ZAK Sept. 2016_WEB - page 6-7

ARBEITSWELT
ARBEITSWELT
B
ares im Studentenjob oder
schnelles Geld als Selbst-
ständiger? Und das vom PC
von daheim aus? Hört sich im
erstenMoment nach Traumjob
an. Hundertausende arbeiten
bereits weltweit als Crowd-
workerInnen. Doch was ist
das genau?
Über Internetplat t formen
werden große Aufträge aus-
geschrieben, die in kleine
Einzelarbeiten zerlegt sind.
Die arbeiten dann Crowdwor-
kerInnen von daheim ab. Die
Entlohnung dafür kommt von
der Plattform, mit dem eigent-
lichen Auftraggeber kommt
man häufig nicht in Kontakt,
bzw. kennt man den Vertrags-
partner gar nicht.
Böser Wettbewerb
Beim Crowdworking-Wettber-
werb bekommt der Beste oder
schnellste den Auftragszu-
schlag. Aber viele beteiligen
sich und deren Arbeit bleibt
unbezahlt. Eine weitere Mög-
lichkeit ist die Bewertung für
bisherige Leistungen auf der
Plattform. Dadurch wird man
für verschiedene Aufträge von
der Plattform freigeschaltet.
In den USA gibt es bereits
Studien über Auswirkungen
von Crowdworking. Es sei
der „am wenigsten regulierte
Arbeitsmarkt aller Zeiten“
und es wird von „digitaler
Akkordarbeit“ gesprochen.
Die Entlohnung variiert und
ist unverhältnismäßig niedrig,
insbesondere da arbeitsrecht-
liche Schutzbestimmungen
meist nicht angewendet wer-
den können – wie z. B. Min-
destlohnvorschriften in Kol-
lektivverträgen. Mag. Verena
Stiboller vomAK-Arbeitsrecht
warnt: „Man sollte sich sehr
gut überlegen, ob man als
CrowdworkerIn arbeitet.“ Sie
empfiehlt die Geschäftsbe-
dingungen gut zu lesen und
zu hinterf ragen, mit wem
man den Vertrag abschließt.
Wenn man den Auftragspart-
ner nicht kennt, ist das meist
unseriös und man sollte lieber
die Finger davon lassen. „Bei
Schwierigkeiten ist es kaum
möglich, an sein Geld zu kom-
men“, so Stiboller.
Crowdworking ist ein neues Phänomen
in der Arbeitswelt.
Es winkt schnelles Geld und Unabhängigkeit. Die Realität ist
aber harter Konkurrenzkampf und nicht entlohnte Arbeits-
zeiten. Bei der „digitalen Akkordarbeit“ ist durch schlechte
Verträge und Intransparenz eine Gegenwehr schwer.
Wenn jemand
aus einer ge-
förderten Wohnung auszieht,
muss die Wohnbeihilfenstelle
innerhalb eines Monats in-
formiert werden. Wenn der
Hauptmieter bleibt, gibt es
weiterhin Wohnbeihilfe.
U
nter gewissen Bedingun-
gen (Haushaltseinkom-
men, Wohnungsgröße und bei
ungeförderten Wohnungen
die Hauptmietzins-Höhe) gibt
es für ein Jahr Wohnbeihilfe.
Dazu müssen alle Personen
imHaushalt dort ihren Haupt-
wohnsitz haben. Oft kommt es
vor, dass innerhalb dieses Jah-
res jemand auszieht, aber dort
noch den Nebenwohnsitz hat.
Z. B. beginnt das Kind ein Stu-
dium und zieht aus. In diesem
Fall ist die Wohnbeihilfen-
stelle binnen eines Monats zu
informieren. Danach sollte die
Wohnbeihilfe entsprechend
den verbleibenden Personen
mit Hauptwohnsitz korrigiert
werden.
Unrechte
Rückforderung
der Wohnbeihilfe
Fotos: Carole Reckinger
Moderne Sklaverei
mitten in Europa
I
m Rahmen einer dreijähri-
gen Forschungsarbeit haben
sich die EthnologInnen Dr.
Diana Reiners und Univ.-Prof.
Dr. Gilles Reckinger sowie die
Fotografin Carole Reckinger
auf die Spuren jener Flücht-
linge begeben, die zuerst auf
der „Flücht l ingsinsel“
Lampedusa und später
auf den Orangenplantagen
Kalabriens landen. Seine
Erfahrungen schildert Gil-
les Reckinger, Professor für
Interkulturelle Kommunika-
tions- und Risikoforschung an
der Universität Innsbruck, im
Interviewmit ZAK-Redakteur
Berndt Heidorn.
Wie kommt es, dass Flücht-
linge bei der Erntehilfe ein-
gesetzt werden?
Reckinger:
Der Aufenthalt auf
Lampedusa ist auf 72 Stun-
den begrenzt. Anschließend
werden die Flüchtlinge auf
Lager in Süditalien verteilt,
während des oft Jahre dau-
ernden Verfahrens aus den
Lagern verwiesen und sich
selbst überlassen. Illegale
Arbeit ist für die meisten die
einzige Möglichkeit, Geld zu
verdienen. Egal, ob sie auf
den Ausgang ihres Verfah-
rens warten oder ein auf ein
Jahr begrenztes humanitäres
Bleiberecht haben. Eine große
Gruppe bilden auch abgewie-
sene Flüchtlinge, die zwar
einen Ausweisungsbescheid
haben, aber kei-
ne Papiere, so-
dass sie gar nicht weg können.
Mit welchem Einkommen
können die Flüchtlinge aus
dieser illegalen Arbeit rech-
nen?
Reckinger:
Da kann man nur
von Hungerlöhnen reden.
An „guten Tagen“ kann ein
Flüchtling für 12 bis 14 Stun-
den Arbeit 25 Euro verdienen.
Davon werden ihm aber noch
5 Euro dafür abgezogen,
dass er in einen Transporter
gepfercht zur Plantage ge-
bracht wird. Das größte
Handicap ist aber die
Konkurrenz unterein-
ander. Denn zu den ge-
nannten Gruppen kom-
men auch anerkannte
Flüchtlinge und Erntearbeiter
aus ärmeren EU-Ländern wie
Bulgarien und Rumänien, die
auf solche Jobs angewiesen
sind. Das führt dazu, dass ein
Flüchtling oft tagelang gar
keine Arbeit hat – und daher
auch kein Einkommen. Sie
können davon ausgehen, dass
ein Flüchtling an maximal 5
bis 10 Tagen pro Monat Arbeit
findet.
Wie muss man sich die Le-
bensbedingungen der Ernte-
helfer vorstellen?
Reckinger:
In der Erntesaison
hausen gut 2.000 Menschen
unter ärmlichsten Verhält-
nissen in einer Zeltstadt oder
auch in slumartigen Siedlun-
gen aus Pappkartons. Die hy-
gienischen Bedingungen sind
dementsprechend katastro-
phal. Interessant ist, wie sich
die „Bewohner“ organisieren.
Es herrscht ein hoher Grad an
Solidarität. Jeder bringt ein,
was er hat und was er kann.
Nach dem Motto: Bezahl so
viel, wie du kannst.
Wer profitier t eigent lich
von dieser Ausbeutung der
Flüchtlinge?
Reckinger:
Die Bauern noch
am wenigsten. Transporteu-
re, Zwischenhandel und der
Handel profitieren ammeisten.
Nicht zu vergessen, natürlich
auch die KonsumentInnen in
Form von billigen Orangen.
Das ist auch das Ziel unserer
Forschungsarbeit: Bewusst
zu machen, welcher Preis
andernorts für billige Lebens-
mittel bezahlt werden muss.
Dafür haben wir auch die
Foto-Wanderausstellung „Bit-
ter Oranges“ konzipiert, die
schon an verschiedenen Orten
Europas und Kanadas gezeigt
wurde. Informationen gibt es
auf unserer Website www.
bitter-oranges.com.
Im süditalienischen
Kalabrien
kommen Flücht-
linge als Erntehelfer zum
Einsatz: zu Hungerlöhnen,
unter katastrophalen
Lebensbedingungen und
ohne Rechte.
Crowdworking –
die
Grauzone der Arbeitswelt
vege | Fotolia
Nicht selten fordert die Behör-
de in diesen Fällen die bereits
ausgezahlte Wohnbeihilfe zu-
rück. Das Bezirksgericht Graz
hat jüngst entschieden, dass
in diesem Fall die Wohnbei-
hilfe nicht entzogen werden
darf. Der Anspruch bleibt für
sämtliche Personen, die dort
ihren Hauptwohnsitz haben,
aufrecht.
Robert Kneschke | Fotolia
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