ZAK September 2018_Ansicht - page 16-17

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BI LDUNG
FRAUEN
Maturaball:
Stolperst
eine am Tanzparkett
Meist werden Schulbälle
von minderjährigen Schüle-
rinnen und Schülern ausge-
richtet. Spezielle rechtliche
Vorgaben bestehen dafür
nicht – das kann für das Ball-
komitee zur Herausforderung
werden.
„Aus Erfahrung wissen wir,
dass die Organisation von Ma-
turabällen von einem Komitee
übernommen wird“, sagt AK-
Konsumentenschützerin Bet-
tina Schrittwieser: „Wie weit
das Maturaballkomitee für sich
selbst und für andere Verträge
abschließen kann, ist fraglich,
vor allem dann, wenn die
Mitglieder minderjährig sind.
Das beschränkt die Geschäfts-
fähigkeit.“ Ein rechtswirksa-
mer Vertragsabschluss ist nur
dann möglich, wenn alle im
Komitee volljährig sind oder
das Komitee die Vollmacht
von jedem Einzelnen – im Fall
von Minderjährigen von den
Erziehungsberechtigten – ein-
geholt hat.
Keine Strafen
Unlängst wandte sich eine
Mutter an den Konsumenten-
schutz, da ihre Tochter ein
fragwürdiges Schreiben erhal-
ten hatte. Um den Maturaball
zu finanzieren, organisierte
das Komitee unter anderem
ein Kaffeekränzchen. Jede Ma-
turantin bzw. jeder Maturant
sollte eine gewisse Stundenan-
zahl arbeiten oder bei Verhin-
derung eine Ersatzarbeitskraft
schicken. Wer dem nicht nach-
kommt, muss 50 Euro zahlen.
„Das geht gar nicht“, stellt
Schrittwieser klar: „Ein sol-
ches Schreiben ist nicht rechts-
konform. Niemand kann zur
Arbeit gezwungen werden und
vor allem kann es keine damit
verbundenen Strafzahlungen
geben.“ AK-Bildungsexpertin
Katrin Hochstrasser ergänzt:
„Die Schüler und Schülerin-
nen können natürlich unter-
einander vereinbaren, welche
Tätigkeiten in welcher Form
aufgeteilt werden. Das passiert
in der Regel mündlich, manch-
mal auch schriftlich, wobei es
keine konkreten Formvorgaben
gibt. Diese Vereinbarungen
haben aber keine rechtlichen
Auswirkungen.“
Verträge ungültig
Außerdem: Eltern haften nicht
für ihre Kinder. Ein Matura-
ballkomitee kann nicht andere
verpflichten oder verbindliche
Verträge für alle abschließen –
wie ein weiterer Fall zeigt: Eine
minderjährige Schülerin hatte
im Auftrag des Komitees die
Musik für den Ball bestellt. Die
Band stellte sich als viel zu teu-
er heraus. Aber das Mädchen
hätte die Band gar nicht bestel-
len können, da sie noch keine
18 Jahre alt ist. „Der Vertrag
ist unwirksam und könnte nur
von den Eltern des Mädchens
genehmigt werden. Wäre sie
volljährig gewesen, dann wäre
der Vertrag rechtswirksam und
das Mädchen würde für alle
Risiken einstehen müssen“, so
Schrittwieser: „Daher warnen
wir davor, dass einzelne Schü-
ler einen Vertrag abschließen.“
Maturaballleitfaden
Ein Schulball ist keine Schul-
veranstaltung, sondern ein pri-
vates Fest, das von den Schü-
lerinnen und Schülern organi-
siert wird. „Ein Lösungsansatz
wäre, dass für den Schulball
die gesamte Schulgemein-
schaft miteinbezogen wird. Das
heißt, dass die Verantwortung
von allen Schulpartnern ge-
meinsam mit der Schulleitung
mitgetragen wird“, sagt Hoch-
strasser: „Es kann und soll ein
Ball auch durchaus Thema im
Schulgemeinschaftsausschuss
sein. Dort könnte dann auch
abgeklärt werden, wer als
Veranstaltungsverantwortli-
cher in Frage kommt.“ Eine
besonders empfehlenswerte
Variante wäre, einen bereits
bestehenden Rechtsträger, wie
den Elternverein oder auch
den Förderverein der Schu-
le, einzuspannen. Sollte das
nicht in Frage kommen, dann
wäre es besonders wichtig,
eigenberechtigte, volljährige
Schülerinnen und Schüler
gemeinsam mit Lehrpersonal
und/oder Eltern in das Ballko-
mitee einzubinden.
JF
G
rundsätzlich sind gemeinsa-
me Karenzzeiten im Mutter-
schutz- und Väterkarenzgesetz
nicht vorgesehen. Die einzige
Ausnahme gibt es beim erstma-
ligen Wechsel der Betreuungs-
person. Hier können Mutter und
Vater gleichzeitig Karenz in der
Dauer von einem Monat in An-
spruch nehmen. Zu beachten ist,
dass bei Inanspruchnahme des
gemeinsamen Karenzmonats die
maximale Dauer des Karenzur-
laubs insgesamt um ein Monat
verkürzt wird. Geht beispielswei-
se der Vater für zwei Monate in
Karenz, können beide Elternteile
das erste Karenzmonat des Vaters
gemeinsam in Karenz verbrin-
gen, im zweiten Karenzmonat
hat die Mutter zu arbeiten oder
Urlaub zu verbrauchen.
Christina Poppe-Nestler
AK-Frauen
ZAK
TIPPS
Dürfen Mutter und Vater
gleichzeitig in Karenz gehen?
Warum?
Weil Schwangere
beispielsweise für gesund-
heitsgefährdende Tätigkeiten
nicht mehr einsetzbar sind.
Das bestimmt jedoch aus-
schließlich die Ärztin oder der
Arzt – nicht die Firmenleitung.
S
chwangere bekommen
oft zu hören, dass sie in
Frühkarenz gehen sollen. Der
Arbeitgeber erhofft sich, da-
mit Geld zu sparen. „Eine
Zahntechnikerin bekam genau
diesen Satz zu hören, da sie
mit gefährlichen Stoffen nicht
mehr in Kontakt sein darf“,
schildert AK-Frauenexpertin
Birgit Klöckl.
Gefährdung verhindern
Die Arbeit darf weder die
Gesundheit der Mutter noch
die des Kindes gefährden. Ist
das der Fall, kann die Fir-
menleitung die Schwangere
an einem anderen Arbeits-
platz einsetzen, jedoch nur im
Rahmen des Dienstvertrages.
„Andernfalls ist die Schwan-
gere freizustellen und weiter
zu bezahlen“, sagt die AK-Ex-
pertin. Im Zweifel entscheidet
das Arbeitsinspektorat, ob ein
Beschäftigungsverbot vorliegt.
Frühkarenz
Liegt unabhängig von der
Arbeitsstelle ein medizini-
scher Grund vor, kann von
der entsprechenden Ärztin
bzw. dem Arzt eine sofortige
Dienstfreistellung („Frühka-
renz“) verfügt werden. Für
diese Zeit zahlt die zuständige
Krankenversicherung bereits
Wochengeld.
JF
Das absolute Beschäftigungs-
verbot dauert im Normalfall
8 Wochen vor und nach der
Geburt. In dieser Zeit erfolgen
die
Wochengeldzahlungen
von der GKK.
ZAK
nfo
AK half
Schwangeren
Mehrere befristete Jobs
hintereinander, sogenannte
Kettenarbeitsverträge, sind
meist nicht zulässig. Eine
Schwangere hätte ohne Hilfe
der AK viel Geld verloren.
J
asmin H. ist gut ausgebildet
und entsprach den Anforde-
rungen eines Handelskonzerns,
der einen verantwortungsvol-
len Bürojob ausgeschrieben
hatte. Die Frau unterschrieb
den Dienstvertrag, der ein
Probemonat und eine halbjäh-
rige Befristung vorsah. Kurz
vor Ablauf der Frist stimmte
sie einem weiteren befristeten
Vertrag zu, weil das Gehalt
stimmte und ihr – da sie gute
Arbeit leistete – zeitnah eine
Umwandlung in ein unbefris-
tetes Dienstverhältnis verspro-
chen wurde.
Schwangerschaft
Bevor sie die versprochene un-
befristete Stelle bekam, wurde
Jasmin H. schwanger. Und als
sie das der Firma meldete, war
das Versprechen nichts mehr
wert. Bis zum errechneten
Beginn des Mutterschutzes
bekam sie einen dritten befris-
teten Vertrag.
Verbotener Kettenvertrag
AK-Rechtsexpertin Christina
Poppe-Nestler, bei der Jasmin
H. die Verträge prüfen ließ, zu
diesem Kettenarbeitsvertrag:
„Das ist ohne eine gute sach-
liche Begründung unzulässig
und daher als ein zusam-
menhängendes unbefristetes
Arbeitsverhältnis anzusehen.“
Das sah die Firma bald ein,
der Vertrag wurde in ein un-
befristetes Dienstverhältnis
geändert.
Kinderbetreuungsgeld
Für Jasmin H. bedeutete es,
dass sie zum Zeitpunkt der
Geburt ihres Kindes ein auf-
rechtes Dienstverhältnis hatte.
Deshalb konnte sie das ein-
kommensabhängige Kinderbe-
treuungsgeld – in ihrem Fall in
der Höhe von 20.000 Euro – in
Anspruch nehmen. Zudem
kann sie nach Ende der Karenz
auf ihren alten Arbeitsplatz
zurückkehren.
SH
Unnötiger Sager:
„Geh in Frühkarenz“
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Graf | AK
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