ZAK_02_2020_WEB_neu
Beruf & Recht Beruf & Recht M ehr als 80.000 Steirerinnen und Steirer sind pflegebe- dürftig und erhalten Pflegegeld. Knapp 20 Prozent davon werden inHeimen versorgt, der große Rest lebt betreut von überwiegend weiblichen Angehörigen weiter im gewohnten Umfeld. Rund 40 Prozent dieser mehr als 130.000 pflegenden Angehörigen in der Steiermark nehmen keinerlei Un- terstützung bei der Pflege ihrer Nächsten in Anspruch. Pflege zu Hause stärken „Es ist eine langjährige Forderung der Arbeiterkammer, dass pfle- gende Angehörige besser unter- stützt werden“, sagt AK-Experte Alexander Gratzer. Dazu soll es einen „Pflege-daheim-Bonus“ geben. Die ÖVP warb im Wahl- kampf mit 1.500 Euro im Jahr, im Regierungsprogramm wird kein Betrag genannt. Auch soll es einen pflegefreien„Urlaubstag“ proMo- nat geben, eine Ausweitung der Selbstversicherung für pflegende Mehr Hilfe für pflegende Angehörige 1,3 Millionen Beschäftigte ha- ben berufliche und finanzielle Nachteile, weil sie ohne Vollzeit- job sind. Die Gewerkschaft hat die Initiative aufdeinerseite.at gegründet, um gegenzuwirken. D ieFormenatypischer Beschäf- tigung sind vielfältig: Teilzeit, befristete Arbeit, geringfügige Arbeit, Leiharbeit, neue Selbst- ständige oder freier Dienstvertrag. Allen diesen Formen eigen ist, dass Betroffene weniger Sicher- heit und schlechtere Gehälter haben als Beschäftigte auf einem unbefristetenVollzeitarbeitsplatz. Die Gewerkschaft GPA-djp will mit der neuen Plattform aufdei- nerseite.at informieren und Hilfe anbieten. SH Ohne Vollzeitjob bringt das Berufsleben viele Nachteile Die neue EU-Kommission hat als eines ihrer Hauptziele ausgegeben, denWeg zu einer sozialeren EU fortzuführen. Noch im Jänner hat sie dazu eine Initiative für faire Löhne in Europa gestartet. W ährend wir in Österreich eine Kollektivvertrags-Ab- deckung von 98 Prozent haben, liegt diese EU-weit bei weniger als 60 Prozent. Gesetzliche Mindest- löhne gibt es in 21 EU-Ländern, in Portugal und Rumänien erhält mehr als jede bzw. jeder Fünfte diesen Mindestlohn. In Bulgarien beträgt er weniger als 2 Euro pro Stunde, in der Slowakei knapp 3 Euro. Dass diese Lohnunterschie- de unterschiedliche Lebensstan- dards bewirken und Druck auf jene Länder mit hohen Löhnen ausüben, liegt auf der Hand. Denn die Anzahl von entsendeten Ar- beitnehmerinnen und Arbeitneh- mern aus Ländern mit niedrigem Höhere Mindestlöhne für Europa Lohnniveau nimmt gerade in Österreich ständig zu, und damit auch Problememit Lohndumping und Betrug bei Entsendungen. Sozialpartner gefragt Die Kommission stellt in ihrer nun gestarteten Initiative zu fai- ren Löhnen in Europa fest, dass Mindestlöhne wichtig sind. Sie verweist auf die steigende Ar- mut trotz Erwerbstätigkeit und wachsender Lohnungleichheiten in der EU. Besonders betroffen sind häufig Frauen, Beschäftigte mit niedrigerem Bildungsniveau, Menschen mit atypischen Verträ- gen sowie der Dienstleistungs- sektor. Vor diesem Hintergrund erachtet die EU-Kommission eine EU-Konsultation zu gerechten Mindestlöhnen als notwendig und hat nun eine Sozialpartner- Konsultation gestartet. Schieflage wird angegangen Jüngst hat auch der Europäische Gewerkschaftsbund in einer Kam- pagne faire Löhne eingefordert. Auch ist klar, dass die Förderung Im Regierungs- programm werden Verbes- serungen für pfle- gende Angehöri- ge angekündigt. Hinweise auf einen großen Plan im Pflegebe- reich fehlen. Meinung am eckigen Tisch S agen, was Sache ist: Mit diesem Anspruch hat die Arbeiterkam- mer eineDiskussionsreihe„Eckiger Tisch zur Pflege“ konzipiert. Die Veranstaltungen finden in der Grazer AK statt, Beginn 18 Uhr. Am Donnerstag, 16. April geht es um Verbesserungen der 24-Stun- den-Betreuung, bei der Frauen aus Osteuropa sich im Turnus um unsere Alten kümmern. Das sensible Thema „Gewalt in Pflege und Betreuung“ steht am 9. Juni am Programm. zak in kürze Nach und nach wird deutlich: Im Bereich der Pflege sind zwar mehrere Einzelmaßnahmen und Entlastungen für pflegende Angehörige in Vorbereitung, der große Plan aber fehlt im Regierungsprogramm. von Kollektivverträgen und damit die Einbindung der Sozialpartner, wie wir sie in Österreich haben, das beste System ist. Gesetzliche Mindestlöhne sind nur das zweit- beste Mittel. Mit dieser Initiative besteht aber die berechtigte Hoffnung, dass eine der zentralen Schieflagen der EU aus Sicht der Beschäftigten endlich wirksam angegangen wird. AW www.akeuropa.eu Infos & Newsletter Mit einer Initia- tive für gerechte Mindestlöhne will die EU den Beschäftigten in jenen Ländern helfen, wo es keine Kollektiv- verträge gibt. APA-AUFTRAGSGRAFIK Verteilung der Bruttostundenlöhne Auftraggeber: AK Steiermark, Quelle: Rechnungshof, Allg. Einkommensbericht 2018 Normal Beschäftigte Teilzeit Beschäftigte Leiharbeits- kräfte Befristet Beschäftigte Geringfügig Beschäftigte € 15,70 € 11,90 € 8,40 € 12,90 € 10,50 Angehörige und die seit langem geforderte bessere Anpassung der Pflegegeldeinstufung, etwa bei Demenz. Befürwortet wird von der AK der angekündigte Präventions- schwerpunkt. Durch mehr ge- sunde Lebensjahre steigt die Lebensqualität alter Menschen, und die Notwendigkeit von Pflege verzögert sich. 24-Stunden-Betreuung Die geplante höhere Qualitätsvor- gabe der Agenturen, die ausländi- sche Frauen für die 24-Stunden- Betreuung vermitteln, wird von der Arbeiterkammer sehr begrüßt. Täglich gehen in der AK Hilferufe imUmgangmit Agenturen ein.„Es braucht gesetzliche Regeln und wirksame Sanktionen“, sagt der AK-Experte. Dass jedoch schlecht bezahlte und oft nicht abgesi- cherte Frauen künftig mehrere Kundinnen und Kunden betreuen sollen, wird von der AK sehr kri- tisch gesehen. Was ist mit den Pflegeberufen? Konkrete Hinweise auf die drin- gend erforderliche Verbesserung von Arbeitsbedingungen der Pflegeberufe finden sich im Re- gierungsprogramm nicht. Pflege- kräfte leiden unter Personalnot und grundsätzlichen Mängeln des Systems. AK-Präsident Josef Pesserl: „Bessere Rahmenbedin- gungen für die Beschäftigten im Pflege- und Gesundheitsbereich sindunbedingt erforderlich, damit das ganze Pflegesystem nicht selbst nachhaltig erkrankt.“ Öffentliches Pflegeangebot Die meisten dieser Ideen zur Stärkung der pflegenden Ange- hörigen werden von der AK, die seit Jahren ein kritisches Auge auf das Pflegethema hat, unterstützt. Das große Ganze lässt sich aber nicht erkennen. Pflegeplätze sind knapp, es fehlen Angebote für Kurzzeitpflege und die Nachfrage nach mobiler Pflege ist größer als das Angebot. Davon ist im Regie- rungsprogramm nichts festge- schrieben. Gratzer: „In unserer alternden Gesellschaft ist der Aus- bau bedarfsgerechter und leistba- rer Pflegeangebote nötig.“ SH ©Alexander Raths - stock.adobe.com ©Dmitry - stock.adobe.com www.akstmk.at/pflege Infos & Anmeldung Tag der Pflege in Voitsberg T ipps für Betroffene und pfle- gende Angehörige gibt die AK am Freitag, 27. März in Voitsberg. Im Volkshaus in der Schillerstraße 4 stehen zwischen 15 und 20 Uhr Kurzvorträge am Programm, An- bietermobiler Dienste informieren über ihre Leistungen und in einer Aktivitätenecke kann man richti- ges Heben und das Handhaben von Hilfsmitteln üben. Die Zukunft der Pflege Z ukunft Pflege – aktuelle und künftige Entwicklungen“ lautet der Titel einer großen AK-Tagung am 14. Mai in Graz, die das Pfle- gethema umfassend ausleuchten will. Die Arbeiterkammer möchte denFokus auf die vielenHerausfor- derungen imPflegebereich legen, die im Regierungsprogramm (sie- he Artikel rechts) fehlen. Hochrangige Expertinnen und Ex- perten stellen in Fachreferaten ihre Erkenntnisse über die Zunahme von Demenz, die Herausforde- rungen für Pflegeberufe, interna- tionale Finanzierungsmodelle der Pflege sowie über die Bedeutung von digital unterstützter „Pflege 4.0“ zur Diskussion. 16 | ZAK ZAK | 17
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