ZAK_01_2020_WEB
Mit ersten kleinen Maßnahmen reagiert die Regierung auf die politische Großbaustelle Pflege. Die AK macht Druck für ein ganzheitliches Konzept. M ehr alteMenschen –weniger Pflegekräfte – keine gesi- cherte Finanzierung: Das sind die Schlagworte zur Großbaustelle Pflege, die von der Regierung mit ersten Maßnahmen in Angriff ge- nommen wird. Angekündigt wur- de für den Herbst eine schulische Pflegeausbildung mit Matura, mehr Unterstützung pflegender Angehöriger und eine Qualitäts- sicherung der 24-Stunden-Betreu- ung. Die beruflichen Belastungen für die Pflegekräfte sollen redu- ziert werden, der Berufsstand als Ganzes mehr Wertschätzung Erste Maßnahmen auf der Großbaustelle Pflege ak tipp Beruf & Recht Beruf & Recht Was ist bei Pflege- karenz bzw. Pflege- teilzeit zu beachten? ak tipp Gute Pflege für alle: Als ein erster Schritt wird nun – wie die AK seit Jahren fordert – jährlich das Pflegegeld erhöht. DasPflegegeld wird nun jährlich erhöht Jährlich muss seit heuer das Pflegegeld erhöht werden. Für 2020 gibt es 1,8 Prozent mehr. D ie jahrelang von der Arbei- terkammer geforderte Er- höhung des Pflegegeldes ist seit heuer Realität: Jährlich muss das Pflegegeld in allen sieben Stufen angepasst werden, dieses Jahr um 1,8 Prozent. Die Erhöhung des Pflegegeldes ist ein erster wichtiger Schritt, um die Herausforderungen der Pflege besser bewältigen zu können. Das Pflegegeld beträgt nunmonatlich zwischen 160,10 Euro (Stufe 1) und 1.719,30 Euro (Stufe 7). Die Er- höhung beträgt zwischen knapp drei und 30 Euro. AK-Mitglieder können sich zu allen Fragen rund um die Pflege und die Einstufung des Pflegegeldes beraten lassen. Eine Gebühr für das Einschlichten der Medikamente in die Wochentage-Schach- teln der Pflegebedürf- tigen in den Heimen ist verboten. Für das Befüllen der Medikamentenschachteln verlan- gen manche Pflegeheime neuerdings eine Gebühr – zu Unrecht. Diese Tätigkeit gehört zu den grundlegenden Pflegeleistungen, versichert die AK. I st eine Gebühr für das Befüllen des Medikamentendispensers im Pflegeheim ihrer Mutter zu- lässig, fragte die Tochter besorgt bei der Arbeiterkammer an. „Die Antwort ist ein eindeutiges Nein, das gehört zu den grundlegenden Pflegeleistungen und ist im Ent- gelt inkludiert“, weiß AK-Expertin Anika Tauschmann, die auch von anderer Seite von dieser Praxis gehört hat. Gebühr für die Pillendose Die AK fördert Ausbildungen für Sozial- und Gesundheitsberufe. A ndrea S. hat die AK-Ausbildungsförderung für Gesundheits- und Sozialberufe sehr geholfen: „Mit dem Geld konnte ich einen großen Teil meiner Semestergebühr bezahlen.“ Dazu sei die Abwicklung der Förderung unkompliziert gewesen und das Geld rasch überwiesen worden. Antrag bis 31. März Jährlich nutzen hunderte Schülerinnen und Schüler, die Vollzeit oder berufsbegleitend eine Ausbildung in einem Gesundheits- oder Sozialberuf absolvieren oder an Uni und FH studieren, diese AK-Förderung. Sie beträgt pro Studienjahr 250 Euro. Anträge für das laufende Jahr müssen bis 31. März gestellt werden. SH Förderung der Sozialberufe Gesetzlich vorgeschrieben „Die Pflegeleistungen in Heimen sind in einer Verordnung zumstei- rischen Sozialhilfegesetz geregelt, das sich auf das Bundespflege- geldgesetz bezieht. Und das sieht das Einschachteln von Medika- menten vor.“ Tauschmann sagt, der Hintergrund der verbotenen Gebühr sei der Personalmangel. Das Befüllen der Wochentage- Schachteln mit ihrer Einteilung auf Früh, Mittag, Abend undNacht sei zeitaufwendig und deshalb bei einigen Heimen an Firmen außer Haus vergeben. Diese Kosten sollen über die Gebühr unerlaub- terweise wieder hereinkommen. Laut der AK-Expertin geht es um überschaubare Beträge, aber „vielfach ist das Taschengeld der Pflegebedürftigen so gering, dass selbst kleine Beträge schmerzen.“ Das mindestens zugestandene Taschengeld beträgt gerade 135 Euro im Monat. Damit müssen Friseur, Fußpflege, Kleidung, Hy- gieneartikel und mehr bezahlt werden. SH www.akstmk.at/gesundheit Förderrichtlinien & Anträge AK-Experte Stefan Hinteregger antwortet: Seit 1. Jänner gibt es einen Rechtsanspruch auf Pflegeka- renz und Pflegeteilzeit. Voraus- setzung ist, dass das Unterneh- menmehr als fünf Beschäftigte hat und das Arbeitsverhältnis bereits drei Monate andauert. Der zu pflegende nahe Ange- hörigemuss Pflegegeld ab Stu- fe 3 bzw. Minderjährige oder Demenzerkrankte ab Stufe 1 beziehen. Ein gemeinsamer Haushalt ist nicht nötig. Zwei Wochen bis drei Monate Für die Pflege oder Betreu- ung eines nahen Angehörigen kann nunmehr einseitig eine Pflegekarenz/-teilzeit bis ma- ximal zwei Wochen angetreten werden. Mit einer schriftlichen Vereinbarung mit dem Arbeit- geber können bis zu drei Mo- nate in Anspruch genommen werden. Kommt eine derartige Vereinbarung nicht zustande, so ist eineVerlängerung für ma- ximal zwei weitere Wochen mög- lich.Wenn Pflegeteilzeit verein- bart wird, darf diewöchentliche Normalarbeitszeit zehn Stun- den nicht unterschreiten. AK-Experte Alexander Gratzer antwortet: Bestimmte Krankheiten wie Demenz oder ein Unfall kön- nen zum Verlust der persönli- chen Entscheidungsfähigkeit führen. Wer entscheidet dann für mich über meine Angele- genheiten? Eine rechtzeitig erteilte Vorsorgevollmacht gewährleistet, dass man im Fall der persönlichen Entschei- dungsunfähigkeit nur von jener Person oder jenen Per- sonen vertretenwird, dieman zuvor selbst ausgewählt hat. Vollmacht kann widerrufen werden Der Umfang der Vorsorge- vollmacht kann festgelegt werden. Möglich ist etwa eine Vorsorgevollmacht für die Vertretung vor Behörden, für einzelne Rechtsgeschäfte wie einen Immobilienverkauf bis hin zu gewünschten medizi- nischen Behandlungen. Erst wenn die Entscheidungsun- fähigkeit ärztlich bestätigt ist, erlangt dieVorsorgevollmacht ihre Gültigkeit. Bis dahin kann sie widerrufen werden. bekommen, sagte der neue Sozi- alminister Rudolf Anschober. Gute Pflege für alle Die Arbeiterkammer steht mit ihrem Beratungs- und Servicean- gebot mitten imVersorgungsdrei- eck zwischen Pflegebedürftigen, deren Angehörigen und der pro- fessionellen Pflege. Oberstes Ziel für die Arbeiterkammer ist, dass alle Menschen in Österreich ohne finanzielle Barrieren Zugang zu qualitätsvoller Pflege haben.„Das schließt guteArbeitsbedingungen für die Beschäftigten mit ein“, betont AK-Präsident Josef Pesserl. Notwendig ist eine nachhaltige und solidarische Finanzierung der Pflege. Personalnot bestätigt Bei den Beschäftigten in den Pflege- und Gesundheitsberufen herrscht akuter Personalnotstand – die Beschäftigten leiden unter hohen Belastungen. Das zeigt die Arbeiterkammer seit Jahren auf und warnt vor den negati- ven Folgen. Die neue offizielle Studie „Pflegepersonal-Bedarfs- prognose“, die von der Regierung vorgestellt wurde, bestätigt den enormen Handlungsbedarf: Bis 2030 braucht es 75.000 neue qualifizierte Pflegekräfte. SH (c) Kzenon - stock.adobe.com ©Alexander Raths - stock.adobe.com SH Was ist eine Vorsorgevoll- macht? 12 | ZAK ZAK | 13
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