ZAK_Juli 2015_ES_screen - page 4

Ein Gas- und Wasserinstallateur
bekam 12.000 Euro
gezahlt, weil die fristlose Entlassung ungerechtfertigt war.
Wichtig in solchen Fällen ist rasches Reagieren.
RECHT
A
ls Lehrling hatte Klaus B.
(Name geändert) seinen
Beruf als Gas- und Wasser-
installateur vier Jahre lang
gelernt. Er blieb seinem Lehr-
betrieb im Bezirk Graz-Um-
gebung auch als Facharbeiter
t reu. Insgesamt war er 17
Jahre durchgehend in dem
Unternehmen beschäftigt, das
einmal einen Besitzerwechsel
hatte. Als er am ersten Tag
nach seinem Sommerurlaub
am Arbeitsplatz erschien,
wurde er mit einer fristlosen
Entlassung wieder nach Hause
geschickt. Warum die Entlas-
sung erfolgte, konnte Klaus B.
nicht nachvollziehen.
„Der Mann hat es richtig ge-
macht und sich sofort an uns
gewandt“, sagt AK-Rechtsex-
perte Mag. Stefan Schmelzer,
denn die Fristen nach einer
Entlassung sind kurz. Die
AK intervenierte gegen die
12.000 Euro
nach „Fristloser“
Entlassung, da aber keine Ei-
nigung mit demUnternehmen
erzielt werden konnte, wurde
eine Klage beimArbeitsgericht
auf Kündigungsentschädi-
gung und Abfertigung in der
Gesamthöhe von 17.000 Euro
eingebracht. „Am Ende der
ersten Verhandlung war er-
sichtlich, dass die Chancen
für den Mann recht gut wa-
ren“, urteilt Schmelzer. „Unter
Abwägung des noch vorhan-
denen Prozessrisikos und um
weiteren Gerichtsterminen
zu entgehen, wurde mit dem
Unternehmen noch während
der Gerichtsverhandlung ein
Vergleich in der Höhe von
12.000 Euro abgeschlossen.“
Zwei Wochen später hatte der
Gas- und Wasserinstallateur
das Geld am Konto und die
belastende Geschichte war für
ihn erledigt.
Wichtige Gründe
Der Jurist weist darauf hin,
dass für eine Entlassung wich-
tige Gründe vorliegen müssen.
Häufig vorkommen würden
Pfuscharbeiten während eines
Krankenstandes, Diebstahl
oder Veruntreuung von Geld
oder Waren, falsch abgerech-
nete Reisespesen oder unrich-
tige Arbeitsaufzeichnungen.
„Nicht selten sind aber Entlas-
sungsgründe nur konstruiert,
um den Beschäftigten kosten-
günstig loszuwerden“, weiß
Schmelzer. Vor allem Dienst-
verhältnisse, die bereits vor
2003 begonnen wurden und
für die daher bei einer nor-
malen Arbeitgeberkündigung
hohe Abfertigungen von den
Unternehmen bezahlt werden
müssen (Abfertigung alt), sind
oft von ungerechtfertigten
Entlassungen betroffen.
Stephan Hilbert
(Un)berechtigt
Bei einer berechtigten Ent-
lassung drohen Verlust der
Sonderzahlungen und Abfer-
tigung nach altem Abferti-
gungsrecht sowie Schadener-
satzansprüche. Der Anspruch
auf Arbeitslosengeld ist für die
Dauer von 28 Tagen gesperrt.
ArbeitnehmerInnen haben
bei einer ungerechtfertigten
Entlassung alle Ansprüche wie
bei einer termingerechten Ar-
beitgeberkündigung: Entgelt
für die fiktive Kündigungsfrist
(z. B. Lohn/Gehalt, Zulagen),
anteilige
Sonderzahlungen
(Urlaubs- und Weihnachts-
geld) und Urlaubstage, die
während der fiktiven Kündi-
gungsfrist entstanden wären.
ZAK
nfo
Vertragsklausel
als Karrierefalle
Bereits das 24-Fache
vom Monatsgehalt wird als Konventio-
nalstrafe bei Karriereklauseln in Verträge geschrieben. Warum
das nicht zulässig ist und was man tun kann.
S
ogar schon 60.000 Euro
Strafe für einen Verstoß
gegen eine Daten- und Ge-
heimhaltungsvereinbarung
hat AK-Expertin Elisabeth
Gschiel in einem Vertrag als
Konkurrenzklausel gesehen.
In den vergangenen zwei Jah-
ren seien die Beträge auffällig
gestiegen, erzählt die Exper-
tin. „Man möchte damit die
Beschäftigten einschüchtern
und mehr wirtschaftlichen
Druck ausüben.“ Neuerdings
finden sich auch bei Arbeitern
die Klauseln in den Verträgen.
So können Sie sich wehren
Doch ganz so einfach kann es
sich der Arbeitgeber nicht ma-
chen. Er kann zwar versuchen,
den Arbeitnehmer oder die
Arbeitnehmerin einzuschüch-
tern, aber es gibt Möglichkei-
ten, sich zu wehren.
Sogenannte Konventional-
st rafen unterliegen einem
Mäßigungsrecht. Das heißt,
es dürfen keine utopischen
Summen angenommen wer-
den, sondern ein Richter be-
urteilt die wirtschaftlichen
und sozialen Verhältnisse
des Arbeitnehmers oder der
Arbeitnehmerin bei einer
Übertretung der Klausel. Es
wird so das Ausmaß des Ver-
stoßes berechnet, denn die
Konkurrenzklausel darf nicht
am beruflichen Fortkommen
hindern. Es werden auch
Unterhaltspflichten, Miete,
Schulden etc. berücksichtigt.
Das sollten Sie beachten
Besonders im Metallbereich
und in Handelsunternehmen
(Außendienstmitarbeiter) sind
Konkurrenzklauseln üblich.
Meist ist die Strafe mit zwei
Monatsgehältern festgelegt.
Damit soll die Geheimhaltung
von speziellen Produkten und
Fähigkeiten nach einem Aus-
scheiden aus der Firma sicher-
gestellt werden. Auch das Mit-
nehmen von Kunden könnte
so unterbunden werden. Falls
Sie eine Konkurrenzklausel in
Ihrem Vertrag haben und sich
unsicher sind, wenden Sie
sich an die AK-ExpertInnen.
Sie schauen sich den Vertrag
gemeinsam mit Ihnen an:
arbeitsrecht
@
akstmk.at
Barbara Schön
Konkurrenzklauseln binden Beschäftigte bis zu einem Jahr nach der
Beendigung des Arbeitsverhältnisses. (
Andrey Popov – Fotolia)
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