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BETRIEBSBETREUUNG
BETRIEBSBETREUUNG
©M.Dörr & M.Frommherz - stock.adobe.com
Der Leidensweg
von Doris,
einer Pflegeassistentin, zeigt,
dass lange und unregelmäßi-
ge Arbeitszeiten krank ma-
chen können.
D
oris ist 34 Jahre alt, al-
leinstehende Mutter einer
sechs Jahre alten Tochter. Sie
arbeitet als Pflegeassistentin
in einem Krankenhaus. Doris
beschäftigt sich gerne mit Men-
schen, wünscht sich aber oft
mehr Zeit für ihre Patientinnen
und Patienten. Bei der Arbeit
springt sie oft ein, es fällt ihr
schwer, „Nein“ zu sagen.
Schlafprobleme – Depression
Doris plagen immer öfter
Schlafprobleme, sie ist oft
ungeduldig und fahrig. Immer
wieder fällt sie in tieftraurige
Phasen. Trotz bleierner Müdig-
keit kämpft sich Doris durch
den Alltag. Nach Monaten
sucht sie endlich ärztliche Hil-
fe, Diagnose: Burnout mit einer
mittelgradigen Depression
und Angststörungen. Der Weg
zurück dauert, aber mit einer
Therapie geht es nun langsam
aufwärts.
Faktor Arbeitszeit
In einer groß angelegten Studie
des Sozialministeriums vom
Vorjahr zeigte sich, dass der
Faktor Arbeitszeit, wenn sie
sehr lange und/oder ständig
wechselnd ist, eine große Rolle
bei der Entwicklung von Burn-
out spielt. Weitere Faktoren
sind zu viele Führungsaufga-
ben, zu geringes Gehalt und
das Fehlen von Privatsphäre.
Insgesamt hängen vom Über-
gangs- bis zum akuten Stadium
25 Prozent aller Beschäftigten
in der Burnout-Spirale.
Regeneration
Die Studie empfiehlt eine Re-
duktion von wechselnden Ar-
beitszeiten oder viel zeitlichen
Ausgleich für die Regenerati-
on. Gleiches gelte für Wochen-
arbeitszeiten von mehr als 40
Stunden, die zudem zeitlich
begrenzt sein sollten.
SH
Betriebsrätinnen und Be-
triebsräte
überwachen die
Einhaltung der Rechtsvor-
schriften, die für die Beschäf-
tigten wichtig sind. In den
vielen kleinen Firmen ohne
Betriebsrat wäre eine Vertre-
tung gerne gesehen.
T
agtäglich kümmern sich
mehr als 5.500 Betriebs-
rätinnen und Betriebsräte in
fast 1.400 steirischen Unter-
nehmen um ihre Kolleginnen
und Kollegen. Insgesamt sind
das knapp 200.000 Beschäf-
tigte in der Steiermark. „Eine
der wichtigsten Aufgaben ist
die Kontrolle der korrekten
Betriebsräte
sorgen
für Recht im Betrieb
Drei Monate lang
drücken
27 Betriebsrätinnen und Be-
triebsräte die Schulbank der
steirischen Betriebsräteaka-
demie, um sich eine gute Ba-
sis für ihre Vertretungsarbeit
anzueignen.
D
er Stundenplan der steiri-
schen Betriebsräteakade-
mie ist dicht gefüllt: Arbeits-
recht in der Praxis, Wirtschaft
und Bilanzlesen, Kommuni-
kation und Gesprächsführung,
Gewerkschaftsarbeit von den
Anfängen bis zum Arbeits-
kampf ... 27 Betriebsrätinnen
und Betriebsräte aus allen
Branchen haben kürzlich beim
Start des 25. Lehrganges der
Akademie vom Arbeitsplatz
zur Schulbank gewechselt.
„Wir versuchen, den jungen
Auszahlung von Lohn, Gehalt,
Überstunden und Zulagen“,
berichtet Biljana Bauer, Juris-
tin in der AK-Abteilung für
Betriebsbetreuung.
Problembranchen
Dass diese Kontrollfunktion
funktioniert, zeigt die Bilanz
des AK-Rechtsschutzes: 95
Prozent der tausenden Klagen,
die jährlich von der Arbeiter-
kammer für ihre Mitglieder
bei Gericht eingereicht wer-
den, sind für Beschäftigte aus
Betrieben ohne Betriebsrat.
Die größten Problembranchen
für das AK-Arbeitsrecht sind
das Gastgewerbe, der Handel,
Leiharbeit und Güterbeförde-
rung – alles Bereiche, wo viele
kleine, oft schlecht geführte
Unternehmen versuchen, auf
Kosten der Beschäftigten über
die Runden zu kommen.
Versetzung, Kündigung
Betriebsrätinnen und Betriebs-
räte haben gesetzlich garantier-
te Rechte. Sie überwachen die
Einhaltung der für die Beschäf-
tigten geltenden Rechtsvor-
schriften. Ohne ihre Zustim-
mung sind verschlechternde
Versetzungen rechtlich nicht
wirksam, von jeder Kündigung
müssen sie verständigt wer-
den. Dazu gibt es weitgehende
Befugnisse in allen Angelegen-
heiten des Arbeitnehmerschut-
zes, etwa bei der Einführung
neuer Technologien und der
Auswahl der persönlichen
Schutzausrüstung der Beschäf-
tigten.
Arbeitszeit
Bei der Gestaltung der Arbeits-
zeiten imBetrieb, zumBeispiel
für Gleitzeitvereinbarungen
oder Schichtsysteme, haben
Betriebsrätinnen und Betriebs-
räte Mitbestimmung. Bei der
Anordnung von Überstunden
aber ist seit September von der
Bundesregierung die Mitspra-
che gestrichen.
SH
Betriebsrätinnen und Betriebs-
räten eine gute Basis zu ver-
mitteln, damit sie auch in
schwierigen Zeiten selbstbe-
wusst die Beschäftigten in den
steirischen Unternehmen ver-
treten können“, umreißt Lehr-
gangsbetreuer Klaus Breuss
die Ziele der dreimonatigen
Ausbildung. Als Gastreferen-
ten sprechen unter anderen
der Politologe Peter Filzmaier,
namhafte steirische Journa-
listen und ein hoher Gewerk-
schafter aus den USA.
SH
Belegschaftsvertreter
lernen für ihre neue Tätigkeit
Freunde von Betriebsrä-
ten
waren Frank Stronach
und sein Magna-Konzern
nie. Trotzdem gibt es nun
im Heavy-Stamping-Werk bei
Gleisdorf einen Betriebsrat.
F
rank Stronach hat mit Ma-
gna viel für die Steiermark
getan. Doch mit Gewerkschaf-
ten und Betriebsräten konnte
der Unternehmer wenig an-
fangen. In seinen Betrieben
sollen Fairness-Komitees dafür
sorgen, dass alle Beschäftigten
Erster Betriebsrat in
Magna-Werk gegründet
gut behandelt werden. Doch
als Stronachs Magna-Konzern
1998 Steyr-Daimler-Puch kauf-
te, bekam er mit dem traditi-
onsreichen Unternehmen auch
einen ebenso traditionsreichen
Betriebsrat. „Mit der Geschäfts-
führung gibt es aber eine gute
Gesprächsbasis“, sagt Thomas
Stoimaier, Vorsitzender des
Arbeiterbetriebsrates von Ma-
gna Steyr und stellvertretender
Vorsitzender imEU-Betriebsrat
von Magna Europa.
„Es gab zusammen mit der
Gewerkschaft seit Jahren Be-
strebungen, in den einzelnen
Magna-Werken demokratisch
gewählte gesetzliche Vertre-
tungen für die Belegschaften
einzurichten“, erzählt Stoimai-
er. Vor zwei Jahren sei das für
Magna Fuel Systems in Sina-
belkirchen gelungen und heuer
im August bei Magna Heavy
Stamping nahe Gleisdorf: „Es
braucht Leute, die bereit sind,
sich für andere einzusetzen.“
Belegschaft stimmte zu
In diesem Fall war es Werner
Sauseng. Er war bereits lange
im Fairness-Komitee dabei,
hatte aber immer wieder fest-
gestellt, dass Vereinbarungen
in diesem freiwillig eingesetz-
ten Gremium gebrochen wur-
den. Sauseng: „Ein Betriebsrat
hat gesetzlich festgehaltene
Rechte.“ Das hatte auch die
Belegschaft so gesehen, die
mit großer Mehrheit der Ein-
richtung eines Betriebsrates
zugestimmt hat. Erst danach
fand mit Unterstützung der
Produktionsgewerkschaft die
Wahl von Sauseng und seinem
Betriebsratsteam statt.
SH
Ein Leidensweg
ins Burnout
Doris sprang immer ein,
wenn sie gefragt wurde. Die
langen und unregelmäßigen
Arbeitszeiten machten sie
krank. Diagnose: Burnout
Unterstützte
die Bildung
eines Be-
triebsrates
bei Magna
Heavy
Stamping:
Thomas
Stoimaier
ÖGB und Gewerkschaften hel-
fen bei der Gründung eines
Betriebsrates: Tel. 0316 7072
Die AK gibt rechtliche Infor-
mationen, etwa zum Arbeits-
recht: Tel 05 7799
ZAK
nfo
Aus der Steiermark und Kärnten kommen die jungen Betriebsrätinnen
und Betriebsräte, die in Graz die Betriebsräteakademie besuchen.
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