ZAK September 2018_Ansicht - page 2-3

ZAK
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ARBEITSZEIT
ARBEITSZEIT
ZAK
nhalt
Das neue Arbeitszeitgesetz –
alles zum Thema
2–5
Firma zahlte keine Zuschläge:
AK erstritt 2.000 Euro
6
Verkäufer verlor fast
21.000 Euro Abfertigung 7
Betriebsreportage:
AUVA
8/9
Wie es mit der
AUVA weitergeht
10
Firma zockt mit PC-Kursen
Pensionisten ab
11
Kostenfalle
Smart Meter
12
Reisebeschwerden:
Flüge sind das Problem 13
Neue Tarife für
Mobile Dienste
14
Gesundheitsberuferegister:
Guter Service
15
Unnötiger Sager:
„Geh in Frühkarenz”
16
Maturaball: Stolpersteine
am Tanzparkett
17
Plan B fürs Studium 18
Eine Schule der Chancen 19
VHS: Start ins neue
Bildungsjahr
20
Eröffnung der AK-Außen-
stelle Südoststeiermark 21
Wie komme ich
zum Familienbonus?
22
Ernährungstipps:
Essen bei Rheuma
23
Allerlei: Leseecke, Willi Tell
und Haderers MOFF
24
Zeitreise: 70 Jahre
Jugend am Werk
25
Blitzlichter aus der
AK Steiermark
26/27
Überstunden und Gleitzeit
betreffen die meisten Anfra-
gen von Beschäftigten und
Betriebsräten seit Bekannt-
werden der Neuerungen zur
Arbeitszeit.
D
er Fall eines Wiener Han-
delsunternehmens sorgte
bereits Anfang August für
Wirbel: Die Firma legte ihren
150 Beschäftigten eine neue
Gleitzeitvereinbarung vor.
Demnach werden aus bishe-
rigen Überstunden normale
zuschlagsfreie Stunden, die
nur als Gleitzeit im Verhältnis
1:1 freigenommen werden kön-
nen. Da es keinen Betriebsrat
gibt, müssen alle Beschäftigten
einzeln zustimmen.
In der Vereinbarung heißt es
weiters: „Der Mitarbeiter kann
seinen Arbeitsbeginn und
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Arbeiterkammer
Steiermark
AK Steiermark
Arbeitsende innerhalb des de-
finierten Gleitzeitrahmens und
unter Berücksichtigung der
abteilungsinternen Gegeben-
heiten selbst bestimmen. […]
Diese Freiheit ist auch mit gro-
ßer Verantwortung verbunden:
Auf die betrieblichen Erforder-
nisse, wie z. B. Arbeitsanfall,
Terminvorgaben, Vorrang der
Betreuung von Geschäftspart-
nern und bestmögliche Erfül-
lung der Unternehmensziele
ist Rücksicht zu nehmen.“
Viele Anfragen
AK-Arbeitszeitexperte Karl
Schneeberger weiß von großen
Unsicherheiten bei einzel-
nen Mitgliedern, aber auch
Betriebsräten: „Die Anfragen
speziell zu Gleitzeit und zur
Abgeltung von Überstunden
haben stark zugenommen.“
JF
12 Stunden ohne
Zuschlag
Frau K. hat eine Gleitzeitver-
einbarung mit ihrem Arbeit-
geber, einem Einzelhändler,
nach dem neuen Gesetz abge-
schlossen: „Die tägliche Nor-
malarbeitszeit darf fünfmal die
Woche bis zu zwölf Stunden
betragen. Die wöchentliche
Arbeitszeit darf innerhalb
der Gleitzeitperiode die wö-
chentliche Normalarbeitszeit
im Durchschnitt nur insoweit
überschreiten, als Übertra-
gungsmöglichkeiten von Zeit-
guthaben vorgesehen sind.“
Bisher hatte das Unternehmen
ein Problem, die Öffnungszei-
ten abzudecken. Das 12-Stun-
den-Tags-Gesetz kommt da
gerade recht: Frau K. und ihre
Kolleginnen können jetzt vom
Chef angewiesen werden, so
zu gleiten, dass von 8 bis 20
Uhr geöffnet sein kann – ohne
Überstundenzuschläge.
Die Fakten
zum
12-Stunden-Arbeitstag
Das neue Arbeitszeitgesetz
bringt viele Änderungen für die Beschäftigten. Die ZAK bringt die
wichtigsten Regelungen auf den Punkt: Gleitzeit (siehe Seite 2), Ruhezeit in der Gastro, 12 Stunden
lang Nachtdienst, Zeitausgleich, Beschäftigte ohne jeden Schutz.
„Die Umsetzung des neuen Gesetzes war wirk-
lich schrecklich, da es ohne jegliche Abstimmung
durchgeboxt wurde. Zudem ist es äußerst pend-
lerunfreundlich, weil man dann überhaupt keine
Zeit mehr für Hobbys und Familie hat.“
Nicole Novak, 30, Juristin
„Ein 12-Stunden-Tag ist viel zu lang. Leider wird er
wohl auch bei uns im Betrieb kommen. Statt des
neuen Gesetzes sollte man die Arbeit lieber auf
mehrere Leute verteilen, da so auch die Arbeitslo-
sigkeit zurückgehen würde.“
Walter Keil, 50, Maschinenschlosser
„Ich bin mir sicher, dass im Falle einer wiederhol-
ten Ablehnung von Überstunden mit Kündigung
gedroht wird. Die Arbeitnehmer werden so zur
60-Stunden-Woche genötigt. Darüber hinaus bleibt
keine Zeit mehr für die Familie.“
Hans Rieder, 45, Altenpfleger
Mittleres Management:
Ich bin
Projektleiter, gilt das Gesetz
auch für mich?
Zwei Personengruppen haben
nun überhaupt keinen Schutz
mehr bei Arbeits- und Ruhezei-
ten: die dritte Führungsebene
und nahe Familienangehörige
von Unternehmerinnen und
Unternehmern.
Beim mittleren Management
geht es um Beschäftigte, die
laut Gesetz „maßgebliche selb-
ständige Entscheidungsbefug-
nis haben“ und deren Arbeits-
zeit „nicht gemessen und nicht
imVoraus festgelegt“ wird. Das
betrifft vor allem Beschäftigte,
die wegen ihrer Spezialkennt-
nisse („besondere Merkmale
der Tätigkeit“) selbstständig ar-
beiten und mit denen eine Ver-
trauensarbeitszeit vereinbart
ist. Ist das Ziel nicht erreicht,
„darf“ auch 16 Stunden lang
und mehr, an Wochenenden
sowie an Sonn- und Feiertagen
gearbeitet werden.
Zu nahen Angehörigen zählen
die Eltern, volljährige Kinder,
im gemeinsamen Haushalt
lebende Ehe- und eingetragene
Partner sowie Lebensgefährtin
oder Lebensgefährte. Sofern die
Arbeitszeit dieser nahen Ange-
hörigen nicht gemessen oder im
Voraus festgelegt ist und selbst
bestimmt werden kann, gelten
keine Grenzen bei Arbeits-
und Ruhezeiten.
SH
Tourismus:
Was bedeuten kür-
zere Ruhezeiten in der Gastro
für mich?
Auf acht Stunden ist seit 1.
September die Ruhezeit für Be-
schäftigte mit geteilten Diens-
ten in Hotels und Gastronomie-
betrieben reduziert. Bisher gab
es diese Regelung nur für Be-
schäftigte in Saisonbetrieben,
die dort oder sehr nahe eine
Unterkunft hatten. Auf diese
Weise entstanden Freizeitblö-
cke, die meist am Ende der Sai-
son konsumiert wurden. Nun
kann die verkürzte Ruhezeit
in allen Ganzjahresbetrieben
vorgeschrieben werden, wo es
geteilte Dienste gibt. Die Be-
schäftigten wohnen in der Re-
gel nicht in unmittelbarer Nähe
der Arbeitsstelle und können
trotz langer Anfahrtswege zum
Beispiel bis Mitternacht an der
Hotelbar eingeteilt sein und
am nächsten Tag bereits um
acht Uhr früh das Frühstück
servieren.
Zeitausgleich:
Habe ich ein
Recht auf Zeitausgleich?
Die Abgeltung von Überstun-
den, die bis zur 50. Wochen-
stunde Arbeitszeit anfallen,
muss grundsätzlich samt den
Zuschlägen in Geld erfolgen.
Für die Überstunden jenseits
der 50. Wochenstunde dürfen
die Beschäftigten wählen, ob
die Abgeltung in Geld oder
Zeit gewünscht wird. Doch
während die Bezahlung meist
schon bei der nächsten Ab-
rechnung erfolgt, gibt es keinen
Anspruch auf den Zeitpunkt
eines Zeitausgleichs. Erst nach
sechs Monaten kann man sein
Recht einfordern, doch auch
dann kann es heißen, betriebli-
che Erfordernisse stehen einem
Zeitausgleich entgegen.
Nachtarbeit:
Ist künftig auch
eine zwölfstündige Nachtar-
beit erlaubt?
Für Nachtarbeit gibt es im
neuen Gesetz keine extra Ein-
schränkungen. Auch in diesem
Fall dürfen Beschäftigte meh-
rere Nächte lang bis zu zwölf
Stunden arbeiten. Die wis-
senschaftliche Beweislage zu
gesundheitlichen Gefahren bei
Nachtarbeit ist gut abgesichert.
Ein Beispiel, was nun möglich
ist: Fällt in einem Dreischicht-
betrieb die Frühschicht aus,
darf eine Arbeiterin oder ein
Arbeiter trotz kräftezehrender
Nachtarbeit vier Stunden län-
ger eingesetzt werden, ehe eine
Ablöse kommt. Im Extremfall
darf das fünf Nächte lang sein,
erst dann ist das neue Höchst-
maß von 60 Stunden pro Wo-
che erreicht.
Nikolaus Fink (3)
Was ist Gleitzeit:
n
Bei Gleitzeit können Beschäftigte Beginn und Ende der täglichen
Arbeitszeit frei gestalten: Seit 1. September sind bis zu zwölf Nor-
malarbeitsstunden täglich möglich, wenn das in einer Vereinba-
rung so definiert ist. Davor waren es zehn Stunden.
n
Dabei erfolgt der Ausgleich in Zeit im Verhältnis 1:1. Wer zwei
Stunden mehr gearbeitet hat, kann z. B. an einem anderen Tag
zwei Stunden früher gehen. Meist gibt es eine Kernarbeitszeit mit
Anwesenheitspflicht. Ganze Tage freinehmen geht in der Regel
nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Arbeitgebers.
n
Bisher gab es spätestens ab der 11. Stunde einen Überstunden-
zuschlag inGeld oder Zeit. Seit 1. September können die Zuschläge
für die 11. und 12. Stunde bei Gleitzeit komplett wegfallen. Beste-
hende Vereinbarungen bleiben aufrecht. Ob auf Druck der Un-
ternehmen bestehende Gleitzeit-Vereinbarungen geändert wer-
den, hängt von den jeweiligen Bedingungen vor Ort ab.
Gleitzeit
braucht
freie Zeiteinteilung
1 4-5,6-7,8-9,10-11,12-13,14-15,16-17,18-19,20-21,22-23,...28
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