ZAK_Oktober 2020
Beruf & Recht Diesen Herbst/Winter werden berufstätige Eltern noch ein- mal vor große Herausforderungen gestellt: Was gilt, wenn die Corona-Ampel auf Rot steht und die Schule wieder auf Homeschooling umstellt? Können Eltern in dieser Zeit von der Arbeit fernbleiben, um ihr Kind zu betreuen? Berna- dette Pöcheim, Leiterin des AK-Frauenreferats, antwortet auf die häufigsten Fragen: Mein Kind kann aufgrund eines Coronaverdachts den Kinder- garten/die Volksschule nicht besuchen. Wenn das Kindwegen Coronaver- dachts nicht den Kindergarten/ die Volksschule besuchen kann und auch sonst keine geeignete Betreuungsperson vorhanden ist, haben die Eltern einen Rechts- anspruch auf Freistellung nach Paragraf 8 Angestelltengesetz für zumindest eine Woche. Beide Elternteile haben einen Anspruch, jedochnicht parallel. Eine ähnliche Bestimmung gibt es für Arbeiter gemäß Paragraf 1154b im Allge- meinen BürgerlichenGesetzbuch. Diese kann aber im Kollektivver- trag abbedungen werden, was auch oft passiert. Der Kindergarten bzw. die Kin- dergruppe/die Klasse meines Kindes wird wegen Coronaver- dachts geschlossen. Auch hier gibt es einen Anspruch auf bezahlte Freistellung, wenn keine andere Betreuungsmög- lichkeit vorhanden ist. Großeltern fallen (abhängig vomLebensalter, Grunderkrankung) als geeignete Betreuungsmöglichkeit tenden- ziell aus. Der Kindergarten/dieVolksschu- le wird wegen Coronaverdachts ein weiteres Mal geschlossen. Ist eine weitere Freistellung möglich? Sollte der Kindergarten/dieVolks- schule ein weiteres Mal schließen müssen, besteht der Anspruch auf Freistellung bzw. Entgeltfortzah- lung erneut. Die Freistellung greift pro An- Beruf & Recht Wer hat Anspruch auf Elternteilzeit? ak tipp AK-Expertin Kathrin Feuchtinger antwortet: Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch auf Eltern- teilzeit sind eine bereits drei- jährige Betriebszugehörigkeit (Karenz wird angerechnet) und mehr als 20 Beschäftig- te im Betrieb. Es muss die Arbeitszeit um 20 Prozent re- duziert undmindestens zwölf Stunden gearbeitet werden. Während der Elternteilzeit hat man die Möglichkeit, die Stundenanzahl einmal zu ver- ändern bzw. einmal vorzeitig zu beenden. Zudem besteht ein besonderer Kündigungs- schutz. Nach der Elternteilzeit haben Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer das Recht, zur ursprünglichen Stunden- anzahl zurückzukehren. Kurzarbeit und Elternteilzeit Grundsätzlich kann während einer bestehenden Eltern- teilzeit Kurzarbeit vereinbart werden. Ist die Kurzarbeits- phase zu Ende, gilt wieder das vereinbarte Stundenausmaß der Elternteilzeit. lassfall, der Zeitrahmen beträgt mindestens eine Woche. Der Kindergarten/dieVolksschu- lewird nicht zur Gänze geschlos- sen, sondern nur eingeschränkt. Wenn die Betreuung des Kindes in der Betreuungs- bzw. Bildungs- einrichtung gewährleistet ist, ist eine Freistellung nur in Ausnah- mefällen möglich (beispielsweise Grunderkrankung). Was passiert, wenn sich heraus- stellt, dass sich der Coronaver- dacht nicht bestätigt. Die Betreuungspflichten der El- tern sind bzw. waren trotzdem gegeben, wenn das Kind nicht in den Kindergarten/die Volkschule darf und zuHause betreut werden muss. Der Elternteil, der das Kleinkind ständig betreut, erkrankt. Der zweite Elternteil hat einen Rechtsanspruch auf Betreuungs- freistellung von einer Woche (§ 15 UrlG). Das Entgelt ist von der Arbeitgeberin bzw. vomArbeitge- ber fortzuzahlen. Die Großmutter, die das Klein- kind ständig betreut, erkrankt. Jeder Elternteil hat einen Rechts- anspruch auf Betreuungsfreistel- lung imAusmaß von einerWoche – nicht gleichzeitig, aber abwech- selnd möglich. Die Betreuungs- freistellung kann stundenweise, halbtageweise bzw. maximal für eine Woche durchgängig in An- spruch genommen werden. Muss der Arbeitgeber das Gehalt weiterzahlen? In all diesen Fällen ist die Arbeit- geberin bzw. der Arbeitgeber ver- pflichtet, das Gehalt fortzuzahlen. Es steht ihr bzw. ihm jedoch offen, mit der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer eine Sonderbe- treuungszeit von drei Wochen zu vereinbaren. Gibt es Förderungen für die Arbeitgeberin bzw. den Arbeit- geber? Vereinbart die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber mit der Arbeit- nehmerinbzw. demArbeitnehmer eine Sonderbetreuungszeit (§18b AVRAG) zur notwendigen Betreu- ung des Kindes, bekommt dieMit- arbeiterin bzw. der Mitarbeiter die Hälfte des fortgezahlten Entgelts vom Staat refundiert. JF „Gerade in herausfordernden Zeiten ist die partnerschaftliche Betreuung wichtig.“ Bernadette Pöcheim, Leiterin AK-Frauenreferat Rechtsgrundlagen • § 8 Abs. 3 Angestelltengesetz (AngG) und 1154b Abs. 5 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) – Freistellung: Wichtige, die Person des Dienstnehmers betreffende Gründe, zumindest eine Woche pro Anlassfall (folglich auch mehrmals pro Jahr). Es besteht ein Rechtsanspruch. • § 15 Urlaubsgesetz (UrlG) – Pflegefreistellung: 1) Für die notwendige Pflege eines im gemeinsamen Haushalt lebenden nahen Angehörigen oder eines leiblichen Kindes (hier gemeinsamer Haushalt nicht erforderlich). 2) Wenn man wegen der notwendigen Betreuung eines gesunden Kindes an der Arbeitsleistung gehindert ist, weil jene Person, die das Kind ständig betreut, aus schwerwiegenden Gründen ausfällt (schwere Erkrankung). Dauer: eine Woche pro Jahr. Für erkrankte Kinder unter zwölf Jahren steht eine weitere Woche zur Verfügung. Es besteht ein Rechtsanspruch. • § 18b Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) – Sonderbetreuungszeit: Für die Sonderbetreuungszeit ist eine Vereinbarung mit dem Arbeitge- ber erforderlich. Diese kann für drei Wochen vereinbart werden. Beide Elternteile haben die Möglichkeit, Sonderbetreuungszeit mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren, jedoch kann diese nur hintereinander in Anspruch genommen werden. Auch jene Elternteile, die bereits einmal Sonderbetreuungszeit in Anspruch genommen haben, haben die Mög- lichkeit, diese ein weiteres Mal mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren. Die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer hat Anspruch auf die Fortzah- lung ihres bzw. seines Entgeltes. Der Arbeitgeber bekommt die Hälfte der Lohnkosten ersetzt. zak info Kinderbetreuung und Arbeitsverpflichtung Die 2019 eingeführte Steuerentlastung wird bei ge- trennt lebenden Elternteilen oft zum Zankapfel – vor allem, wenn die oder der Ex bei der Beantragung des Familienbonus+ schneller war. Streiten um den Familienbonus+ B ei Elternteilen, die imgemein- samenHaushalt leben, ist eine Aufteilung des Familienbonus+ (FB+) oder ein 100-prozentiger Anspruch eines Elternteils nor- malerweise kein Problem, sagt AK-Steuerexperte Bernhard Koller. Problematisch wird es bei ge- trennt lebenden Elternteilen, die nicht mehr miteinander reden: „Bei der Vorberechnung meiner Arbeitnehmerveranlagungwurde mir ein viel höherer Betrag (rund 680 Euro) berechnet, ausbezahlt bekam ich aber nur 182 Euro. Mein Ex-Mann hat ohne mein Wissen und ohne vorherige Absprache den FB+ zur Hälfte beantragt“, ärgert sich eine betroffene Frau. Aufteilung zwischen den Eltern Generell steht bei Getrenntleben- den jedem Elternteil die Hälfte des FB+ zu. Es gibt aber zwei Ausnahmen: 1. Der eine Elternteil verzichtet zugunsten des anderen auf seinen Anspruch. Das macht Sinn, wenn ein Elternteil so wenig verdient, dass es sich steuerlich nicht auswirkt. „Der FB+ ist ein Absetzbetrag und mindert die Steuerlast“, erklärt Koller. Der Verzicht muss aber schriftlich vereinbart werden. „Wichtig ist, immer das betreffende Jahr und Kind anzuführen, sonst kann es passieren, dass der Verzicht fort- dauernd und nicht, wie eventuell gewünscht, nur für ein Jahr gültig ist“, warnt Koller. Gleichzeitig sollte vereinbart werden, dass das Geld dem Kind zugutekommt. 2. Die zweite Ausnahme betrifft Elternteile, die ihrer Unterhalts- pflicht nicht ordnungsgemäß nachkommen. In diesem Fall wird der FB+ anteilsmäßig ausgezahlt bzw. kann bis zur Gänze dem un- terhaltsempfangenden Elternteil zugesprochen werden. Wenn die/der Ex schneller war Sollte ein Elternteil bereits den FB+ zur Gänze beantragt haben und das eigene Ansuchen nun ab- gelehnt werden, können Betroffe- ne innerhalb der Beschwerdefrist Beschwerde einreichen. Sie müs- sen nachweisen, dass sie nicht ver- zichtet haben. Ist die einmonatige Beschwerdefrist abgelaufen, kann eine Wiederaufnahme beantragt werden. In beiden Fällen bedarf es keines Formulars – ein einfaches Schreiben genügt. Die Beweislast liegt aber beim Antragsteller. JF Die Coronavirus- Pandemie wirkt sich massiv auf Familien mit Kindern aus. Wenn der Ex-Partner ohne Rücksprache seinen Teil des FB+ bereits beantragt hat, kommt ein Schreiben vom Finanzamt ( siehe Faksimile unten ). www.akstmk.at/corona Mehr zumThema www.akstmk.at/steuer Mehr zumThema ©SHOTPRIME STUDIO - stock.adobe.com ©Photographee.eu - stock.adobe.com 6 | ZAK ZAK | 7
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