20171107_ZAK-Neu - page 8-9

REPORTAGE
REPORTAGE
Wenn der Fensterstock
und der Flügel zusammenge-
führt werden, heißt es in der
Fachsprache die Teile werden
zum Fenster verheiratet. So
gesehen müssten bei Gaul-
hofer in Übelbach ständig
Hochzeitsglocken läuten.
E
s ist ein schönes Bild, das
Franz Endthaller einem
bei der Führung durch die
Fensterproduktion imWerk in
Übelbach in den Kopf pflanzt.
Von der einen Seite kommt
der Fensterstock, von der an-
deren die Fensterflügel. „Und
der Jürgen hier verheiratet
die Teile und macht sie zum
Fenster“, sagt der Betriebsrats-
vorsitzende.
Langer Weg
Bis es so weit ist, war ein langer
Weg zurückzulegen. Nach der
Anlieferung des Holzes muss
es zum Teil noch getrocknet
werden. Es wird zu dünnen
Lamellen geschnitten und
zu Kanthölzern geleimt, aus
denen dann die Fenster gebaut
werden. Die Lamellen werden
genau auf Asteinschlüsse ge-
Alle Fotos: Graf | AK
Der Betr ebsrat
DI (FH) Gerald Lep, Leitung
Produktion und Technik
Gaulhofer beschäftigt 320 Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeiter,
davon 230 am Standort Übel-
bach. Die wirtschaftlichen Pro-
bleme der letzten Jahre haben
rund 100 Arbeitsplätze gekos-
tet. 20 Lehrlinge sind der fachli-
che Nachwuchs.
Die Arbeit als Betriebsrat, so
Endthaller, gehe nur gemein-
sam mit der Geschäftsführung:
„Die Gesprächsbasis ist okay,
darauf aufbauend suchen wir
nach Kompromissen.”
Kompromisse
BRV-Arb. Franz Endthaller,
BRV-Ang. Christian Pirstinger
prüft. Weniger schöne Teile
werden herausgeschnitten
und wandern beim Leimen
unsichtbar ins Innere der
Kantl, wie es hier heißt.
Kantllager
Das geleimte Holz kommt ins
Kantllager. „Ab hier weiß man
genau, welches Holz zu wel-
chem Fenster wird.“ Fenster
werden grundsätzlich nur auf
Bestellung gebaut. Wöchent-
lich sind es etwa 2.000 Stück
in allen nur denkbaren Größen
und Formen. Endthaller: „Zu
Spitzenzeiten können es auch
um 500 Fenster pro Woche
mehr sein.“
Werkmeister
Das Holz wird millimeterge-
nau zugeschnitten und sach-
kundig zusammengebaut.
Mit Stolz erzählt der Betriebs-
ratsvorsitzende, dass er maß-
geblich mitverantwortlich
war, die Lehrlingsausbildung
voranzutreiben: „Heute bil-
den wir 20 Lehrlinge aus.
Inzwischen bestanden zwei
der ersten, die als Lehrlinge
angefangen haben, die Werk-
meisterprüfung.“
Scheiben
Nach der Oberflächenbehand-
lung – alles ohne chemische
Lösungsmittel – und der Mon-
tage der Beschläge geht es zur
Hochzeit der Teile. Das Fenster
ist aber noch lange nicht fertig.
Es folgen das Einsetzen der
Scheiben, das Abdichten mit
Silikon und weitere Schritte.
„Das händische Silikonieren
ist eines unserer Qualitäts-
merkmale“, sagt Endthaller:
„Kein Roboter bringt das in
dieser Form zusammen.“
Neue Angebote
An der Qualität der Fenster
liegt es nicht, dass Gaulhofer
seit Jahren mit wirtschaftli-
chen Schwierigkeiten kämpft.
Eine europäische Überpro-
duktion, verbundenmit Billig-
importen, setzte schon lange
zu, ehe die weltweite Wirt-
Die Gaulhofer Industrie-Holding
GmbH hat ihren Sitz in Übel-
bach, wo Holz- und Holz-Alu-
Fenster gefertigt werden. Die
Produktion der Kunststofffens-
ter ist in Mäder in Vorarlberg.
Nach vielen Jahren wirtschaft-
licher Probleme hofft man mit
einem neuen mittelpreisigen
Angebot Kunden zu gewinnen.
Produktionsleiter Lep sagt, er
setze mit dem Betriebsrat und
der Belegschaft auf ein gutes
Einvernehmen.
Neue Angebote
Die F rma
Zum
Fenster
verheiratet
Adolf Leitner und fertige Kantl
Kantllager: Johann Palzer
Lkw-Verladung (v. l.): Slavko Platz, Alfred Glettler, Peter Schlegel
Fensterbau: Robert Schaller
Aloisia Derler in der Produktion
Einbau der Gläser (v. l.): Johann Hahn, Helmut Rappold, Richard Pessler
Christian Fuchs
Dieter Zettl mit dem Rohholz
Produktentwickler Jörg Gruber
schaftskrise ab dem Jahr 2008
die Probleme verschärf te.
„Viele wollen ein echtes Gaul-
hofer-Fenster haben, können
aber nicht so viel bezahlen“,
sagt Betriebsleiter Gerald Lep,
„deshalb bauen wir eine mit-
telpreisige Angebotsschiene
auf, die unseren Qualitätsan-
sprüchen genügt“.
2019 jährt sich zum 100. Mal
die Gründung der Firma durch
Karl Gaulhofer. Endthaller:
„Darauf freuen wir uns schon,
das wird gefeiert.“
Er verheiratet
Stock und
Flügel: Jürgen
Herbst
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