ZAK_September 2020

Beruf & Recht Vor einer Kündigung hat der Betriebsrat das Recht, Stel- lung zu nehmen. Wird der Betriebsrat nicht einbezogen, ist die Kündigung ungültig, wie ein Fall in einer oststeirischen Spedition zeigt. H err T. war mehr als zwei Jahre als LKW-Fahrer bei der Spedi- tion beschäftigt, als er gekündigt wurde. Bei der Arbeiterkammer ließ er die Kündigung rechtlich prüfen. „Vor jeder Kündigung ist der oder die Betriebsratsvorsitzen- de zu informieren. Der Betriebsrat kann dann innerhalb einerWoche mit Mehrheitsbeschluss dazu Stellung nehmen“, weiß AK-Jurist Bernd Reisner. Info in Spind eingeworfen Beim Fall des LKW-Fahrers gab es keine Information des BR-Vorsit- zenden. Deshalbwurde die Kündi- gung bekämpft. Der Dienstgeber sagte zwar vor Gericht, dass ein Infoschreiben in den Fahrerspind des BR-Schriftführers eingewor- fen worden war. Doch das stellte keine taugliche Verständigung dar. Die Kündigung war laut Ge- Betriebsrat: Starke Position bei Kündigung Die staatlich geförderte Kurzarbeit wird erneut verlängert. Die Regeln wurden etwas verändert, die Kont- rollen verschärft. D ie bisherige Kurzarbeit wurde bis Ende September verlängert, abOktober gilt für weitere sechsMonate die Kurzarbeit III. Die von den Sozialpartnern ausgearbeitete Lösung, die von der Regierung übernommen wurde, sieht vor, dass die Mindestarbeitszeit von zehn auf 30 Prozent erhöht wird. Maximal darf 80 Pro- zent gearbeitet werden, um die Förderung zu bekommen. Je nach Höhe des Einkommens gibt es für die Beschäftigten zwischen 80 und 90 Prozent des bisherigen Gehalts. Um Miss- brauch vorzubeugen, wurden die Vorausset- zungen und die Kontrollen verschärft. Kurzarbeit verlängert Mehr als 30 Jahre lang war Herr K. bei verschiedenen Firmen tätig. Nach 15 Jahren endete sein letztes Dienstverhältnis, was einige Her- ausforderungen mit sich brachte: Wie ist die Sozialplanzahlung zu versteuern? N ach der einvernehmlichen Auflösung be- kam Herr K. eine gesetzliche Abfertigung in Höhe von sechs Monatsentgelten, plus eine Sozialplanzahlung in Höhe von 200.000 Euro brutto. Davon wurden dem Kundenbetreuer 100.000 Euro an Steuern abgezogen. Daraufhin wandte er sich an die AK-Außenstelle Liezen, um seine Endabrechnung zu überprüfen – mit Augenmerk auf den Lohnsteuerabzug. Fehler auf den Grund gegangen Der Dienstgeber hatte bei der Berechnung der Viertelregelung nur einen Teil der laufenden Bezüge von Herrn K. herangezogen. Die Zwölftelregelung wurde völlig außer Acht gelassen. Der Arbeitgeber rechtfertigte sich damit, dass ihm keine Vordienstzeiten bekannt seien und Herr K. beweisen müsse, keine Abfertigungen von seinen bisherigen Dienstgebern erhalten zu haben. Den fehlenden Betrag aus der Viertelregelung von 6.000 Euro zahlte er aber sofort nach. Mühsames Beweise sammeln Herr K. konnte keine Unterlagen aus früheren Dienstverhältnissen vorweisen. Er erhielt kaum Antworten seiner ehemaligen Arbeitgeber, da manche Firmen gar nicht mehr existieren. „Wir haben dem Dienstgeber einen Versiche- rungsdatenauszug übermittelt und so die Vordienstzeiten nachgewiesen“, schildert AK-Außenstellenleiterin Petra Kupfner. Um nachzuweisen, dass er bisher keine gesetzli- chen oder freiwilligen Abfertigungen erhalten hat, konnte er vom Finanzamt wenigstens die Jahreslohnzettel ab 1994 vorlegen. Dokumentation nicht zumutbar „Ein lückenloser Urkundenbeweis ist nicht erforderlich und nicht zumutbar, insbesondere dann, wenn Firmen nicht mehr existieren“, fasst Kupfner eine Entscheidung der damals zuständigen Verwaltungsinstanz zusammen. Daraufhin wurde die Zwölftelregelung berücksichtigt und Herr K. erhielt weitere 24.000 Euro. Kupfner: „In Summe haben wir Herrn K. zu 30.000 Euro an Nachzahlung verholfen.“ TR Zu viel Lohnsteuer abgezogen – Nachzahlung brachte 30.000 Euro AK-Wahl Beruf & Recht Seite 16 – 21 Weil ihm die Hälfte seiner Sozialplanzahlung steuerlich abgezogen wurde, versuchte der Obersteirer mühsam zu beweisen, dass er bisher keine Abfertigungen erhalten hat. Rauswurf nach 25 Jahren Eine bekannte Lebensmittel- kette kündigte eine 50-jährige Oststeirerin ohne Vorwarnung. Mithilfe der Arbeiterkammer Steiermark erhielt sie neben der gesetzlichen Abfertigung eine Entschädigung von 23.500 Euro. D ie Teilzeitbeschäftigte war seit 25 Jahren in der Verwal- tung eines großen Handelsunter- nehmens tätig, als ihr plötzlich die Kündigung auf den Tisch gelegt wurde. Die 50 Jahre alte Oststei- rerin nahm sofort Kontakt mit der Arbeiterkammer auf. Interessen abwägen „Wir haben die Kündigungwegen Sozialwidrigkeit vor dem Arbeits- und Sozialgericht angefochten“, schildert AK-Arbeitsrechtsexperte Thorsten Bauer. Eine Kündigung kann wegen Sozialwidrigkeit angefochtenwerden, wenndieAr- beitnehmerin bzw. der Arbeitneh- mermindestens sechsMonate be- schäftigt war und der Betriebsrat der Kündigung nicht ausdrücklich zugestimmt hat. Bauer erklärt:„Das Gericht überprüft die gesamte soziale Situation der Betroffenen, wie etwa Chancen des beruflichen Wiedereinstiegs amArbeitsmarkt, die damit verbundenen Ver- diensteinbußen, die Familien- situation und ein gegebenenfalls sonstiges Einkommen.“ Sofort bei der AK melden Neben der gesetzlichen Abferti- gung schloss der AK-Jurist einen Vergleich mit dem Handelsun- ternehmen über eine Abgangs- entschädigung von 23.500 Euro, wodurch sich schlussendlich eine Gesamtsumme von rund 63.000 Euro für die Teilzeitbeschäftigte ergab. „Es war gut, dass sich die Arbeitnehmerin sofort bei uns gemeldet hat, da die Kündigung grundsätzlich spätestens zwei Wochen, nachdem man sie er- halten hat, angefochten werden muss“, so der Arbeitsrechtsexper- te. TR richtsurteil rechtsunwirksam, und Herr T. bekam sämtliche Entgelte nachbezahlt. Es folgte der zweite Versuch einer Kündigung. In diesem Fall wurde tatsächlich der BR-Vorsitzende informiert, nicht aber eine Stel- lungnahme des Betriebsrates abgewartet. Wieder wurde vom Gericht bestätigt, dass die Kündi- gung rechtsunwirksam war und alle Entgelte nachzuzahlen sind. Erst der dritte Kündigungsversuch erfüllte alle formalen Vorausset- zungen. SH zak info Versteuerung der Sozialplanzahlung Wenn Beschäftigte unter das alte Abfertigungs- recht fallen, wird die Sozialplanzahlung mit der Viertel-, Zwölftelregelung und dem Hälftesteu- ersatz versteuert. Sozialplan : Betriebsvereinbarung (abgeschlos- sen zwischen Betriebsrat und Dienstgeber), mit der Maßnahmen festgelegt werden, welche die Folgen einer Betriebsänderung verhindern, beseitigen oder mildern sollen. Viertelregelung: Ein Viertel der laufenden Be- züge des letzten Jahres wird mit nur 6 Prozent versteuert. Zwölftelregelung: Abhängig von der nachge- wiesenen Dienstzeit wird die Summe auch mit nur 6 Prozent versteuert, wobei die aktuelle sowie bereits erhaltene Abfertigungen das steuerlich begünstigte Ausmaß kürzen. Hard Facts zur Kurzarbeit III • Gilt ab 1. Oktober für 6 Monate • Arbeitszeit: 30 – 80 %; Gehalt: 80/85/90 % • Behaltefrist: 1 Monat nach Kurzarbeitsende • Weiterbildungsbereitschaft • Kontrolle wird verstärkt • Ausbildung von Lehrlingen muss gewährleistet werden. Ohne Einbeziehung des Betriebs- rates ist eine Kündigung ungültig, zeigt der Fall eines LKW-Fahrers. zak info ©Bojan - stock.adobe.com ©Kzenon - stock.adobe.com 16 | ZAK ZAK | 17

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