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Bildung &Wissen Leseecke D er industrielle Sektor blickt im Raum Leoben-Donawitz auf eine lange und stolzeTradition zurück. Bis in das 8. Jahrhundert nach Christus lässt sich die Ge- schichte der Eisenherstellung hier zurückverfolgen. Gegen Ende des Mittelalters war die Produktion bereits so stark, dass sie 15 Prozent der europäischen Gesamterzeu- gung ausmachte. Mit dem wirt- schaftlichen Aufschwung bildete sich um 1500 auch eine Arbeiter- schicht heraus. Die Arbeiter waren unter schwierigsten Bedingungen tätig und lebten in Armut. Zur Ver- besserung ihrer Situation began- nen sie sich zu organisieren. Die ersten Vorläufer unseres sozialen Systems waren damals die von den Eisen- und Bergbauknappen privat finanzierten Bruderladen. Zeitenwende der Produktion Im 19. Jahrhundert läutete die industrielle Revolution in Dona- witz eine Zeitenwende ein. Durch neue Produktionsfaktoren und den stark gestiegenen Bedarf an Eisen, Stahl und Kohle begann eine gewaltige Expansionswelle. Zählte die Gemeinde Donawitz 1849 knappüber 4.000 Einwohner, so stieg dieser Wert bis 1910 auf 15.649 Personen an. Dieser Boom hing stark mit der 1881 gegrün- deten Österreichischen-Alpine Montangesellschaft (ÖAMG) zu- sammen, deren Hauptwerk die Eisenhütte Donawitz war. Für die Arbeiter von Donawitz wurde die soziale Frage im Laufe der Jahre immer drängender. Gegen die Auswüchse des Industriekapita- lismus waren die Bruderladen als zeit reise ein blick zurück Die aufwendige Eisenherstellung war der Grund, warum sich in Donawitz schon vor 500 Jahren eine Arbeiterschicht entwickelte. Seither ist die Donawitzer Industrie ein Garant für Wohlstand im Herzen Österreichs und Motor der sozia- len Absicherung der Beschäftigten. Die lange Tradition der Donawitzer Industrie www.scherzundschund.at DVD: BlacKkKLansman. Regie: Spike Lee. USA 2018. Der für den Oscar nominierte Film ist von einer wahren Begebenheit inspiriert. Es ist die Geschichte des ersten afroamerikanischen Poli- zisten der amerikanischen Stadt Colorado Springs, Ron Stallworth, dem es in den frühen 1970er Jahren gelingt, per Telefon den rassistischen Geheimbund Ku Klux Klan zu infiltrieren. Bei den konspirativen Treffen der Gruppe, bei denen auch Bombenattentate geplant werden, lässt er sich von einemweißen Kollegen vertreten. So kommt er sogar in Kontakt mit demhöchstenAnführer des Klans, David Duke ... Reiseführer: Eva Stadler – Die 111 schönsten Campingplätze für Familien in Oberitalien. Gräfe und Unzer Verlag 2019. 352 Seiten. Campingplätze gibt es viele. Die schönsten und besten aber ken- nen die kundigen Inspekteure der Automobilclubs. Dieser Camping- Guide stellt 111 sorgfältig geprüf- te Campingplätze in Oberitalien vor, die Familien mit Kindern am meisten zu bieten haben. Von Südtirol über den Gardasee bis an die Adria, von Ligurien bis zur Toskana, zu jedem Campingplatz gibt es nützliche Informationen und vielfältige Freizeittipps zum jeweiligen Urlaubsgebiet. So macht Campenmit Kindern Spaß. lesen sehen hören www.akstmk.at/bibliothek Gräfe und Unzer Verlag Reisebericht: Heidi Hetzer – Ungebremst Leben. Wie ich mit 77 Jahren die Freiheit suchte und einfach losfuhr. Ludwig 2018. 368 Seiten. Kinderbuch: Ben Handicott (Erzähler) und Lucy Letherland (Illustratorin) – Die Wunder der Welt. Komm mit auf eine Entde- ckungsreise zu den großartigs- ten Bauwerken und erstaunlichs- ten Naturwundern der Welt. Kleine Gestalten 2019. 88 Seiten. Ob die Tempelstadt von Angkor Wat in Kambodscha, die Kloster- kirche von Mont-Saint-Michel an der Küste der Normandie, die Osterinsel im Pazifik oder die Verbotene Stadt in Peking: Meisterhaft illustriert, lädt dieses Buch auf eine zauberhafte und lehrreiche Weltreise zu 30 außer- 2014 startet die damals 77-jährige Berliner UnternehmerinHeidi Het- zer, gelernte KFZ-Mechanikerin, allein mit einem Hudson, Baujahr 1930, eine Weltreise, die sie in drei Jahren durch 46 Länder führt. Inspirieren ließ sie sich von der deutschenRennfahrerinClärenore Stinnes, die in den 1920er Jahren als erster Mensch die Welt in einem Serienwagen umrundete. Heidi Hetzer schildert unter der Mitarbeit von Marc Bielefeld ihre Erlebnisse und Begegnungen inklusive aller Hindernisse und Pannen auf dieser Reise über 85.000 Kilometer. gewöhnlichen und einzigartigen Orten auf unserem Planeten ein. Ein wunderbares Bilderbuch zum gemeinsamen Durchblättern. Schutz nicht mehr effektiv genug. So begann die Arbeiterschaft, die Unternehmer und den Staat in die Pflicht zu nehmen. Schrittweise wurde bis 1918 das allgemei- ne freie und gleiche Wahlrecht erkämpft. Streiks zwangen die Großunternehmer der Eisenstra- ße zu Zugeständnissen. Sogar während des Ersten Weltkriegs wurde Arbeitsniederlegung er- folgreich praktiziert. So streikten im Jänner 1918 alle 3.600 Arbeiter der Donawitzer Hüttenwerke und erreichten damit die Rücknahme von Verschlechterungen. Rückschläge und Zwangsarbeit In der Ersten Republikwurden den Arbeitern zunächst die Segnun- gendes neuen Sozialstaates zuteil. Den Chefs der ÖAMG ging die betrieblicheMitbestimmung aller- dings zu weit. Vor allem die starke Gewerkschaft war ihnen zuwider. So trieben sie durch Zwangsmaß- nahmen bis 1930 einen Großteil der Donawitzer Arbeiter in die sogenannte Unabhängige Ge- werkschaft, die faktisch nur die Interessender Arbeitgeber vertrat. Um den Beitritt zu dieser Mario- nettengewerkschaft zu erwirken, wurde mit Entlassungen gedroht oder mit Betriebswohnungen gelockt. Während des Austrofa- schismus verschlechterten sich die Arbeitsbedingungen weiter. Ein Jahr nach dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland wurde die ÖAMG schließlich in die Reichswerke Hermann Gö- ring umbenannt und in einen Rüstungsbetrieb verwandelt. Im Donawitzer Werk schufteten während des Zweiten Weltkriegs auch zahlreiche Zwangsarbeiter. Widerstand gegen dieNS-Diktatur bezahlten viele derMitarbeitermit dem Leben. Blüte der„Verstaatlichten“ Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die Dona- witzer Hüttenwerke wieder in die nun verstaatlichte ÖAMG eingegliedert. 1973 erfolgte die Fusion mit der VOEST. Mit dem Linz-Donawitz-Verfahren war in den 1950er-Jahren eine Revo- lution in der Stahlherstellung erfunden worden, die der Region wirtschaftliche Prosperität und soziale Sicherheit garantierte. Anders als bisher profitierten nun auch die einfachen Arbeiterinnen, Arbeiter und Angestellten dank einer starken Gewerkschaft und eines ausgeprägten Sozialstaates von den Gewinnen des Unter- nehmens. Die Erfolgsgeschichte der verstaatlichten Industrie in Donawitz ging schließlich Mitte der 1980er-Jahre zu Ende. Schritt- weise kam es in der Folge zu Pri- vatisierungen, die den Standort Donawitz zwar retteten, jedoch auch viele Arbeitsplätze kosteten. Aktuell ist die VOEST in einem guten Zustand und sichert auch in der Obersteiermark zahlreiche Arbeitsplätze. Das Werk in Dona- witz spielt dabei traditionell eine wichtige Rolle. MA Die Eisenerzeugung und stolze Arbeiter inDonawitz zur Blütezeit der„Verstaatlichten“ um 1960. Foto-Hruby, Zeltweg (1), Krauss Linz (1) Ludwig Die Gestalten Verlag universalpictures.at 24 | ZAK
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