ARBEITSWELT
INTERESSENPOL ITIK
Leiharbeit ist ein hartes
Brot.
Das zeigt die hohe
Zahl an Klagen, die das AK-
Arbeitsrecht führt, und das
berichtet ein Informant, der
gegenüber der ZAK auspackt.
2.000
Euro wurden
dem Leiharbei-
ter Franz S. von seiner Zeitar-
beitsfirma innerhalb von neun
Monaten zu wenig gezahlt.
Der Arbeiter war an einen
Betrieb für Gebäudereinigung
überlassen worden und wurde
dementsprechend bezahlt.
Tatsächlich arbeitete Franz
S. aber als Staplerfahrer und
hätte deutlich mehr Lohn ver-
dient. „Das ist kein Einzelfall,
sondern Normalität in unserer
Branche“, bestätigt ein Kenner
der Szene, der selbst seit mehr
als fünf Jahren bei bisher 14
Zeitarbeitsfirmen arbeitete.
Nur wenig mehr als zwei
Prozent der Beschäftigten in
der Steiermark sind Leiharbei-
ter. Bei der Zahl der Klagen,
die die ExpertInnen des AK-
Arbeitsrechts führen, sind
Leiharbeiter aber seit Jahren
im Spitzenfeld. „In fast allen
Fällen geht es ums Geld“,
berichtet AK-Jurist Dr. Armin
Gibiser.
Einvernehmliche Auflösung
Die Zeitarbeitsfirmen versu-
chen, die für sie teuren Steh-
zeiten der Leiharbeiter mit
allen Mitteln zu verhindern,
weiß der Informant. Neben
dem Zwangsurlaub und dem
a ngeordne t en Ve rbr auch
von Zeitausgleich ist die
einvernehmliche Lösung des
Dienstvertrages das Mittel
der Wahl: „Es wird gedroht
und gelogen, und stimmst du
der Einvernehmlichen nicht
zu, bekommst du in dieser
Firma nie mehr einen Job.“
Auch bei anderen Kosten
wird geknausert, sagt der
Mann: „Ich habe acht Mona-
te ohne Schutzausrüstung
geschweißt.“
Schnell weg
Der Arbeitsplatz ist wenig
sicher, die durchschnittli-
che Beschäftigung in einem
Bet r ieb dauer t gerade 80
Tage. Leiharbeiter müssen 14
Tage vor dem Ende des Jobs
informiert werden. Gerade
in 38 Prozent der Fälle pas-
siert das tatsächlich, bei 27
Prozent der befragten Leih-
arbeiter einer großen Studie
der AK Oberösterreich gab es
überhaupt keine Vorankündi-
gung. „Was macht diese stän-
dige Unsicherheit psychisch
mit den Betroffenen?“, stellt
der Insider als Frage in den
Raum.
Männlich dominiert
Auch wenn eine Gesetzesno-
velle im Jahr 2013 und schon
davor der Abschluss eines
Kollektivvertrages deutliche
Verbesserungen gebracht ha-
ben, eine Gleichstellung der
Zeitarbeiter mit den Stammbe-
legschaften gibt es immer noch
nicht. Es gibt österreichweit
knapp 150.000 Menschen, die
im Laufe eines Jahres zumin-
dest einen Tag als Zeitarbeiter
Leiharbeit:
Ein Insider
packt aus
Kzenon | Fotolia
Weiterbildungsfonds
Der Sozial- undWeiterbildungs-
fonds für Leiharbeiter (SWF)
■
zahlt bei Arbeitslosigkeit
nach zweimonatiger Leih-
arbeit 260 Euro. Anträge bei
der Gewerkschaft ProG, bei
der BUAG oder direkt beim
Fonds stellen.
■
unterstützt Weiterbildung
der Leiharbeiter.
■
fördert Überlassungsfirmen
bei Stehzeiten von Leihar-
beitern.
Alle Infos auf
ZAK
nfo
E
ine Verpflichtung zur Leistung
von Überstunden besteht nur
dann, wenn sich diese aus Gesetz,
Kollektivvertrag, Arbeitsvertrag
oder Betriebsvereinbarung er-
gibt. Es muss immer ein Grund
vorliegen – insbesondere ein
erhöhter Arbeitsbedarf. Dauer-
überstunden sind nicht erlaubt,
zudem sind sie mit den Höchst-
grenzen der erlaubten Arbeitszeit
begrenzt. Wenn berücksichti-
gungswürdige Interessen des Ar-
beitnehmers wie familiäre Gründe
vorliegen, kann eine Anordnung
abgelehnt werden. Da die Beur-
teilung im Einzelfall oft schwierig
ist und eine unberechtigte Ab-
lehnung schwerwiegende Fol-
gen bis hin zur Entlassung haben
kann, empfiehlt sich in Streitfällen
eine persönliche Rechtsberatung
durch die Experten der Arbeiter-
kammer.
Mag. Gerald Mattersdorfer
AK-Arbeitsrecht
ZAK
TIPPS
Wann müssen Überstunden
geleistet werden?
beschäftigt waren, im Schnitt
sind es ständig rund 64.000
Personen. Die Branche ist
männlich dominiert, über-
wiegend beschäftigt in den
Bereichen der Warenproduk-
tion und am Bau und bei den
Frauen im Reinigungsdienst.
E
i ne Au sz e it vom A r -
beitsalltag, die bezahlt
ist und im besten Fall auch
noch die Chancen auf einen
besseren Job erhöht, ist in
Österreich mit der Bildungs-
karenz oder der Bildungsteil-
zeit möglich. Arbeitnehmer
können sich bei bestehendem
Arbeitsverhältnis für Wei-
terbildung freistellen lassen
bzw. ihre Stunden reduzie-
ren.
Für & Wider
Der Vorteil der Bildungsteil-
Bildungskarenz
Bildungsteilzeit
Anspruch
Keiner. Arbeitnehmer und Arbeitgeber schließen eine
Vereinbarung ab.
Keiner. Arbeitnehmer und Arbeitgeber treffen eine
Vereinbarung, in der neben Beginn und Dauer der
Bildungsteilzeit auch das Ausmaß der Arbeitszeit
festgehalten wird.
Voraussetzung
■
Der Arbeitnehmer muss mindestens sechs Monate
arbeitslosenversicherungspflichtig ununterbrochen
im Unternehmen angestellt sein.
■
Die Bildungsmaßnahme muss mindestens 20
Wochenstunden betragen, bei Personen mit betreu-
ungspflichtigen Kindern (bis zum 7. Lebensjahr)
mindestens 16 Wochenstunden.
■
Bei Studium: Nach jedem Semester Prüfungsnach-
weis im Gesamtumfang von vier Semesterwochen-
stunden oder acht ECTS-Punkten
■
Der Arbeitnehmer muss mindestens sechs Monate
im Unternehmen mit demselben Stundenausmaß
arbeitslosenversicherungspflichtig angestellt sein.
■
Nachweis über die Teilnahme an einer Weiterbil-
dungsmaßnahme im Ausmaß von mindestens zehn
Wochenstunden.
■
Bei Studium: Nach jedem Semester Prüfungsnach-
weis im Gesamtumfang von zwei Semesterwochen-
stunden oder vier ECTS-Punkten.
Dauer
■
Mindestens zwei Monate bis maximal ein Jahr
(Vereinbarungen in Teilen – ausgedehnt auf vier
Jahre – sind möglich)
■
Mindestens vier Monate bis zwei Jahre (Vereinba-
rungen in Teilen – ausgedehnt auf vier Jahre – sind
möglich)
■
Die wöchentliche Normalarbeitszeit wird min-
destens um 25 Prozent, höchstens um 50 Prozent
reduziert. Die wöchentliche Arbeitszeit darf zehn
Stunden nicht unterschreiten.
Entgelt
BeimAMS kann einWeiterbildungsgeld für maximal
ein Jahr beantragt werden. Dieses entspricht der Höhe
des fiktiven Arbeitslosengeldes, mindestens jedoch
14,53 Euro täglich.
Das Bildungsteilzeitgeld beträgt heuer 0,78 Euro
täglich für jede volle Arbeitsstunde, um die die wö-
chentliche Normalarbeitszeit verringert wird.
Sonderzahlungen
Urlaubsanspruch, Sonderzahlungen usw. bestehen
nur anteilig. Die Zeit der Bildungskarenz zählt für
Ansprüche, die sich nach der Dauer des Arbeitsver-
hältnisses richten, nicht mit.
Keine.
zeit gegenüber der „traditio-
nellen“ Bildungskarenz: Sie ist
gerade für kleinere Einkom-
men finanziell attraktiver. Au-
ßerdem bleibt man in Kontakt
mit dem Betrieb. Für beide Va-
rianten gilt aber: Während des
Bezuges von Weiterbildungs-
bzw. Bildungsteilzeitgeld darf
kein Einkommen über der
Geringfügigkeitsgrenze von
415,76 Euro (im Jahr 2016)
erzielt werden. Sehr wohl
darf dieses aber auch beim
aktuellen Arbeitgeber verdient
werden.
Weiterbildung
inder Arbeitszeit
Bildungskarenz und -teil-
zeit
erfreuen sich immer
größerer Beliebtheit. Die AK
Steiermark zeigt Ihnen die
Rahmenbedingungen.
drubig-photo | Fotolia
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ZAK
ZAK
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