ZAK_September 2020

Beruf & Recht Arbeit verbindet D ie drückende Hitze der Stadt ist beim Aussteigen aus dem Auto nur mehr Erinnerung: Die Natur dominiert hier am Rande der Ortschaft Lannach, die Tages- werkstatt von alpha nova ist um- geben von Wiesen und Wäldern, von Summen und Brummen und Zwitschern. Die Schwüle der Stadt ist einer sanften Brise gewichen, die positive Stimmung des Ortes und der Menschen färbt auf einen ab. „Im Vorjahr haben wir umgebaut, jetzt ist für alles viel mehr Platz“, erzählt Helga Die Tageswerkstätte von alpha nova in Lannach bietet Menschen mit Beeinträchtigungen Raum für persönliche Entwick- lungen. An und mit der Arbeit wachsen, sich nützlich fühlen und anerkannt werden und so einen Platz im Leben finden macht zufrieden und ermöglicht die Entfaltung jedes Menschen, egal ob behindert oder nicht. der betriebsrat die firma Gutes Betriebsklima Thomas Driessen Geschäftsführer alpha nova Die Beschäftigten sind als persönli- che Dienstleister das einzige Kapi- tal, das wir haben, sagt alpha-nova- Geschäftsführer Thomas Driessen. Da das Lohnniveau insgesamt nicht besonders hoch ist, setzte er als Mo- tivation auf ein gutes Betriebsklima und einen respektvollen Umgang miteinander. Der Erfolg lasse sich in den meisten Unternehmensberei- chen an einer geringen Fluktuation ablesen. Die Zusammenarbeit mit dem „sehr kompetenten Betriebs- rat“ sei gut, sagt Driessen. Werkstattleiterin Helga Erhold behält den Blick aufs Ganze. Elisabeth Archan will für das Sekre- tariat die 10-Finger-Technik lernen. Seit einer Woche als Diplomsozial- pädagogin mit dabei: Sarah Häusler Unsichtbarer Dritter Gerhard Zückert, Betriebsratsvorsitzender Gerhard Zückert ist seit vielen Jah- ren Betriebsratsvorsitzender von alpha nova. Der Betriebsrat küm- mert sich um 450 Beschäftigte, die in 25 Teams an zwölf Standorten in Graz und Graz-Umgebung arbei- ten. Da zum Teil rund um die Uhr gearbeitet wird, ist die Arbeitszeit und deren Abrechnung wichtiges Thema. Das Gesprächsklima mit der Geschäftsführung ist gut, bei Verhandlungen „ist aber als un- sichtbarer Dritter immer der Geld- geber – Land und Bund – dabei.“ Ananas für den Nachtisch: Angelina Robic und Betreuer ChristophWeber Hauswirtschaftliche Tätigkeiten gehören dazu: Christian Strunz und Betreu- erin Marlene Schmaranzer werken am Herd. Die Fahrzeuge und Geräte für die Grünraumpflege werden selbst gewartet. Hier werken Gernot Pechmann und Betreuer Markus Dirnhofer. Erhold, Leiterin der Einrichtung, die hier und in Betrieben in der Umgebung etwa 30 Menschen mit Beeinträchtigungen betreut. Alle Kundinnen und Kunden, wie siebezeichnetwerden, habeneine geistige Behinderung, manche zusätzlich körperliche oder psy- chische Probleme. Vom Behinderten zum Kollegen Die Tageswerkstatt bietet im Auf- trag der öffentlichen Hand, die genaue Vorgaben gibt, Beschäf- tigung. „Bei der Arbeit gelingt Integration oft erstaunlich gut“, sagt Erhold, die Behinderung tritt in denHintergrund und „die Leute werden als Mensch und Kollegin oder Kollege gesehen“. Erfüllende Arbeit für alle Je nach persönlichen Möglichkei- ten arbeiten die Kundinnen und Kunden in der hauseigenenWerk- statt für Holz- undMetallarbeiten, im Haushalt der Einrichtung, vor Ort bei Auftraggebern für Mäh- und Gartenarbeiten oder direkt in Betrieben in der Umgebung. In der nach dem Umbau großzü- gigen Küche ist gerade Bespre- chung. Es geht umden Nachtisch, der am nächsten Tag serviert werden soll, nämlich Joghurt mit Früchten für 23 Leute. „Der Nach- tisch ist Wunsch von Christian und Angelina. Beide haben die Einkaufsliste erstellt und haben die Zutaten selbstständig im Supermarkt zusammengestellt“, sagt Christoph Weber. Dem Fach- sozialbetreuer ist wie seinen zwölf Kolleginnen und Kollegen hier am Standort die Arbeit mit Menschen wichtig. Weber hat seinen gut be- zahlten Job als EDV-Techniker an denNagel gehängt und völlig neu begonnen: „Ich bereue es keine Sekunde.“ Nähe und Distanz Beide Seiten, die Kundinnen und Kunden sowie die Betreuerinnen und Betreuer, sind oft jahrelang hier in Lannach. Diese langen Beziehungen machen persön- liche Entwicklungen möglich und sichtbar. Dabei gilt es, durch Reflexion im Team den roten Faden der pädagogischen Arbeit nicht zu verlieren, sagt Erhold: „Oft sind es nur kleine Schritte hin zu mehr Selbstvertrauen und Selbstständigkeit.“Manchmal sind auch Rückschläge zu verarbeiten, etwa durch private Ereignisse in den Familien der Kundinnen und Kunden. Bei all der Nähemüsse aber immer auch die Distanz gewahrt werden: „Es geht umprofessionelle Beglei- tung, das bedeutet Wertschät- zung, aber nicht Freundschaft“, sagt Markus Dirnhofer. Das Erfor- schen der Grenzen der anderen passiere auf allen Ebenen. Die persönliche Entwicklung in der Arbeit und als Teil des Teams motiviert Marlene Treffer: „Ich kann hier meine Fähigkeiten einbringen, die Arbeit bietet viel Abwechslung.“ Marlene Treffer findet die Arbeit spannend und abwechslungsreich. SH Beim gemeinsamen Arbeiten zu sich selbst finden: Hier der groß- zügige Raum für die Holzbear- beitung der Tageswerkstätte von alpha nova in Lannach. Ein externer Auftrag für Fensterschleifen und -lackieren: Be- treuer Florian Brand- ner, Nadine Ropert und Nico Unger in der Werkstatt. alpha nova Temel | AK (10) 18 | ZAK ZAK | 19

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