ZAK_01_2020_WEB

Beruf & Recht Mehr als 46.000 Euro hat die Arbeiter- kammer Steiermark für eine Arbeitneh- merin erstritten, die von ihrem Dienstge- ber ungerechtfertigt entlassen worden war. S eit 23 Jahren war die Frau als Pflegeassistentin in einem Heim für Menschen mit schweren geistigen Behinderungen beschäftigt. Doch Anfang 2019 wurde sie von ihrem Dienstgeber entlassen. Der Anlass waren Vorwürfe einer Kollegin: Diese hatte behauptet, die Pflegeassistentin habe sich zwei Heimbewohnern gegenüber aggressiv und nicht den hausinternen Richtlinien entsprechend verhalten. Obwohl die Pflegeassistentin die Vorwürfe bestritt und auch keine Misshandlung bzw. Verletzung der Heimbewohner nachzuweisen war, wurde die Frau entlassen. Klage auf Abfertigung Die Betroffene wandte sich in der Folge an die Ar- beiterkammer. Da die Frau angesichts der Umstände ihrer Entlassung nicht an ihren alten Arbeitsplatz zurückkehren wollte, setzte sich die AK vor Gericht für eine Kündigungsentschädigung und die Aus- zahlung einer Abfertigung ein.„Da hier die Angaben der Klägerin und die Angaben einer Arbeitskollegin gegenüberstanden, konnte nur gerichtlich geklärt werden, ob die Entlassung gerechtfertigt war“, sagt AK-Expertin Martina Schöngrundner. Berufung nicht Folge gegeben Letztlich schenkte das Gericht den Aussagen der entlassenen Frau Glauben. Die – teilweise wider- sprüchlichen – Angaben der Arbeitskollegin, die zur Entlassung geführt hatten, wurden dagegen vom Gericht als nicht glaubhaft beurteilt. Die Entlassene bekam mehr als 46.000 Euro zugesprochen. Der Dienstgeber berief gegen das Urteil, dieser Berufung wurde jedoch vomOberlandesgericht Graz nicht Fol- ge gegeben. Die Frau hat das ihr laut Gerichtsurteil zustehende Geld bereits erhalten. AK erkämpfte 46.000 Euro für entlassene Pflegerin Beruf & Recht Bezahlt wurde die Grazerin laut dem Kollektivvertrag des Taxi- und Mietwagengewerbes, es hätte aber der KV des Roten Kreuzes zur Anwendung kommen müs- sen. Ein monatlicher Unterschied von durchschnittlich etwa 430 Euro. E ine 45-jährige Steirerinwar 6,5 Monate als Rettungssanitäte- rinbzw. Sanitätsfahrerinbei einem gemeinnützigen Krankentrans- port-Unternehmen beschäftigt. Dieseswar breit aufgestellt: Neben Rettungstransportenwar es unter anderem auch zuständig für die Organisation und Durchführung von Gesundheits- und Sozial- diensten wie Hauskrankenpflege oder Altenbetreuung sowie Kin- der- oder Jugendfürsorge. Die Grazerin war überwiegend als Fahrerin tätig, brachte und holte vermehrt Dialysepatien- ten oder Patientinnen, die zur Strahlentherapie mussten. Die Fahrzeugewaren ausgestattet wie Rettungswägen. Die Frau selbst Rettungsfahrerin fuhr unter falschem KV Ausstehende Provisionen, nicht bezahltes Entgelt und offene Urlaubstage summierten sich bei einem Grazer Angestellten. Die AK klagte die Immobili- envermittlung und verhalf demMakler zu seinem Geld. G ut zweieinhalb Jahre arbei- tete ein 55-jähriger Grazer als Makler bei einer Immobilien- vermittlung, als er gekündigt und gleichzeitig dienstfrei gestellt wurde. „Nach seiner Kündigung kamer zu uns, da aus den Gehalts- abrechnungen nicht ersichtlich war, für welche Geschäfte Provisi- onen abgerechnet wordenwaren“, schildert AK-Jurist Michael Kohler. 30.000 Euro für Angestellten Vereinbart war ein Fixum von rund 700 Euro brutto pro Monat und Provisionen von 30 bzw. 40 Prozent. Provisionen, Entgelt, Urlaub Der Arbeitsrechtler klagte das Unternehmen zunächst auf Rech- nungslegung und darauf aufbau- end auf restliche Provisionen, Ent- geltfortzahlung für den Zeitraum der Dienstfreistellung während der Kündigungsfrist und Urlaubs- ersatzleistung im Ausmaß von etwa 30 Arbeitstagen. „Wir forderten knapp 54.000 Euro“, so Kohler. Schlussendlich bestä- tigte nach einer Berufung der Immobilienvermittlung auch die zweite Instanz das Urteil und dem Grazer wurden etwa 30.000 Euro zugesprochen. Krank arbeiten – Ursache undWarn- signal für Burnout ak tipp AK-Expertin Margit Schuß erklärt: Das Gefühl, ausgebrannt zu sein, bzw. der völligen Erschöpfung wird in der Belegschaft und im Betrieb selten als triftiger Grund gesehen, nicht zur Ar- beit zu gehen. Hier spricht man von Präsentismus: Aus Angst vor Jobverlust oder davor, Kol- leginnen und Kollegen imStich zu lassen, gehen Menschen arbeiten, die bereits unter Krankheitssymptomen leiden – was wiederumzur Verstärkung der Symptomatik führen kann. Unternehmenskultur der Achtsamkeit Entscheidend sind innerbe- triebliche Präventionsmaßnah- men, mit denen Unternehmen die Überforderung ihrer Be- schäftigten reduzieren können. Es benötigt z. B. eine Unterneh- menskultur der Achtsamkeit, klare Vertretungsregelungen, vorbildhaftes Führungsverhal- ten und Arbeitsbedingungen, die nicht krank machen. Der Aufbau einer betrieblichen Ge- sundheitsförderung ist eben- falls eine wichtige Maßnahme. AK-Beratung an KF und TU Graz E inmal im Monat können sich Studierende am Arbeitsreferat der ÖH der KF Uni Graz (Harrach- gasse 21, 8010 Graz) und an der HTU/Alte Technik (Rechbauer- straße 12, 8010 Graz) in arbeits- rechtlichen Fragen beraten las- sen. In dieser Kooperation steht AK-Jurist Thorsten Bauer jeden ersten Donnerstag im Monat jeweils von 11 bis 12 Uhr an der ÖH und jeden ersten Mittwoch von 10 bis 11 Uhr an der HTU zur Verfügung. Eine Voranmeldung ist nicht nötig. Der Arbeitsrechtler prüft unter anderem Arbeitszeit- aufzeichnungen oder Dienstver- träge und geht gerne auf kompli- zierte Fragestellungen ein. zak in kürze verfügt über eine Ausbildung zur Rettungssanitäterin. Entlohnt wurde die 45-Jährige aber nach dem Kollektivvertrag für das Taxi- und Mietwagengewerbe, da das Unternehmen hierfür die Gewer- beberechtigung besaß. 5.300 Euro zugesprochen In der AK Steiermark wurde die Frau informiert, dass sie eigentlich nach dem Kollektiv des Österrei- chischen Roten Kreuzes (ÖRK) entlohnt werden müsste. Inter- ventionen halfen nichts, schließ- lich kam es zu einer Klage und das Gericht gab der AK recht: Der Kollektivvertrag des ÖRK ist für Rettungs- und Krankentransporte anzuwenden. Unter anderemhieß es in der Begründung, dass es kein Mietwagengewerbe sein kann, da es sich nicht nur um die Bereit- stellung eines Lenkers und eines Kraftfahrzeuges handelt, sondern eben um Krankentransporte, bei welchen Rettungssanitäter die Patienten übernehmen, transpor- tieren, aber auch lebensrettende Sofortmaßnahmen durchführen. Die Fahrerin erhielt rund 5.300 Euro zugesprochen, die sichneben den Ansprüchen an Lohn, Über- stunden und Erschwerniszulagen auch aus den Differenzen bei den Sonderzahlungen, Kündigungs- entschädigung und Urlaubser- satzleistung zusammensetzten. JF www.akstmk.at/studium Alle Termine Geld für Urlaub bei Jobende D er Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass ein offener Urlaubsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhält- nisses immer ausbezahlt wer- den muss und nicht verfallen kann. Nach heimischem Recht verlieren Beschäftigte bei einem unbegründeten Austritt den Anspruch auf Auszahlung des of- fenen Urlaubsanspruchs. Das ist laut Europäischem Gerichtshof nicht zulässig. Es darf mit Span- nung darauf gewartet werden, ob der österreichische Gesetzge- ber nun aktiv wird und die heimi- schen Gesetze ändert oder – wie bisher bei zahlreichen Urteilen des EuGH – die Arbeit den Gerich- ten überlässt. Eine Pflegerin, die laut Gericht zu Unrecht entlassen wurde, erhielt dank Hilfe durch die AK 46.000 Euro. www.akstmk.at/arbeitsrecht Infos aus der Arbeitswelt JF DW Graf-Putz | AK ©Robert Kneschke - stock.adobe.com Die Provisionen eines Angestellten eines Immobilienbüros waren strittig. ©Robert Kneschke - stock.adobe.com 10 | ZAK ZAK | 11

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