Weise profitieren alle Kon- sumentinnen und Konsumenten und nicht nur jene, die beispielsweise eine Kundenkarte ha- ben“, erklärt Berkmann. Dass das Unternehmen in Zukunft ob des Booms einmal nicht mehr auf Kundenkarten verzichten kann, ist nicht auszuschließen. NF www.akstmk.at/konsument Mehr zumThema geldwertenVorteilemillionenfach mit sich herumgetragen werden. Nach Gallup zahlt sich das für Unternehmen aus, da 34 Prozent der befragten Kundenkartenbesit- zerinnen und -besitzer angeben, durch die Kundenkarte vermehrt beim jeweiligen Unternehmen einzukaufen. Alle in einer Karte versammelt Ein neuer Trend geht zu soge- nannten Multipartner-Clubs, wo ein und dieselbe Karte nicht nur für ein Unternehmen bzw. einen Konzern gilt, sondern für mehre- re Unternehmen über mehrere Branchen hinweg ( siehe S. 5 ). Das erspare den Kundinnen und Kun- den laut Rewe, an der Kassa nach der passenden Karte zu suchen, und mache daher das Leben einfacher. Unternehmen wissen alles Also nurVorteile, aber stimmt das? Gibt es auchNachteile?„Aufgrund der Fülle der erhobenen Daten wird der Mensch gläsern“, sagt AK-Marktforscher Josef Kaufmann. Nicht nur Einkaufsgewohnheiten können abgeschätzt und perso- nenbezogenes Marketing effizi- ent darauf abgestimmt werden, sondern es können Rückschlüsse auf die Lebenssituation gezogen werden, was bestenfalls zu unge- ahnten und mitunter auch unge- wollten Angeboten führen kann. „Auch wenn man davon ausgeht, dass sämtliche daten- und kon- sumentenrechtlichen Bestim- mungen peinlichst eingehalten werden, sollte man die Allge- meinen Geschäftsbedingungen hinsichtlich der Datenweitergabe genauestens studieren“, rät Kauf- mann und sagt abschließend: „Dann kann man beurteilen, ob man der Bonuspunkte willen tat- sächlich Informationen über sich selbst preisgeben will.“ JF Unter dem Namen „jö-Bonus-Club“ wird es ab 2. Mai eine gemeinsame Kundenkarte von Rewe (Billa, Bipa, Merkur, Penny, Adeg), OMV, Bawag P.S.K. , Interio, Libro und Pagro Diskont geben. Dieses Programm ist „PAYBACK“ (seit 2018; Tochter von American Express) sehr ähn- lich: Auch hier schließen sich Unternehmen wie DM, Fressnapf, BP, Burger King, Nordsee oder eBay u.v.m. zusammen – Konsumentin- nen und Konsumenten profitieren anschlie- ßend von den gesammelten Punkten. zak info 4 | ZAK ZAK | 5

RkJQdWJsaXNoZXIy NDIxOTE=