ZAK Jänner 2017_WEB - page 12-13

ARBEITSRECHT
ARBEITSRECHT
Geheilt
aus dem Krankenstand
E
ine Hauseigentümerin oder
ein Hauseigentümer bzw. eine
Eigentumsgemeinschaft ist laut
österreichischer Straßenverkehrs-
ordnung verpflichtet, im Ortsge-
biet nicht nur die Wege am eige-
nen Grundstück zu räumen und
zu streuen, sondern auch außer-
halb des eigenen Grundstückes
für die angrenzenden öffentlichen
Flächen wie Gehsteige zu sorgen.
Es besteht keine Verpflichtung zur
Schwarzräumung. Das bedeutet,
es darf Schnee liegen bleiben und
die Räumung muss nicht bis zum
Asphalt erfolgen, aber man muss
ohne auszurutschen auf demWeg
gehen können. Das Gesetz sagt:
Die Art und der Umfang dieser
Pflichten richten sich nach den
örtlichen Gegebenheiten und der
Zumutbarkeit.
Herbert Puschl
AK-Konsumentenschutz
ZAK
TIPPS
Wer hat Streupflicht?
Wenn es über Nacht
einen
Meter schneit und die Welt im
Winterschlaf liegt, heißt das
nicht automatisch, dass Sie
nicht zur Arbeit gehen müs-
sen. Dasselbe gilt bei Glatteis
bzw. heftigen Unwettern.
D
as Gesetz sagt: Arbeit-
nehmerinnen und Ar-
beitnehmer sind verpflichtet,
alle ihnen zumutbaren Vor-
kehrungen zu t reffen, um
trotz der ungünstigen Schnee-
bzw. Witterungsverhältnisse
pünktlich zur Arbeit zu er-
scheinen.
Das heißt, dass Sie früher
von daheim wegfahren oder
vom Auto auf ein öffentliches
Verkehrsmittel umsteigen
müssen. Oder, wenn der Bus
oder die Bahn ausfällt und
Sie gesund sind, dass Sie auch
einige Kilometer zu Fuß zur
nächsten Haltestelle oder zur
Arbeit gehen können. Es ist
jedoch immer im Einzelfall
zu prüfen, ob eine Maßnahme
zumutbar ist.
Und wenn es nicht geht?
Die Unternehmensleitung
muss sofort informiert werden,
wenn Sie es nicht rechtzeitig
zur Arbeit schaffen. Und dann
hat es auch keine Konsequen-
zen, wenn Sie nicht zur Arbeit
kommen können: Denn eine
Entlassung ist unberechtigt,
wenn Sie alles Zumutbare un-
ternommen haben, um zeitge-
recht in die Firma zu kommen.
Bekomme ich meinen Lohn?
Der Anspruch auf Lohn bzw.
Gehalt im Falle von Wetter-
kapriolen ist unterschiedlich
geregelt: Für Angestellte gibt
es Anspruch auf Gehalt, wenn
alles Zumutbare unternom-
men wurde, um rechtzeitig
in die Arbeit zu kommen.
Arbeiterinnen und Arbeiter
haben dann Anspruch auf
ihren Lohn, wenn der Kol-
lektivvertrag keine abwei-
chende Regelung vorsieht.
Ist im Kollektivvertrag keine
Lohnzahlung bei einer wet-
terbedingten Dienstverhin-
derung vorgesehen, dann
bekommen Sie Ihren Lohn nur
bei einer Katastrophe, von der
die Arbeitnehmerin und der
Arbeitnehmer oder deren nahe
Angehörige persönlich betrof-
fen sein müssen. Persönlich
betroffen bedeutet, dass Ihr
Leben, Ihre Gesundheit oder
Ihr Eigentum (oder das Ihrer
nahen Angehörigen) gefährdet
ist. Es muss kein Urlaubstag
genommen werden, wenn es
durch Wetterkapriolen nicht
möglich ist, zur Arbeit zu
kommen.
Wann Sie bei Schnee, Glatteis
oder Unwetter nicht arbeiten
gehen müssen, ohne mit bösen
Konsequenzen zu rechnen.
Schnee,
Glatteis & Hochwasser:
Wann habe ich arbeitsfrei?
salajean | Fotolia
Krank – was ist zu tun?
Die Arbeitsverhinderung, also den Krankenstand, muss man unver-
züglich der Firma melden, etwa durch einen Anruf an geeigneter Stelle.
Dann sollte man einen Arzt aufsuchen und sich krankschreiben lassen.
Die Chefin oder der Chef darf – auch für kurze Krankenstände – eine
ärztliche Bestätigung verlangen. Darin müssen Beginn, voraussichtliche
Dauer und Ursache (Krankheit oder Unfall) der Arbeitsverhinderung an-
geführt sein. Keine Verpflichtung gibt es auf die Bekanntgabe der Dia-
gnose.
Kommt man den Melde- und Nachweispflichten nicht nach, gibt es
nachteilige Folgen: Für die Dauer der Säumnis verliert man den An-
spruch auf Entgelt. Das heißt, die Firma muss den Lohn oder das Gehalt
für die Dauer des Versäumnisses nicht bezahlen.
Man darf auch im Krankenstand gekündigt werden. Das Arbeitsent-
gelt muss aber – sofern man nicht schon länger oder öfter krank war
– bis zum Ende des Krankenstandes weiter gezahlt werden. Lassen Sie
sich im Krankenstand nicht auf eine einvernehmliche Job-Auflösung
ein, das Krankengeld der Krankenkasse ist weit niedriger als das Gehalt
oder der Lohn.
ZAK
T pp
Im Krankenstand
gibt es
die Pflicht, das Gesundwer-
den zu unterstützen. Ein Se-
minar am Abend des letzten
Krankenstandtages hat te
die Heilung nicht verzögert,
lautet ein aktuelles Urteil.
V
on ihrem Urlaub hatte
Susanne B. eine Darm-
infektion mitgebracht. Die
Symptome waren so schwer,
dass die Angestellte einer
Grazer Rechtsanwaltskanzlei
amMontag die Notfallaufnah-
me des LKH aufsuchte. Nach
einer schmerzlindernden und
krampflösenden Infusionwur-
de Susanne B. entlassen. Auf-
g rund des LKH-Bef undes
schrieb der Hausarzt die junge
Frau bis Freitag krank, was sie
auch ihrem Dienstgeber mel-
dete. Weil sie sich am Freitag
wieder besser fühlte, ließ sich
die Angestellte beim Arzt für
den kommenden Montag ge-
sundschreiben.
Seminarbesuch
Am Abend an diesem Frei-
tag – dem letzten Tag ihres
Krankenstandes – besuchte
Susanne B. ein dreistündiges
Seminar nahe ihremWohnort.
Als ihr Dienstgeber das einige
Wochen später erfuhr, entließ
er die Angestellte fristlos. Sie
habe durch den Seminarbe-
such während des Kranken-
standes die Genesung gefähr-
det, lautete die Begründung.
Kein Fehlverhalten
„Wir konnten in zwei Ins-
tanzen nachweisen, dass die
Entlassung nicht gerechtfertigt
war, weil es kein Fehlverhalten
im Krankenstand gab“, sagt
Martina Schöngrundner. Die
AK-Juristin hatte im Namen
von Susanne B. das Gericht an-
gerufen. Der Schadenersatz für
die ungerechtfertigte Entlas-
sung entspricht jenem Entgelt,
das bei einer Kündigung ange-
fallen wäre, in Summe waren
das für die Halbtagsangestellte
knapp 2.500 Euro.
Planschen in der Therme
Schöngrundner betont aber,
dass dieser Fall nicht allgemein
gilt. Den Anordnungen des
Arztes sei zu folgen und man
müsse im Krankenstand alles
unterlassen, was die Heilung
verzögert. Ein Thermenbesuch
bei einer Grippe sei sicher ein
massives Fehlverhalten. Der
Arzt könne aber den Besuch
einer Therme sogar anordnen,
wenn es etwa um einen Fall
von akuten Rückenschmerzen
gehe. Dazu ein OGH-Urteil:
Weil die Nahrungsaufnahme
die Heilung fördert, sei in
einem Krankenstand auch
bei Bettruhe ein schneller
Einkauf von Lebensmitteln
erlaubt, nicht aber andere Erle-
digungen. In diesem Fall hatte
die Betroffene zusätzlich ein
Teppichgeschäft aufgesucht
und war deshalb zu Recht
entlassen worden.
Gina Sanders | Fotolia
Im Krankenstand darf nichts
getan werden, was die Heilung
verzögert.
12
ZAK
ZAK
13
1,2-3,4-5,6-7,8-9,10-11 14-15,16-17,18-19,20-21,22-23,24
Powered by FlippingBook