ZAK_4_Juli_2017_WEB - page 12-13

FAMI L IE
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Kinderbetreuung:
Balanceakt für Eltern
In Teilen der Steiermark
gibt es nach wie vor kaum
Kinderbetreuungsplätze –
das zeigt der „4. AK-Kinder-
betreuungsatlas“ auf.
V
on 287 steirischen Ge-
meinden erfüllen 113 die
Kriterien für die „Katego-
rie A“: „Dafür müssen eine
Betreuungseinrichtung für
Kinder unter drei Jahren, ein
Ganztageskindergarten und
eine Nachmittagsbetreuung
für Volksschüler vorhanden
sein“, erläutert Bernadette
Pöcheim, Leiterin des AK-
Frauenreferats.
Ganztageskindergärten rar
Spärlicher gesät sind jene Ge-
meinden, die den zusätzlichen
Kriterien des „Vereinbarkeits-
indikators für Familie und
Beruf“ (VIF) gerecht werden.
„Nur“ 60 Gemeinden bieten
Betreuungsmöglichkeiten für
Kinder von 0 bis zehn Jahren
mit Öffnungszeiten an, die
beiden Elternteilen eine Voll-
zeitbeschäftigung ermöglicht.
In 86 Gemeinden besteht nur
die Möglichkeit, die Kinder in
einem Halbtageskindergarten
betreuen zu lassen. „Die Ver-
einbarkeit von Beruf und Fa-
milie ist hier schwer möglich“,
so Pöcheim. 39 Gemeinden
bieten überhaupt kein Angebot
für Kinder unter drei Jahren.
Wohin
mit den Kindern in
den Ferien? Die AK-Marktfor-
schung hat sich auf die Suche
nach besonderen Kinderferi-
enprogrammen gemacht.
„Wir möchten mit dieser Erhe-
bung Eltern einen leichteren
Überblick über die Vielfältig-
keit der Kinderferienprogram-
me geben“, erklärt Susanne
Bauer, Leiterin der AK-Markt-
forschung. Bei 39 Anbietern
wurden ohne Anspruch auf
Vollständigkeit 138 Angebote
gefunden. Bei den Angeboten
wurden unter anderem die
Art, die Kosten und der Zeit-
raum erhoben:
Luxus pur:
Angebote vielfältig,
aber unübersichtlich
Die Ferienbetreuung
der
Kinder wird nicht nur für die
Geldbörse, sondern zuneh-
mend auch für die eigene
Lebensqualität zur Belas-
tung.
F
ast 90 Prozent aller Eltern
benötigen Ferienbetreu-
ung für ihre Kinder, mehr
als 70 Prozent müssen dafür
zahlen. Dies zeigt die Studie
„Ferienbetreuung steirischer
Kinder“ auf, für die im Auf-
trag der AK Steiermark 337
Eltern von Kindern im Alter
bis 14 Jahren befragt wur-
den.
Die durchschnittlichen Ge-
samtkosten für die Ferienbe-
treuung im Sommer 2016 la-
gen bei 1.019 Euro je Haushalt
(durchschnittlich 1,7 Kinder
pro befragtem Haushalt). Da-
runter fallen Fahrtkosten,
Betreuungsleistungen, Ferien-
camps oder Verpflegung.
Wunsch nach kürzeren Ferien
57 Prozent der Eltern gaben an,
dass die Kosten das Haushalts-
budget belasten. 62 Prozent
erhalten finanzielle Unterstüt-
zung, allerdings fühlt sich die
Hälfte nicht ausreichend über
Förderungen informiert. Die
eigene Lebensqualität sehen
fast 50 Prozent aufgrund des
Betreuungsbedarfs schwinden.
48 Prozent wünschen sich
kürzere Sommerferien.
Zeitmanagement gefragt
„Da 81 Prozent der Haupt-
bet reuenden voll, teilzeit
oder geringfügig beschäftigt
sind, stellt dies die Familien
beim Zeitmanagement vor
eine große Herausforderung“,
so Studienautorin und bmm-
Geschäftsführerin Claudia
Brandstätter. 16 Prozent der
hauptbetreuenden Elternteile
sind Alleinerzieher.
Schulen öffnen
AK-Präsident Josef Pesserl
fordert, die Schulen während
der Sommerferien zu öffnen:
„Man könnte eine Art ‚locke-
ren‘ Betrieb mit Lehrern, aber
vor allem Freizeitpädagogen
und Studenten machen. Neben
Sport- und Kulturangeboten
könnten Nachhilfe und För-
derkurse stattfinden.“ Gerade
Kinder aus sozial schwächeren
Familien würden, im Sinne der
Chancengerechtigkeit, von dem
kostenlosen Nachhilfeangebot
profitieren. Ebenso müssen
weitere leistbare Angebote wie
Sprach- oder Sportwochen ge-
schaffen bzw. für das bestehen-
de Angebot Förderungsmög-
lichkeiten eingeführt werden.
JF
pro Kind
• Bunter Inhalt:
Sport, Spiel
und Action, Natur, Kreatives,
Lernhilfen, gesunde Ernäh-
rung
• unterschiedlichste Dauer:
Vormit tagsprog ramm ( bis
maximal 13 Uhr) bis hin zu
dreiwöchigem Feriencamp
• unterschiedlichste Preise:
Angebote mit Übernachtung
reichen von einem viertä-
gigen Fußballcamp um 144
Euro (JUFA), bis hin zu ei-
nem zehntägigen Auslands-
Sprachen-Camp um 943 Euro
(Kinderfreunde). Halb-/Tages-
angebote beginnen bei 50 Euro
(Kreativwerkstatt Gleisdorf)
bin hin zum siebentägigen
Kanucamp für 295 Euro (Sport
und Abenteuer Team Graz).
Vereinzelt finden sich kosten-
lose Angebote (Bibongo).
• Vielfältige Leistungspakete:
mit und ohne Verpflegung,
Transfer und Materialkos-
ten.
Eine Plattform
AK-Präsident Josef Pesserl
sieht einen Verbesserungsbe-
darf in der Aufbereitung der
Angebote: „Ein Zusammen-
führen der vielen unterschied-
lichen Informationen auf einer
Plattform ist notwendig. Die
Suche nach dempassenden Fe-
rienprogramm muss erleich-
tert werden.“ Land und Ge-
meinden fördern diverse Pro-
gramme unterschiedlich. Für
Eltern würde ein gleichzeiti-
ges Anbieten dieser Informa-
tion einen enormen Mehrwert
bedeuten.
JF
Die Studie ist zu finden unter:
Schwierigkeiten am Land
Vor allem in ländlichen Re-
gionen gibt es teilweise nicht
einmal genügend Tagesmütter
oder -väter. Die arbeitsrecht-
liche Karenz geht meistens
bis zum zweiten Geburtstag
des Kindes. „Diese Frauen
lösen dann das Dienstverhält-
nis auf“, so Pöcheim. „Keine
Kinderbetreuung“ sei oft mit
„kein Job“ gleichzusetzen.
Positive Strukturänderung
Die stärkste Veränderung der
Kinderbetreuungslandschaft
brachte die Gemeindestruk-
turreform. Dadurch gibt es
keine Gemeinde mehr ohne
Betreuung für Kinder zwi-
schen drei und sechs Jahren:
Steiermarkweit haben 363 Ein-
richtungen ganztags geöffnet.
Berufstätige berücksichtigen
Die Fortschritte sind für AK-
Präsident Josef Pesserl erfreu-
lich, wenngleich „Luft nach
oben“ besteht: „Echte Wahl-
freiheit für Eltern gibt es erst
bei einem flächendeckenden
Angebot an Betreuungsein-
richtungen für Kinder jeden
Alters.“ Dies gelte selbstver-
ständlich auch für die Ferien.
VomBund fordert er, dass „die
Gemeinden bei der Finanzie-
rung der Kinderbetreuung
stärker unterstützt werden“.
JF
AK-Präsident Josef
Pesserl mit Leo und
Philipp (l.)
Graf | AK
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Ferienbetreuung
Kosten von
599 Euro
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