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ALLERLEI
SERIE
INS SCHWARZE
Willi Tell
Die guten Hände
Ich habe es gern, verhätschelt
zu werden. Das ist mir im Spital
deutlich geworden. Das war,
als ich in einem Zimmer neben
Männern mit aufgeschnittenen
und dann wieder zugenähten
Bäuchen lag. Ich war auch so ei-
ner. Wir wurden bestens betreut
und gefüttert und umsorgt. Wir
Operiertenwaren uns einig, dass
wir in unserem Land ein feines
Gesundheitssystem haben und
GKK/Wrann
Vor 150 Jahren
wurde die
Steiermärkische Gebietskran-
kenkasse (STGKK) in Graz
gegründet. Ein Meilenstein
auf dem Weg zu einer Ge-
sundheitsversorgung für alle.
I
m Jahr 1868 – Kaiser Franz
Joseph I. saß damals seit ge-
nau 20 Jahren auf dem Thron
– stand es mit den Lebensver-
hältnissen der Menschen nicht
zum Besten, vor allem in der
Arbeiterschaft herrschten oft
Not und schlechte Arbeits- so-
wie Lebensbedingungen. Von
einer allgemein zugänglichen
medizinischen Versorgung war
man meilenweit entfernt. In
diesem Jahr 1868 fanden sich
einige Personen zusammen,
um im Auftrag des Grazer
Arbeiterbildungsvereines die
„Allgemeine Arbeiter-Kran-
ken- und Invaliden-Cassa“ zu
gründen – nichts anderes als
die Vorgängerinstitution der
STGKK. Gründungsort war das
heutige Orpheum (damals üb-
rigens die Puntigamer-Bierhal-
le) in Graz. Der erste Obmann
der neu gegründeten Kranken-
GKK: Eine Jahrhundertgründung
im Dienste der Gesundheit
kasse, Richard Wolf, wurde
wegen seines Engagements in
dieser Sache von seinem Chef
fristlos entlassen – auch dies
ein Zeichen, dass es um die
Rechte der Werktätigen 1868
denkbar schlecht bestellt war.
Auch Angehörige versichert
Doch die Weichen in Richtung
einer sozialen Politik waren
gestellt: Rund 20 Jahre später
– 1889 – wurde in Österreich
die gesetzliche Krankenver-
sicherung eingeführt, und
wiederum gut 20 Jahre später
– 1912 – führte Kassenobmann
Josef Pongratz die Familienver-
sicherung ein, auf deren Basis
auch die Angehörigen der
Versicherten im Krankheitsfall
nicht mehr schutzlos ihrem
Schicksal ausgeliefert waren.
Zwei Weltkriege
Klarerweise verlief die Ge-
schichte der STGKK in wei-
terer Folge höchst turbulent,
immerhin erschütterten zwei
Weltkriege mit all ihren dra-
matischen Folgen den Globus.
Es blieb auch dem NS-Terror-
regime vorbehalten, eine der
Säulen der Krankenversiche-
rung – die Selbstverwaltung
durch die Versicherten – auf-
zuheben. Ein Affront gegen die
Beitragszahler, den man nach
dem Krieg wieder korrigierte.
In den letzten Jahrzehnten
entwickelte sich die STGKK
zu jenemServiceunternehmen,
das heute von fast einer Milli-
on Versicherten geschätzt wird.
Karl Polanyi:
The Great
Transformation.
Politische und ökonomische
Ursprünge von Gesellschaften
und Wirtschaftssystemen.
Suhrkamp. 320 Seiten.
Alt und trotzdem aktuell: In „The
Great Transformation“ beschreibt
Karl Polanyi 1944 die Entstehung
der
kapitalistisch
geprägten
„Marktgesellschaft“. Hauptthe-
ma des Werks ist allerdings die
soziologische Beschreibung der
„Entbettung“ der Wirtschaft. Seit
Mitte des 19. Jahrhunderts steht
dasWirtschaften imZentrumund
die wirtschaftliche Denkweise
dominiert die Gesellschaftsord-
nung. Die Fokussierung auf öko-
nomischen Wohlstand nehmen
fast alle Individuen auch heute in
verschiedensten Alltagssituatio-
nen wahr.
Suhrkamp
es hüten sollten, damit es auch
den Kindern und Kindeskindern
zugute kommt. Man zahlt als
Gesunder jahrelang Krankenver-
sicherung – und dann: zack!
Ich war wegen eines Leisten-
bruchs dort. Der ist mir passiert,
weil mir jemand sagte, man
könne sich auf die heimische
Justiz verlassen. Also vor lauter
Lachen.
Aber wenn Sie einmal Hilfe brau-
chen, dann wünsche ich Ihnen
von Herzen, in so gute Hände zu
geraten wie damals beim Leis-
tenbruch der schmerzensreiche
Willi Tell
Luchterhand-Verlag
Marie Gamillscheg:
Alles was glänzt.
Roman. Luchterhand-Verlag.
Berlin 2018.
Tief in den Stollen des alten Berg-
werks tut sich was – und alle
im Dorf können es spüren. Die
Wirtin Susa, Wenisch, ihr letzter
Stammgast. Zuallererst aber hat
es Martin gespürt, bis er dann
eines Morgens mit dem Auto
verunglückte. Als würde der Berg
jeden Augenblick in sich zusam-
menbrechen. Für Teresa und den
Neuankömmling Merih ist klar:
Sie will sich endlich absetzen aus
dem maroden Ort, er hingegen
sucht einen Neuanfang ... ausge-
rechnet hier. Der Ort ist namen-
los, aber als Steirer erkennt man
Bergbauorte wie Eisenerz darin.
Das Debut einer jungen Grazer
Autorin.
FRISCH
GEPRESST
AUS DER AK-BIBLIOTHEK
r
Thomas Raab:
Walter muss weg. Frau
Huber ermittelt. Der
erste Fall.
Kiepenheuer & Witsch.
384 Seiten.
Glaubenthal: Umgeben von aus-
gedehnten Wäldern liegt es in
einer sanften, von wildroman-
tischen Schluchten durchzoge-
nen Hügellandschaft. Doch der
Schein trügt – dieses Dorf hat es
in sich. Das bekommt auch Han-
nelore Huber auf der Beerdigung
ihres Mannes zu spüren. Großwar
die Vorfreude auf ein beschauli-
ches Leben in Harmonie: endlich
Witwe. Nun aber muss sie auf ihre
alten Tage auch noch Ermittlerin
werden. Denn im Sarg ruht, wie
sich zeigt, nicht ihr Ehegatte, son-
dern eine falsche Leiche.
Kiepenheuer & Witsch
Kassengebäude der „Allgemeinen
steiermärkischen Arbeiter-Kran-
ken- und Unterstützungs-Kasse“
(Vorgängerin der STGKK) in der
Grazer Keplerstraße 38a im Jahr
1923. Vor dem Haus posieren
stolz die Bediensteten und Funk-
tionäre.
Auch im heutigen AK-Gebäude
in der Hans-Resel-Gasse war die
STGKK einst untergebracht. Das
Haus wurde im Zweiten Weltkrieg
schwer beschädigt.
Den Akt ad acta legen
Freilich: Die 150 Jahre waren
nicht nur vom Ringen um bes-
sere Lebensbedingungen der
Versicherten geprägt, sondern
auch von mancher Anekdote.
So kommunizierte etwa die
steirische Autorin Paula Grog-
ger mit der Kasse in Reimen.
Und erhielt postwendend fol-
gende Antwort: „Doch sehen
wir der prompten Überwei-
sung entgegen, / Um sodann
den Akt ad acta zu legen“,
schrieb der Kassenreferent an
die Adresse der Dichterin.
DH
Die Politik greift derzeit massiv in
die Arbeit der STGKK ein: Gene-
raldirektorin HR Mag. Andrea Hir-
schenberger und der Obmann der
Selbstverwaltung Ing. Josef Harb
GKK (2)