ZAK_direkt_Gesundheit_09_2019_WEB

6 | ZAK direkt ZAK direkt | 7 Aktuell Pflege im Behindertenbereich D ie Arbeitswelt Kranken- haus hat sich in den Jah- ren stark verändert. Während das Leistungsspektrum massiv ausgebaut wird, stammen die Personalberechnungsgrund- lagen oft noch aus den 90er Jahren. Eine neue Studie der AK Oberösterreich beleuchtet jetzt die Arbeitswelt Kranken- haus. Für die Studie wurden mehr als 200 Interviews geführt, exemplarische Zeitaufzeich- nungen durchgeführt und mit der Pflegepersonal-Regelung verglichen, stichprobenartig Nurse-to-Patient-Ratios berech- net sowie aktuelle Literatur und Forschungbearbeitet. Einige Be- reiche, in denen es aus Sicht der AK Sofortmaßnahmen braucht, wurden dabei identifiziert. Knappe Besetzung Es gibt derzeit kaum Vorgaben, wie Fehlzeiten (z. B. Urlaub) in den Berechnungsmodellen zu Die knappe Personalbesetzung macht den Beschäftigten in den Krankenhäusern zu schaffen. Mitschuld daran haben längst überholte oder gar nicht erst vorhandene Personalberechnungsmodelle, zeigt eine neue Studie der Arbeiterkammer Oberösterreich. AK-Studie: Schwierige Lage für Spitalspersonal D ieDigitalisierung ist ein zen- trales Thema für fast alle Be- reiche des Gesundheitswesens. Vor der digitalenTransformation sollte sich das Gesundheitswe- sen nicht verschließen, denn die Entwicklungen der Digita- lisierung im Healthcare-Bereich sind sehr dynamisch. Mittel- bis langfristig wird künstliche In- telligenz zunehmend diverse Aufgaben imGesundheitswesen übernehmen können. Digitale Technik und Automatisierung können dazu beitragen, Pflege, Administration und Manage- ment zu entlasten und dadurch wertvolle Zeit für Kernprozesse und somit einen Mehrwert für Patientinnen und Patienten zu schaffen. Mehr Effizienz und Qualität Ziel der Digitalisierung ist es, Leistungsprozesse effizienter zu gestalten und die Versorgungs- qualität für Patientinnen und Die Digitalisierung hat bereits auch viele Bereiche des Gesundheitswesens erfasst. Damit digitale Technik aber breite Akzeptanz findet, müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Digitalisierungsprozesse mitein- gebunden werden. Pflegepraxis und Digitalisierung Die Digitalisierung bietet imGesundheits- und Pflegebereich viele Chan- cen – vor allem, wennMitarbeiterinnen undMitarbeiter mitreden dürfen. berücksichtigen sind. Aufgrund knapper Personalbesetzung ist häufiges Einspringen für viele Beschäftigte Normalität. Be- sonderer Bedarf der Beschäftig- ten, wie Schwangerschaft oder Rückkehr nach langer Krankheit, prägen den Spitalsalltag, sind aber in den Modellen nicht berücksichtigt. Nacht- und Wo- chenendarbeit hat für alle Be- rufsgruppen zugenommen. Die Praxis zeigt jedoch, dass gerade diese Zeiten knapper besetzt sind, oft fehlen verbindliche Vorgaben. Teils sind mehr als 50 Prozent der Patientinnen und Patienten dement. Derzeit werden Demenzkonzepte fürs Spital entwickelt, der zeitliche Mehrbedarf wird aber kaum in Modellen und Dienstpostenbe- rechnungen abgebildet. Neue Modelle Der Wunsch vieler Beschäftiger, Führungskräfte sowie Betriebs- räte nach zeitgemäßen, ver- bindlichen und transparenten Berechnungsmodellen für alle Berufsgruppen imKrankenhaus ist groß. Die Arbeiterkammer fordert bis zur Entwicklung neuer Modelle mehr Personal, verteilt auf alle Berufsgruppen. Viele Punkte des Pflegekon- siliums unter Leitung der AK Steiermark aus dem Jahr 2013 wurden bestätigt und gelten immer noch. Es braucht daher eine gemeinsame Aktion zur Neubewertung der Berech- nungsgrundlagen über alle Bundesländer hinweg. HS ooe.arbeiterkammer.at/krankenhaus Studie Das Krankenhauspersonal kämpft oft mit knapper Besetzung. Patienten zu erhöhen. Ob unser Gesundheitswesen als Ganzes davon profitieren wird, hängt davon ab, ob digitale Lösungen zielgerichtet eingesetzt werden und die Akzeptanz aller Beteilig- ten finden. Ganz sicher wird es positive Auswirkungen haben, wenn digitale Lösungen einen Beitrag zur Prävention liefern, wenn sie mit Qualitätsanreizen verbundenwerden, wenn sie In- effizienzen vermeiden oder dem Einzelnen rasch und unkompli- ziert Hilfe anbieten können. Offene Kommunikation Ein Problem ist, dass zwischen digitaler Technik und Digitali- sierung in der Praxis nicht unter- schieden wird. Digitale Technik verändert Arbeitsprozesse und stellt daher neue Anforderun- gen ans Pflegemanagement. Es ist aber entscheidend, dass die digitale Technik auch aus der Sicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Erfolgs- ,und nicht zum zusätzlichen Stressfaktor wird. Deshalb müs- sen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Aneignung von digitalerTechnik unterstützt und in einem partizipativen Prozess miteinbezogenwerden, um die arbeitsorientierte Per- spektive zur Nutzung digitaler Technik einfließen zu lassen. Eine transparente und offene Kommunikation sowie mehre- re Feedbackschleifen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbei- tern werden hier zu wichtigen Erfolgsfaktoren im Rahmen der Digitalisierung, denndie digitale Technik wird von den Mitarbei- terInnen durchaus als hilfreiches Mittel zur Unterstützung und Aufwertung des eigenen Beru- fes gesehen. Damit der Einsatz digitaler Technik tatsächlich zu einer Erfolgsgeschichte im Ge- sundheitswesen wird, braucht es daher noch ein verbessertes Zusammenspiel von Personal und Innovationsgeist. GastbeitragvonWaltraudHaas- Wippel, MA, Pflegedienstleite- rin GGZ, Akad. Gerontologin und Lektorin der Med Uni Graz I m Behindertenbereich stellt sich für Beschäftigte oft die Frage, ob pflegerische Tätigkei- ten verrichtet werden dürfen. Handlungen, die pflegerisches Fachwissen erfordern, sind nur von qualifizierten Pflegeperso- nen zu erbringen (Vorbehalts- Anders als in anderen Settings dürfen im Behindertenbe- reich Pflegetätigkeiten auch von Personen mit UBV-Aus- bildung erbracht werden. Das kann einzelne überfordern. tätigkeit). Wird kein Fachwissen benötigt, dürfen unter engen Rahmenbedingungen Personen mit dem Ausbildungsmodul „Unterstützung bei der Basisver- sorgung“ (UBV) pflegerisch tätig werden. „Unterstützen“ bedeu- tet aber eben nicht „durchfüh- ren“, deshalb musste bislang für die Pflege immer eine Pflegeper- son vor Ort sein. Neue Regelung Im Jahr 2016 wurden die UBV- Tätigkeiten für den Behinder- tenbereich neu geregelt. Seither dürfen Personen mit UBV in manchen Fällen pflegerische Unterstützungstätigkeiten„voll- ständig“ durchführen. Anstelle der Pflegeassistenz leisten nun z. B. Pädagoginnen und Päda- gogen oder Heimhilfenmit UBV pflegerische Unterstützungstä- tigkeiten. Da eine Ausbildung dahingehend fehlt, kann dies einzelne auch überfordern. Gesetz ausgehebelt Diese Entwicklung hebelt auch das Gesundheits- und Kranken- pflegegesetz für den Behinder- Schwerarbeit in Pflegeberufen D as Thema Schwerar- beitspension ist auch im Bereich der Pflege sehr rele- vant. Als Schwerarbeit gemäß der Schwerarbeitsverordnung zählen im Zusammenhang mit Gesundheitsberufen vor allem Schicht- oder Wechseldiens- te auch während der Nacht, schwere körperliche Arbeit und Tätigkeiten zur berufsbe- dingten Pflege von erkrankten oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs- und Pflegebedarf. Um Schwer- arbeitsmonate aufgrund von Nachtarbeit zu erreichen, ist es notwendig, dass innerhalb eines Monats in mindestens sechs Nächten sechs Stunden in einem Schicht- und Wechsel- dienstsystem geleistet werden. Für Personen, die nur Nacht- dienst und keinen Schicht- und Wechseldienst haben, ist die Regelung derzeit noch nicht an- wendbar. Mehr FH-Plätze für Hebammen I n der Steiermark herrscht Hebammen-Mangel. Derzeit gibt es an der FH Joanneum alle zwei Jahre einen Studiengang mit 20 Ausbildungsplätzen, der drei Jahre dauert. Das sei zu wenig, bemängeln Kritiker – sie verweisen auf die steigende Zahl der Geburten im privaten Bereich. Dabei wäre das Interes- se an der Ausbildung groß, wie Zahlen des Landes Steiermark zeigen: Seit dem Jahr 2006 gab es 2.749 Bewerbungen für den FH-Studiengang. Aufgenom- men wurden aber nur 148 Per- sonen, von denen bisher 100 die Ausbildung abgeschlossen haben. Das Land reagiert nun und will den Studiengang jähr- lich anbieten. Ab 2020 sollen jedes Jahr 20 Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen. direkt in kürze tenbereich aus. Pflegerische Tätigkeiten, die in anderen Set- tings von der Pflegeassistenz durchzuführen sind, könnenhier von UBV-Absolventinnen und -Absolventen erbracht werden. In einem Fall musste beispiels- weise eine Fachsozialbetreuerin (BB) einen Stomabeutelwechsel durchführen. Höhere Anforderungen Ob die eingesparte Fachpflege die Pflegequalität mindert, da- rüber darf gemutmaßt werden. Jedenfalls erhöht sie die pflege- AG rischen Anforderungen an Mit- arbeiterinnen und Mitarbeiter mit UBV. Mit der Neuregelung wurde auch der eingeschla- gene Weg, die Fachpflege im Behindertenwesen auszubauen, deutlich konterkariert. Ob dies insgesamt ein Schritt in die rich- tige Richtungwar? Schreiben Sie uns an gpb@akstmk.at. Im Behinder- tenbereich dürfen auch Beschäftigte mit UBV- Ausbildung pflegerisch tätig sein. Aktuell ©Alexander Raths - stock.adobe.com ©gzorgz - stock.adobe.com ©pikselstock - stock.adobe.com

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