ZAK_02_2020_WEB_neu

Beruf & Recht Wer ist der Chef? Als AK-Juristen für einen Paketzusteller das ausstehende Entgelt einforderten, wollte in dem Be- trieb niemand der Dienstgeber gewesen sein. D er Paketzusteller hatte sich sechs Monate lang hinhalten und sich mit insgesamt 900 Euro abspeisen lassen, ehe er bei der Arbeiterkammer Hilfe suchte. „Wir haben für den Mann beim Arbeitsgericht rund 13.000 Euro Eineinhalb Jahre war ein LKW-Fahrer für ein Transportun- ternehmen auch nachts unterwegs. Ausgezahlt hat sich das erst, als die AK die ihm zustehenden Überstunden samt Zuschläge geltend machte. M it dem Auszahlen der Über- stunden nahm es eine stei- rische Kühltransporte-Firma nicht so genau: Rund eineinhalb Jahre war ein Lkw-Fahrer in dem Un- ternehmen beschäftigt, bevor er kündigte. Stets arbeitete er Keine Überstunden ausbezahlt: 9.000 Euro für Lkw-Fahrer auch zwischen 22 und 5 Uhr und erbrachte Überstunden. „Hierfür sieht der Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbeeinen Zuschlag von 100 Prozent vor“, erklärt AK-Experte Bernd Reisner. Der Zuschlag und die Überstun- den wurden nie bezahlt. Auch für den letzten Arbeitsmonat bekam der 34-Jährige kein Entgelt. Arbeitszeit dokumentieren Die Forderungen aus den nicht bezahlten Überstunden und den Entgelten für einen Monat belie- fen sich auf knapp 10.500 Euro. Reisner: „Vor Gericht erzielten wir einen Vergleich. Dem Arbeit- nehmer wurden rund 9.000 Euro Beruf & Recht ak tipp AK-Expertin Susanne Feirer antwortet: Die ersten vier Jahre nach der Geburt eines Kindeswerden in der Pensionsversicherungmit einer Bemessungsgrundlage von 1.922,59 Euro monatlich bewertet. Wird innerhalb die- ser Phase ein weiteres Kind geboren, dann stoppt die Anrechnung für das erste Kind und die 48-Monate-Frist be- ginnt aufs Neue zu laufen. Für Mehrlingsgeburtenwerden60 Monate angerechnet. Arbeiten während der Kindererziehungszeiten Wird während der Kinderer- ziehungszeiten bereits wieder über der Geringfügigkeits- grenze gearbeitet, so wird dieses Einkommen zusätzlich berücksichtigt. Denn jener Betrag, der den Frauen auf ihr Pensionskonto gutgeschrie- benwird, steht ihnen in jedem Fall zu. Pensionsbeiträge, die aus ihrer aktuellen Berufstä- tigkeit entstehen, werden zu diesem dazugerechnet. Die Beitragsmonate zählen aller- dings nicht doppelt. Nachdem eine Verkäuferin ihren Arbeitgeber von der Adoption eines Kindes in Kenntnis setzte, verlängerte er ihr befristetes Dienstverhältnis, trotz vorheriger Zusage, nicht. Die AK Steiermark machte eine Diskriminierung nach dem Gleichbehandlungsgesetz geltend. S echs Jahre wartete Familie H. darauf, dass sich ihr sehnlichster Wunsch erfüllt: die Möglichkeit, ein Kind zu adoptieren. Drei Monate vor ihrem 45. Geburtstag (das Alterslimit für Adoptiveltern liegt bei 45 Jahren, Anm.) erhielt die Frau die Verständigung, dass sie in einer Woche ein Neugeborenes zur Pflege undmit Adoptionsabsicht in ihrer Familiewillkommen heißen dürfe. Dienstverhältnis nicht verlängert Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Grazerin in einem befristeten Dienstverhältnis in einer kleinen Innenstadtboutique einer internationalen Handels- kette. Bei ihrer Einstellung war ihr mitgeteilt worden, dass eine einjährige Befristung üblich ist und sie ganz bestimmt in ein unbefristetes Dienstverhältnis übernommen wird. „Als sie jedoch ordnungsgemäß ihre Adoptionsabsicht und eine Karenz für ihr zu- künftiges Adoptivkind meldete, hat der Arbeitgeber sehr plötzlich seine Meinung geändert und auf einer Auflösung bei Ende der Befristung bestanden“, schil- dert AK-Frauenexpertin Christina Poppe-Nestler, an die sich die 44-Jährige in ihrer Verzweiflung wandte. 4.000 Euro Schadenersatz Denn die Vorgehensweise des Arbeitgebers ist eine DiskriminierungnachdemGleichbehandlungsgesetz. Poppe-Nestler: „Frau H. hatte zwei Möglichkeiten: entweder auf den aufrechten Bestand des Dienst- verhältnisses zu beharren – dies notfalls auch mit gerichtlicher Unterstützung – oder die Forderung von Schadenersatz.“ Da die Grazerin von der Vorgehens- weise ihres Arbeitgebers so enttäuscht war, dass sie keinen Wert auf Weiterbeschäftigung legte, forderte die AK Schadenersatz – mit Erfolg: „Wir einigten uns außergerichtlich auf 4.000 Euro“, so die Expertin. JF Frau verlor Job – wegen Adoption Internationaler Frauentag Das Transport- gewerbe ist hart umkämpft. Oft putzen sich die Firmen an den Fahrern ab und bleiben Tausende Euro Lohn schul- dig. AK-Präsident Josef Pesserl mit Elisabeth Aufreiter (l.), Leiterin des AK-Frau- enausschusses und Bernadette Pöcheim, Leiterin der AK-Frauenabteilung. www.ak-zeitspeicher.at Arbeitszeitaufzeichnung ausbezahlt.“ Der AK-Jurist rät, die Arbeitszeit täglich schriftlich festzuhalten: „Das ist im Ernstfall ein Beweismittel vor Gericht.“ Da- mit es mit der Zeitaufzeichnung leichter geht, hat die AK einen Zeitspeicher entwickelt, der allen Beschäftigten kostenlos zur Verfü- gung steht. JF zugesprochenbekommen“, erklärt AK-Jurist Bernd Reisner. Gleich- zeitig ging es aber um die Frage, wer das zahlen soll. Denn sowohl der vom Arbeiter genannte Chef, von dem der Paketzusteller das wenigeGeldbar erhaltenhatte, als auchder eigentlich zeichnungsbe- rechtigte Unternehmer erklärten, sie seien nur normale Beschäftigte und nicht zuständig. Gemeinsame Haftung Die sorgfältige Prüfung des Ju- risten ergab jedoch, dass beide Beklagten gemeinsam eine Ge- sellschaft Bürgerlichen Rechts (GesBR) vereinbart hatten. Beide Männer waren am wirtschaftli- chen Erfolg beteiligt, zahlten Lohn aus, begründeten und beendeten Dienstverhältnisse. Das Gericht sah das auch so und verpflichtete die zwei zur ungeteiltenHand, die offenen Ansprüche zu bezahlen. Reisner: „Letztlich müssen die Ansprüche beim Insolvenzfonds angemeldet werden, denn die Firma der Männer ist pleite.“ SH Wer zahlt? Firma stand ohne Chef da Wie wirken sich Kindererziehungs- zeiten auf die Pension aus? © Rido – stock.adobe.com Hoch geschätzt, finanziell unbe- dankt: Frauen arbeiten viel, ein großer Teil dieser Arbeit ist aber unbezahlt. U nsere Gesellschaft funktio- niert nur, weil Frauen ständig unbezahlt zugreifen, wo sich Männer drücken: bei Haushalt, Kin- derbetreuung, Pflege. 64 Prozent ihrer gesamtenArbeitszeit sindun- bezahlt, weiß Elisabeth Aufreiter, Leiterin des AK-Frauenausschus- ses. Obwohl„Halbe-Halbe“ seit 20 Jahren propagiert wird, ist davon flächendeckend nichts zu spüren. Anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März erinnerte die AK-Frauenabteilungmit einem Präsent, einem Lesezeichen, an Österreichs Ikone der Frauenbe- wegung – Johanna Dohnal. JF www.akstmk.at/frauen Mehr zumThema Graf-Putz | AK 10 | ZAK ZAK | 11

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