ZAK_Mai_2018_WEB_neu - page 14-15

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ARBEITSRECHT
ARBEITSRECHT
Bei Jobs
neben dem Studi-
um ist Vorsicht geboten. Der
AK-Jurist Thorsten Bauer be-
rät an der KF-Uni und der TU.
D
u hast einen Job im Gast-
gewerbe und willst ihn
wegen eines besseren Angebots
im Verkauf beenden? Dann be-
rät dich Arbeitsjurist Thorsten
Bauer: Kündigungsfristen, Aus-
zahlung von Mehrstunden, Ur-
laubs- undWeihnachtsgeld etc.
Außerdem prüft er gern deinen
neuen Arbeitsvertrag und klärt,
ob es Vordienstzeiten gibt, die
anzurechnen sind. Da kann
es schon um ein paar hundert
Euro mehr im Jahr gehen.
Ist der neue Vertrag o.k.?
Wenn dir ein freier Dienstver-
trag angeboten wird, warnt
Bauer: „Bei diesen Verträgen
hat man zwar oft freie Zeitein-
teilung. Es gibt aber keinerlei
arbeitsrechtlichen Schutz,
wie bezahlten Krankenstand
oder bezahlten Urlaub.“ Und
es gibt auch keinen Kollektiv-
vertrag. Falls es Fragen oder
Unklarheiten gibt, einfach in
die Uni-Beratung kommen.
Beratung an KF-Uni und TU
An der KF-Uni wird in der
ÖH von 11 bis 12 Uhr bera-
ten. Nächster Termin ist der
12. Juni, dann geht es nach
den Sommerferien weiter: 9.
Oktober, 13. November, 11. De-
zember. Und an die TU kommt
der Jurist immer von 10 bis 11
Uhr, am 6. Juni vor den Ferien.
Danach am 5. September, 3.
Oktober, 7. November und 5.
Dezember.
BB
Uni &
Job
Ein Arbeitgeber
wollte sei-
nen Mitarbeiter loswerden
und ließ ihn das richtig spü-
ren: Die Entlassung kam per
SMS und ab diesem Zeitpunkt
gab es für den begünstigt Be-
hinderten kein Gehalt mehr.
S
echs Jahre war der techni-
sche Angestellte (54) im
Unternehmen beschäftigt, als
er aus heiterem Himmel eine
SMS bekam, in der ihm sein
Chef die Entlassung mitteilte.
Abgesehen davon, dass dieses
Vorgehen von wenig sozialer
Kompetenz zeugt, gehörte der
54-Jährige seit drei Jahren dem
Kreis der begünstigt Behinder-
ten an. In diesem Fall muss
bei einer beabsichtigten Kün-
digung zuvor vom Dienstgeber
ein Antrag beim Sozialministe-
riumservice auf Zustimmung
zur Kündigung dieses Arbeit-
nehmers gestellt werden. „Das
wollte sich der Dienstgeber an-
scheinend ersparen“, sagt AK-
Entlassung nicht rechtens:
100.000 Euro für Techniker
Arbeitsrechtsexpertin Martina
Schöngrundner: „Wir haben die
Entlassung bekämpft, zumal
diese auch völlig ungerecht-
fertigt erfolgte.“ Das Gericht
gab der AK recht, das Dienst-
verhältnis wurde als nach wie
vor aufrecht anerkannt.
Kein Gehalt mehr
Der Dienstgeber zeigte sich
davon aber unbeeindruckt
und zahlte dem Steirer ab dem
Ausspruch der Entlassung
keinerlei Entgelte mehr aus.
Gleichzeitig stellte er den für
eine Kündigung des Dienstver-
hältnisses notwendigen Antrag
auf Zustimmung zur beabsich-
tigten Kündigung.
Große Abneigung
Die AK schritt wieder ein: Ein-
mal, um die bereits ausstehen-
den und noch offenen Entgelte
einzuklagen, und einmal, um
die Interessen des Arbeitneh-
mers im Kündigungsverfahren
beim Sozialministeriumser-
vice zu vertreten – beides mit
Erfolg.
Hintergrund dieser gesamten
arbeitsrechtlichen Angelegen-
heit war eine „persönliche Ab-
neigung“ des Geschäftsführers
gegenüber dem 54-Jährigen.
„Er wollte diesen einfach so
schnell wie möglich loswerden
und versuchte dies mit allen
denkbaren Mitteln“, schildert
Schöngrundner.
100.000 Euro
In Summe konnte für den
Angestellten insgesamt ein
Betrag in Höhe von 100.000
Euro netto an offenen Ent-
geltansprüchen und einem
zusätzlichen Vergleichsbetrag
für seine Zustimmung zur ein-
vernehmlichen Auflösung des
Dienstverhältnisses erstritten
werden. Der Arbeitnehmer hat-
te erkannt, wie zerrüttet inzwi-
schen das Verhältnis zwischen
ihm und dem Geschäftsführer
war.
JF
In einer SMS wurde
dem Angestellten
seine Entlassung
mitgeteilt – nur
eine der Schikanen.
Großer Schritt
zur Gleichstellung
Bei der im Vorjahr
be-
schlossenen Gleichstellung
von Arbeiterinnen und Arbei-
tern mit Angestellten geht es
im Juli einen großen Schritt
weiter.
F
ür die Entgeltfortzahlung
bei Krankheit und Unfall
gilt für ab Juli 2018 beginnende
Arbeitsjahre (Eintrittsdatum)
für beide Beschäftigungsgrup-
pen das System der Arbeiterin-
nen und Arbeiter. Das heißt: Im
Krankheitsfall gibt es künftig
auch für Angestellte einen
vollen Anspruch auf Entgelt-
fortzahlung pro Arbeitsjahr
(beginnend mit sechs Wochen,
gestaffelt nach der Dauer des
Dienstverhältnisses) und da-
nach noch vier Wochen An-
spruch auf halbe Fortzahlung.
Bei neuerlicher Erkrankung
besteht ein Anspruch nur im
Ausmaß des noch nicht ver-
brauchten Entgeltfortzahlungs-
zeitraumes.
Bereits nach einem vollen
Arbeitsjahr erhöht sich ab
Juli für alle Beschäftigten der
Anspruch auf volle Entgelt-
fortzahlung von sechs auf acht
Wochen. Darüber hinaus hat
man, wie bisher auch, einen
Anspruch auf halbe Entgelt-
fortzahlung für weitere vier
Wochen.
Auch Angestellte haben nun-
mehr bei Krankenständen
aufgrund von Arbeitsunfällen
oder Berufskrankheiten einen
von der Entgeltfortzahlung bei
Krankheit und Unfall unab-
hängigen Anspruch von acht
Wochen bzw. nach 15-jähriger
Dauer des Dienstverhältnisses
von zehn Wochen.
Einvernehmliche Auflösung
Für alle Beschäftigten neu ist
ab Juli, dass auch bei einer ein-
vernehmlichen Auflösung des
Dienstverhältnisses während
eines Krankenstandes die Ver-
pflichtung zur Entgeltfortzah-
lung aufrecht bleibt. Diese Ver-
pflichtung dauert bis zumEnde
des Krankenstandes oder der
Ausschöpfung des Anspruchs
auf Entgeltfortzahlung.
Dienstverhinderungen
Hochzeit, Umzug, Behörden-
gänge, ein Todesfall in der
Familie, ein unaufschiebbarer
Arzttermin während der Ar-
beitszeit, Zeugenaussagen vor
Gericht … Wenn Angestellte
wegen wichtiger persönli-
cher Gründe für kurze Zeit
und ohne Verschulden nicht
zur Arbeit kommen konnten,
bekamen sie schon bisher in
der Regel ihr Entgelt weiterbe-
zahlt, bis zu einer Woche pro
Anlassfall.
Ab Juli ist diese Regelung auch
für Arbeiterinnen und Arbeiter
zwingend, Kollektivverträge
können daher nur günstigere
Regelungen treffen.
Die Angleichung der Kündi-
gungsfristen von Arbeiterinnen
und Arbeitern an die bessere
Regelung bei den Angestellten
ist für 2021 vorgesehen.
SH
Eine Grazerin
wurde nach
der Zahl der gereinigten Ho-
telzimmer bezahlt und blieb
damit weit unter dem KV-
Lohn. Die Frau bekam 6.500
Euro nachgezahlt.
E
in renommiertes Grazer
Hotel hat die Reinigung
seiner Zimmer an eine Fremd-
firma vergeben. Eine derartige
Auslagerung von Arbeiten ist
üblich, weil es Kosten spart.
Dass aber andere für diesen
Kostenvorteil zahlen müssen,
zeigt der Fall einer Grazer
Reinigungskraft. Die Vollzeit
beschäftigte Frau hat für die
Reinigung der Hotelzimmer
Monat für Monat deutlich
weniger bekommen, als der
Kollektivvertrag vorschreibt.
Dem Reinigungsunternehmen
dürfte das bewusst gewesen
sein. „Auf unser Schreiben
Schmutzige Praktik
in Reinigungsfirma
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hin wurde die Differenz zum
Kollektivvertragslohn sofort
überwiesen“, berichtet Bernd
Reisner. Der Jurist hatte sich
die Abrechnung der Reini-
gungskraft angeschaut und
sofort gesehen, dass da etwas
nicht stimmt. Es stellte sich
heraus, dass der laufende Lohn
nach der Anzahl der gereinig-
ten Hotelzimmer bezahlt wur-
de. War das Hotel gut gebucht,
gab es mehr Geld, waren weni-
ger Gäste da, fiel auch der Lohn
geringer aus. Reisner: „Aber
auch in guten Monaten war es
weniger als der KV-Lohn.“
Verfallsfrist
Die Verfallsfristen zur Gel-
tendmachung von Entgeltan-
sprüchen dauern je nach Kol-
lektivvertrag zwischen drei
Monaten und drei Jahren. Im
Reinigungsgewerbe ist die
Frist ein Jahr, und so konnten
der Grazerin, die knapp zwei
Jahre bei der Firma beschäftigt
gewesen war, immerhin noch
6.500 Euro gesichert werden.
SH
Die Zimmerreinigung wurde von einem Hotel ausgelagert – bezahlen musste dafür das Reinigungspersonal.
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Graf | AK
1,2-3,4-5,6-7,8-9,10-11,12-13 16-17,18-19,20-21,22-23,24-25,26-27,28
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