ZAK_01_2020_WEB
ak tipp Beruf & Recht Beruf & Recht Karenz ist Elternsache. Zumindest theoretisch, denn nur 3 Prozent der Väter in Partnerschaft gehen mehr als 3 Monate in Karenz. Oft, weil ihr Arbeitgeber wenig Verständnis dafür zeigt. Jene Väter aber, die länger Babypause machen, sind ihren Partnerinnen eine Riesenhilfe: Kein anderer Faktor fördert so sehr deren frühenWiedereinstieg. M it einer Väterkarenz kön- nen Männer ihren Frauen nach der Babypause indirekt zu einem leichteren Wiedereinstieg in den Beruf verhelfen. Wichtig ist allerdings, dass die Väterka- renz mindestens drei bis sechs Monate dauert. Denn eine Väter- beteiligung unter drei Monaten ist sogar hinderlich für die Job- Rückkehr der Frauen. „Nur ein bisserl Väterkarenz bringt‘s nicht“, sagt Bernadette Pöcheim, Leiterin der AK-Abteilung Frauen und Gleichstellung. Die Ergebnisse des Wiedereinstiegsmonitorings zeigen ganz klar, dass längere Väterkarenzen mit Abstand den größten Einfluss auf eine positive Job-Wiederkehr der Frauen zum zweiten Geburtstag des Kindes haben. Geht der Vater mehr als sechs Monate in Karenz, ist die Chance auf einen Wiedereinstieg rund zweieinhalb Mal größer als im Durchschnitt. Eine Väterbetei- ligung von drei bis sechsMonaten wirkt sichmit einer um20 Prozent höherenChance auf einenWieder- einstieg der Partnerin aus. Minderheitenprogramm Leider handle es sich bei diesen Modellen jedoch um„Minderhei- tenprogramme“, so die Expertin. Denn nur knapp ein Prozent aller Paare weisen eine Väterbeteili- gung vonmehr als sechsMonaten auf. Bei einer Beteiligung zwischen drei und sechs Monaten sind es ebenfalls nur rund zwei Prozent. Der überwiegende Teil der Väter geht allerdings – wenn über- haupt – weniger als drei Monate in Karenz. Und bei diesemModell ergab die AK-Erhebung sogar ei- nenNachteil für die Frauen bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz. Als Begründung vermutet Pöcheim, dass es bei dieser kurzen Karenz nur um das Abholen des Geldbe- trags gehe, „aber sonst lebt man das Ernährermodell“. Bessere Chancen durch Bildung Weitere Faktoren, die den Wie- dereinstieg von Frauen in ihren Längere Väterkarenz ist Eine Kündigung während der Schwangerschaft ist rechts- widrig, leider passiert das aber immer wieder. Die psychi- sche Belastung, die das für manche Frauen bedeutet, kann verheerende Auswirkungen haben. W ie sich der Umgang so man- cher Dienstgeberinnen und Dienstgeber auf diePsyche vonBe- schäftigten auswirken kann, muss- te eine Grazerin sehr schmerzlich erfahren. Nachdemsie ihrer Chefin ihre Schwangerschaft mitgeteilt hatte, wurde sie gekündigt. Aber nicht nur das, ihre Vorgesetzte, eine Ärztin, meldete sie auch gleich bei der GKK wegen Dienst- nehmerkündigung (!) ab. Dadurch hätte die Frau ein Monat auf das Arbeitslosengeld warten müssen. Sofort bei AK melden „Eine Kündigung während der Schwangerschaft ist rechtsun- wirksam. Wir haben interveniert und die Abmeldung wurde in ein aufrechtes Dienstverhältnis geän- dert“, erklärt Bernadette Pöcheim, Leiterin der AK-Abteilung Frauen und Gleichstellung. „Wichtig ist, sobald es zu einer Auflösung des Dienstverhältnisses in Zusammen- hang mit einer Schwangerschaft kommt, dass sich die Betroffenen bei unsmelden. Ambesten amsel- benTagnochKontakt aufnehmen.“ Psychische Belastung Da das Dienstverhältnis zwischen der 25-Jährigen und der Ärztin aber nachhaltiggestörtwar, wurde es schließlich einvernehmlich auf- gelöst.„Leider belasteten die Stra- pazen die junge Frau psychisch sehr und sie erlitt eine Fehlgeburt“, bedauert Pöcheim. Fehlgeburt nach Konflikt mit Chefin Eine fehlende Mitversicherung führte zu einer schlussendlich ungerechtfertigten Rechnung. Zwei Anrufe genügten aber und einer Grazerin blieben die Behandlungskosten nach einem Unfall erspart. H ilfesuchend wandte sich ein Grazer an die AK – und SozialversicherungsexperteWolfgang Brun- ner konnte helfen. Die Frau des 46-Jährigen hatte vor einiger Zeit einen Unfall erlitten und wurde mit der Rettung ins Unfallkrankenhaus eingeliefert. Danach erhielten die beiden eine Rechnung von über 500 Euro für Behandlungskosten. Mitversicherung beantragt Auf Nachfrage Brunners bei der AUVA, warum diese Behandlungskosten zu zahlen seien, stellte sich heraus, dass die Verunfallte (43) keinen Krankenver- sicherungsschutz hatte und somit für die Behand- lungskosten aufkommen muss. Nach einem kurzen Telefonat des AK-Experten mit der GKK und dem Hinweis, ob eineMitversicherungmit demEhemann AK ersparte Frau 500 Euro Beruf erleichtern, sind höhere Bildung, eine bessere Erwerbsin- tegration vor der Geburt, kürzere Kinderbetreuungsgeldmodelle und ein gutes Angebot an Kin- derbetreuungsplätzen. Ein Baby ist der häufigste Grund für eine Job-Unterbrechung, was auch gravierend zur klaffenden Einkom- mensschere zwischen Frauen und Männern beiträgt. Unternehmen gefordert „Männer müssen mehr einge- bunden werden“, so Pöcheim. Ihrer Ansicht nach sei in vielerlei Hinsicht ein Umdenken notwen- dig. Einerseits dürften Männer, die länger in Karenz gehen, nicht mehr als Hausmänner belächelt werden. Andererseits müssten in UnternehmenbessereMöglichkei- ten für Väterkarenzen geschaffen werden. „Die Arbeitswelt muss insgesamt familienfreundlicher werden“, fordert Pöcheim: „Wenn Väter in Karenz oder Teilzeit gehen wollen, darf das beruflich keine Nachteile haben.“ Neben einer eigenständigen Geldleistung für den Papamonat verlangt die AK auch eine Erhöhung des Partner- schaftsbonus von 500 auf 1.000 Euro, um mit einem solchen „Zu- ckerl“ einen Anreiz für eine Karenz von Vätern zu schaffen. Außerdem fordert die AK eine Teilnahme Österreichs an der EU-Zeitverwendungsstudie, um aktuelle Daten zu bezahlter und unbezahlter Arbeit von Frauen und Männern zu generieren. Die letzten Daten seien mehr als zehn Jahre alt, kritisiert Pöcheim: „Mit alten Zahlen ist schlecht moderne Politik zu machen.“ Turbo für Jobrückkehr der Mütter www.akstmk.at/frauen Download des Monitorings 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 215 207 206 182 137 97 92 71 63 Unterbrechungsdauer bei Männern dramatisch gesunken (Median der Unterbrechungsdauer in Tagen*) ©Wiedereinstiegsmonitoring 2019 ©Wiedereinstiegsmonitoring 2019 Väterbeteiligung: Noch viel Luft nach oben (Paare mit Geburten 2014*) 80% 10% 2% 1% 7% Partner unterbricht und bezieht KBG bis 3 Monate Partner unterbricht und bezieht KBG bis 6 Monate Partner unterbricht und bezieht KBG mehr als 6 Monate Partner bezieht KBG, aber ohne Unterbrechung Alleiniger KBG-Bezug durch die Mutter zumUnfallzeitpunkt geprüft werden kann, wurde der rückwirkende Versicherungsschutz gewährt. Beim abschließenden Telefonat mit der AUVA wurde nach Übermittlung der Daten durch die GKK mitgeteilt, dass die Behandlung nun unter Versicherungsschutz steht und die rund 500 Euro nicht mehr zu zahlen sind. Brunner:„Es freut mich, wennman ganz einfach mit zwei Telefonaten helfen kann.“ Mit zwei kurzenTelefonaten konnte der AK-Experte einer verunfallten Grazerin zu ihrem Recht verhelfen. Eine junge Frauwurde von ihrer Chefin, einer Ärztin, nach Bekanntgabe ihrer Schwangerschaft gekündigt. Der nachfolgende Stress war zu viel für sie. ©Yakobchuk Olena - stock.adobe.com JF JF JF AK-Expertin Bernadette Pöch- eim antwortet: Es gibt zwei Varianten des Kin- derbetreuungsgeldes (KBG): Das einkommensabhängi- ge und das KBG-Konto. Das einkommensabhängige KBG wird maximal bis zum 14. Lebensmonat des Kindes in einer Höhe von 80 Prozent des Nettoeinkommens, maximal jedoch 2.000 Euro pro Monat, ausgezahlt. Das KBG-Konto ist mit einem Gesamtbetrag von etwa 15.500 Euro für beide Elternteile ausgestattet. Ausführliche Beratung in Anspruch nehmen Ab einem monatlichen Ein- kommen von 1.400 Euro brut- to „rechnet“ sich der Höhe nach das einkommensabhän- gige KBG. Aber: Zuverdienst- grenze, Versicherungsschutz, Mehrlingsgeburten oder Wo- chengeld für einweiteres Kind können die Wahl des KBG- Kontos sinnvoller machen. Es ist ratsam, eine kostenlose ausführliche Beratung in der AK-Frauenabteilung in An- spruch zu nehmen. ©WavebreakmediaMicro - stock.adobe.com Welches Kinderbe- treuungsgeld soll ich wählen? 14 | ZAK ZAK | 15
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