ZAK Jänner 2017_WEB - page 10-11

REPORTAGE
REPORTAGE
Das Bergwerk
in der Stadt
Alle Fotos: Graf | AK
Die F rma
Der Betr ebsrat
Die Firma beschäftigt rund
50 Menschen, etwa 15 davon
im Büro. Josef „Seppi“ Nagls-
eder, seit Jahren als Lkw-Fah-
rer hinter dem Steuer, ist Vor-
sitzender des gemeinsamen
Betriebsrates für Arbeiter
und Angestellte.
Eingestuft ist die Belegschaft
nach dem Handels-KV, der
zwar keine üppigen Löhne
vorsieht, aber meist über-
zahlt wird. Das Verhältnis
zur Geschäftsführung be-
schreibt Naglseder als „na-
türlich nicht konfliktfrei, aber
fair und von gegenseitigem
Respekt getragen“. Viele Kol-
legen halten seit Jahren der
Firma die Treue.
Die Firma Schrott Waltner
GmbH gehört zu Scholz-
Austria mit insgesamt zwölf
Standorten in Österreich.
Scholz-Austria
wiederum
ist Teil der internationalen
Scholz-Gruppe.
Schrott Waltner betreibt in
Graz zwei Standorte. Der
Schrottumsatz schwankt je
nach Wirtschaftslage zwi-
schen 100.000 und 250.000
Tonnen pro Jahr. Geschäfts-
führer sind Philipp Gressen-
berger, zuständig für Han-
del, Kundenbetreuung und
Technik, und Franz Trimmel,
der Finanzen, Controlling,
Berichtswesen und EDV be-
treut.
„FAIRER UMGANG“
„ZWEI STANDORTE“
Handarbeit und schweres Gerät: mit dem Schneidbrenner durch dickes Eisen, sortieren in der großen Halle, gefühlvoll mit dem Greifer hantieren.
Metall
kann immer wieder
eingeschmolzen und ohne
Qualitätsverlust zu neuen
Produkten verarbeitet wer-
den. Das Sammeln und Sor-
tieren passiert auch mitten
in Graz bei Schrott Waltner
– ein Rundgang im „Bergwerk
für Sekundärrohstoffe“.
Es ist bitterkalt, der frische
Schnee glitzert in den ersten
Sonnenstrahlen. Im Kontrast
dazu liegen überall Berge an
dunklem Schrott herum, ein
riesiger Baggergreifer schnappt
sich krachend eine Ladung
Eisen und schwingt herum, in-
mitten gleißend heller Funken
zertrennt ein Arbeiter mit dem
Schneidbrenner einen tonnen-
schweren alten Industrieofen.
Wir befinden uns auf dem gro-
ßen Sortiergelände der Grazer
Firma Schrott Waltner am
Bahnhofsgürtel. Josef Nagls-
eder hat sich Zeit genommen,
uns herumzuführen. „Beim
Sortieren des Eisenschrotts
und der Buntmetalle ist viel
Handarbeit notwendig, und
fast alles passiert hier im Frei-
en“, erklärt der Vorsitzende
des Betriebsrats. „Ihr passt
eh gut auf“, begrüßt uns der
Platzmeister, während wir ei-
nem Lkw ausweichen, der im
Retourgang Richtung Bagger
schiebt. Schon zuvor haben
wir Besucher orange Helme
bekommen, die Arbeiter tragen
Helme in gelber Farbe.
Das Schrottgeschäft
Während es zwischen sor-
tenreinen Metallhaufen und
noch zu sortierendem Schrott
in eine kleine Lagerhalle geht,
gibt der Betriebsrat eine kleine
Einführung ins Schrottge-
schäft: „Wir machen eigentlich
alles. Von der Demontage gan-
zer Industrieanlagen über den
zerndes Kupfer in allen Rein-
heitsgraden, schimmerndes
Messing und andere Buntme-
talle lagern hier in Kisten und
Säcken. „EinKilo Kupfer kostet
vier bis fünf Euro“, sagt Nagl-
seder. Ein Umstand, den auch
Diebe kennen. Später im war-
men Büro erklärt Geschäfts-
führer Philipp Gressenberger,
dass bei der Annahme ganz
genau geschaut werde: „Jeder
Lieferant muss sich ausweisen
und auch eine Bestätigung
über die Herkunft und eine
Besitzerklärung abgeben.“ Bei
Verdacht auf Diebstahl werde
die Polizei verständigt.
Schrottscheren
Mit riesigen Baggern wird der
Langschrott sortiert. Da ist viel
Erfahrung notwendig, sagt Be-
triebsrat Nagelseder und zeigt
zum Führerstand: „Der da
oben kannmit demBagger eine
einzelne Schraube aufheben.“
Das Herz des Schrottplatzes ist
die riesige Schrottschere. Mit
900 Tonnen Druck wird hier
das Material verdichtet und in
die vom Kunden gewünschte
Größe geschnitten.
Das Grazer Bergwerk
Die Firma ist alteingesessen,
es gibt sie hier seit mehr als
90 Jahren. Der zweite Grazer
Standort ist in der Raiffeisen-
straße, wo etwa Altautos ange-
nommen und zur Weitervera-
wertung vorbereitet werden.
Vor 90 Jahren gab es den Begriff
Recycling noch nicht, aber
schon damals war Altmetall
ein wertvoller Rohstoff. Eisen,
das wieder eingeschmolzen
wird, muss nicht aus demBerg
geschürft werden. Das spart
Zeit, Energie und schont die
Umwelt. Zum Beispiel spart
die Verwendung von Alumini-
umschrott 95 Prozent Energie.
Transport zum Schrottplatz,
von Annahme hier am Platz
bis zur sortenreinen Trennung
und der Lieferung der Fraktio-
nen zumStahlwerk oder einem
Schmelzofen.“
Teures Kupfer
In der Lagerhalle sind die
Schätze auf bewahrt. Glit-
Ins Stahlwerk
Gressenberger: „Die Qualität
leidet nicht unter der Wie-
derverwertung. Metall kann
immer wieder geschmolzen
und zu hochwertigen Pro-
dukten verarbeitet werden.“
15 Hauptsorten an Altmetall
werden erzeugt, auf Kunden-
wunsch gibt es bis zu 300
unterschiedliche Legierungen.
Hauptabnehmer des sogenann-
ten Sekundärrohstoffes sind
die Stahlwerke in Österreich
und dem nahen Ausland. Viel
gehe etwa in die Marienhütte,
freut sich Gressenberger, dass
es nur zwei Kilometer entfernt
in Graz ein Stahlwerk gibt.
Der Standort mitten in Graz,
wo Wohngebiete in den Jah-
ren seit der Gründung immer
näher herangerückt sind, sei
allerdings eine Herausforde-
rung, sagt Gressenberger.
Qualifiziertes Team
Die Beschäftigten seien zum
größten Teil schon seit Jah-
ren in der Firma, versichert
Betriebsrat Naglseder: „Das
hängt mit den günstigen Ar-
beitszeiten zusammen, aber
auch mit der Bezahlung und
dem Umgang mit uns.“ Ge-
schäftsführer Gressenberger
bestätigt, er sei glücklich, „dass
wir solche Mitarbeiter haben.“
Das Steuern, Bedienen und
Warten der teuren Maschinen
und das genaue Trennen des
Schrotts funktioniere nur mit
einem gut qualifizierten Team.
Schrott Waltner
Teures Kupfer: Auch Diebe woll-
ten es hier schon verkaufen.
Steht bei Herausforderungen
seinen Mann: Alfred Riegerbauer
BRV Josef Naglseder und Geschäftsführer Philipp Gressenberger
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