ZAK Mai 2015_ES - page 5

RECHT
Pflegefreistellung
bis zu zwei Wochen
D
i e d r e i j ä h r i ge An n a
schreit und hat Fieber
– der Kindergarten muss aus-
fallen. Aber wer passt auf die
Kleine auf? Der Vater ist schon
frühmorgens zur Arbeit und
auch Mutter Helga C. sollte zu
ihrer Firma aufbrechen. „Für
diese Fälle gibt es die Pflege-
freistellung“, weiß AK-Rechts-
experte Mag. Stefan Schmel-
zer. „Alle Beschäftigten haben
Anspruch drauf, im Ernstfall
ihre Kinder oder nahe Ange-
hörige zu betreuen. Es genügt
eine umgehende Mitteilung an
den Arbeitgeber.“
Gerne genutzt
Diese Regelung wird gerne
genutzt, ergab eine Studie
Wenn das Kind krank
wurde oder nahe Angehörige ge-
pflegt werden müssen, gibt es bis zu zwei Wochen bezahl-
te Pflegefreistellung. Der Chef muss nicht zustimmen.
Zwei Wochen Pflegefreistellung pro Jahr für Kinder bis zum 12. Lebensjahr.
(Fotolia/Kaspars Grinvalds)
ZAK
nfo
Pflegefreistellung
Pro Arbeitsjahr steht eine
Woche (wöchentliche Ar-
beitszeit) bezahlte Pflege-
freistellung zu,
um nahe Angehörige, die
im selben Haushalt woh-
nen, zu pflegen. Handelt
es sich um das leibliche
Kind, ist ein gemeinsamer
Haushalt nicht notwendig;
wenn die Betreuungs-
person eines gesunden
Kindes aus schwerwiegen-
den Gründen verhindert
ist. Das eigene Kind muss
nicht im Haushalt woh-
nen, wohl aber Kinder von
Ehepartnern, eingetrage-
nen Partnern und Lebens-
gefährten;
wenn die Begleitung ei-
nes erkrankten Kindes (bis
zum 10. Geburtstag) bei ei-
nem Krankenhausaufent-
halt notwendig ist (Wohn-
situation wie oben).
Zweite Woche
Anspruch auf eine zweite
Woche Pflegefreistellung
besteht, wenn das eigene
Kind (bis zum 12. Geburts-
tag) oder das im selben
Haushalt wohnende Kind
des Partners/der Partnerin
neuerlich erkrankt.
Bestätigung
Der Arbeitgeber muss so
rasch wie möglich infor-
miert werden. Auch eine
stundenweise Inanspruch-
nahme ist möglich. Die
Pflegefreistellung gilt auch
für geringfügig Beschäf-
tigte. Der Dienstgeber darf
eine ärztliche Bestätigung
über den Pflegebedarf ver-
langen, muss aber für das
Attest die Kosten tragen.
Sollte der Anspruch auf
Pflegefreistellung bereits
ausgeschöpft sein, darf ei-
genmächtig, also ohne Zu-
stimmung des Chefs, rest-
licher Urlaub angetreten
werden (gilt für Kinder bis
zum 12. Geburtstag).
im Auftrag der Wiener Ar-
beiterkammer: Innerhalb der
vergangenen zwölf Monate
nahm ein Drittel der befragten
Beschäftigten, die Kinder ha-
ben, Pflegefreistellung. Dabei
gibt es je nach Familien- und
Arbeitssituation sowie dem
Geschlecht große Unterschie-
de. Oft in Pflegefreistellung
gehen Alleinerziehende, Be-
schäftigte in Großbetrieben
und weibliche Vollzeitkräfte,
seltener hingegen Beschäftigte
in Kleinbetrieben, Teilzeitbe-
schäftigte mit weniger als 20
Stunden pro Woche und Män-
ner – egal ob mit Teil- oder
Vollzeitbeschäftigung. Mehr
als die Hälfte der Freistel-
lungen dauerten ein bis drei
Tage. Da die Ausschöpfung
des Anspruchs von bis zu zwei
Wochen nur selten notwendig
war, zeigte sich die große
Mehrheit der Betroffenen mit
der gesetzlichen Regelung sehr
zufrieden. Bei 90 Prozent der
Befragten gab es innerbetrieb-
lich keine Probleme, bei zehn
Prozent nervten schiefe Blicke
oder der Arbeitgeber „verbot“
die Freistellung.
Rechtsanspruch
„Ein Verbot ist natürlich nicht
möglich, da ein gesetzlicher
Anspruch besteht“, klärt Jurist
Schmelzer auf. Sollte jemand
aufgrund einer Pf legef rei-
stellung gekündigt oder gar
f ristlos entlassen werden,
sollte wegenmanchmal kurzer
Einspruchsfristen umgehend
die AK-Beratung kontaktiert
werden.
St. H.
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