20170414_ZAK_März_barrf - page 14-15

Auch wenn der Job zu
Ende ist,
bleibt der An-
spruch auf Krankenentgelt
bis zur Genesung weiter
aufrecht.
E
iner steirischen Arbeiterin
wurde nach Meldung des
Krankenstandes gekündigt,
und die Erkrankung dauerte
bis über die Kündigungsfrist
hinaus. In diesem Fall müsste
das Unternehmen das Kran-
kenentgelt eine gewisse Zeit
weiter zahlen. Sie bekam aber
ihr Geld nicht, weil sie – so
die Firma – keine Bestätigung
über die Dauer des Kranken-
standes gebracht habe. Doch
das brauchte sie gar nicht.
Der Fall ging bis zumObersten
Gerichtshof, und alle Instan-
zen bestätigten die Rechts-
meinung der AK. Wolfgang
Nagelschmied, Leiter des AK-
Arbeitsrechts: „Die unverzüg-
liche Anzeige der Verhinde-
rung dient dem Arbeitgeber,
um disponieren zu können.“
Kommen Beschäf tigte der
Information nicht nach, ver-
lieren sie den Anspruch auf
Entgelt. „Mit dem Arbeitsver-
hältnis enden aber das Infor-
mationsbedürfnis des Chefs
und die Sanktionsmöglichkeit
des Entgeltentzugs.“
Mit einem gesicherten
Einkommen
die ersehnte
Ausbildung nachmachen:
890 Euro im Monat gibt es,
wenn man eines der 6.500
Fachkräftestipendien erhält.
D
as Fachkräftestipendi-
um war nach seiner Ein-
führung vor vier Jahren so
begehrt, dass das AMS aus
Budgetgründen die Reißleine
zog. Zuerst wurde die Zahl
der geförderten Ausbildun-
gen gekürzt, dann das neue
Stipendium überhaupt gestri-
chen. Auf Druck der AK gibt
es seit Jahresbeginn wieder
Fachkräf testipendien. Die
Zahl ist mit 6.500 begrenzt.
Lernwillige, die mit einem
gesicherten Einkommen eine
Fachausbildung machen wol-
len, sollten sich rasch dazu
entschließen.
890 Euro
Die Höhe des Stipendiums
beträgt zumindest 890 Euro
pro Monat für bis zu drei
Jahre. Vorausgesetzt werden
ein Wohnsitz in Österreich
und eine Beschäftigung über
der Geringfügigkeit von vier
Jahren. Ein Stipendium bei
aufrechter Beschäftigung ist
nicht möglich. Wer schon ei-
nen Studienabschluss hat, ist
ausgeschlossen.
Technik – Gesundheit – Lehre
Gefördert werden Ausbildun-
gen für technische Berufe
sowie Gesundheitsberufe und
das Nachholen eines Lehr-
abschlusses. Beantragt wird
das Stipendium beim AMS,
das auch das St ipendium
auszahlt. Viele weitere Infos,
etwa die komplette Liste der
geförderten Berufe:
Mit Stipendium
zur Fachkraft
Krankenentgelt
trotz Jobende
Anfechtung
der Kündigung
Eine Kündigung muss man nicht
sofort hinnehmen. In vielen Fällen
kann sie bekämpft werden. Die
AK Rechtsberatung hilft weiter.
Kanizaj
Mehr Wissen
im Betriebsrat
Der Betriebsrat
ist das
Bindeglied zwischen Beleg-
schaft und Chefetage. Die
Aufgaben sind vielfältig und
verlangen in vielen Bereichen
Wissen, das auch über die
Bildungsfreistellung erwor-
ben wird.
M
an wird nicht als Be-
triebsrat oder Betriebsrä-
tin geboren, aber man wächst
mit der Aufgabe. Die zentrale
Aufgabe ist die Vertretung der
Interessen der Belegschaft.
Dabei geht es um den Schutz
der einzelnen Beschäftigten,
wenn sie durch Entscheidun-
gen der Firmenleitung benach-
teiligt wurden. Der von den
Beschäftigten durch Wahl be-
stellte Betriebsrat hat gesetz-
liche Mitwirkungsrechte, wie
zumBeispiel bei Versetzungen
oder Beförderungen. Der Be-
triebsrat achtet auf die Einhal-
tung der Rechtsvorschriften,
die die Belegschaft betreffen.
Dazu gehören Kollektivver-
träge, Betriebsvereinbarungen
und sonstige arbeitsrecht-
liche Vereinbarungen, aber
auch Vorschriften über den
Arbeitnehmerschutz und die
Sozialversicherung.
Um mit der Vielfalt der be-
trieblichen Herausforderun-
gen klarzukommen, brauchen
die Mitglieder des Betriebs-
rates neben viel Engagement
eine gute und ausreichende
Aus- und Weiterbildung.
Drei Tage mehr
Die Möglichkeiten dafür wur-
den Anfang des Jahres ver-
bessert, indem die Bildungs-
f reistellung um drei Tage
verlängert wurde. Die neue
Regelung gilt für Mitglieder
von Betriebsräten, die sich
heuer neu konstituiert haben.
Sie können während der fünf-
jährigen Funktionsperiode
drei Wochen und drei Tage
Bildungsfreistellung in An-
spruch nehmen.
Bilanzanalyse
Arbeiterkammer und ÖGB
bieten ein umfangreiches und
kostenloses Bildungsangebot
an, das für Bildungsfreistel-
lungen von Betriebsrätinnen
und Betriebsräten akzeptiert
wird. Das Angebot umfasst
neben der inhaltlichen Ex-
pertise und Praxisnähe auch
die Vernetzung mit anderen
Belegschaf tsver t retungen.
Egal ob es um die Themen Ar-
beitsrecht, Bilanzanalyse oder
Verhandlungstechniken geht,
je höher die Kompetenzen im
Betriebsrat, desto motivierter,
gesünder und engagierter die
Belegschaft. Eine aktuelle
Studie hebt die Bedeutung
der betrieblichen Mitbestim-
mung hervor. So meinen 92
Prozent der befragten Mana-
ger, dass die Einbindung des
Betriebsrats das Engagement
der Beschäftigten erhöht. 86
Prozent sehen dadurch eine
bessere Arbeitsleistung. Mit-
bestimmung wirkt sich also
positiv auf das Arbeitsklima
und auch auf die wirtschaft-
liche Performance aus.
Den Job
durch eine Kündi-
gung zu verlieren ist bitter.
Aber in vielen Fällen kann die
Kündigung bekämpft werden,
etwa weil sie aufgrund des
Alters sozialwidrig ist.
E
r sage es, wie es ist, re-
det sich Wolfgang Nagel-
schmied in Rage: „In vielen
Firmen heißt es, alt und teuer
muss raus, jung und billig
soll rein!“ Der
Leiter der AK-
Recht sabtei-
lung in Graz
v e r s i c h e r t ,
dass man eine
K ü n d i g u n g
nicht immer
h i n n e h me n
muss, vor al-
lem wenn es
um ältere Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter geht: „Es gibt
gesetzliche Möglichkeiten,
eine Kündigung vor Gericht
zu bekämpfen. Jedes Jahr
führenwir deswegen rund 150
Verfahren vor dem Arbeits-
und Sozialgericht.“
IT-Techniker
Einem IT-Techniker, 59 Jahre
alt und mit Sorgepflichten
für eine studierende Tochter,
wurde von einem g roßen
Konzern gekündigt. Der Mann
hatte gut verdient und hätte –
so wurde später bei Gericht
festgestellt – in seinem Alter
keine entsprechende Stelle
mehr gefunden. Ein klarer Fall
von Sozialwidrigkeit. „Doch
vor Gericht hat die Firma vor-
gebracht, der Angestellte habe
Firmengeheimnisse verraten
und sei deshalb nicht mehr
tragbar“, sagt AK-Rechtsex-
pertin Barbara Tieber. Das
Erstgericht glaubte der Firma,
die zweite Instanz drehte das
Urteil und erklärte die Kün-
digung für rechtsunwirksam.
Der IT-Techniker bekam sei-
nen Job zurück.
Angebliches Fehlverhalten
Kündigungsgründe würden
oft in der Person des Beschäf-
tigten gesucht, weiß die AK.
Damit werde versucht, eine
mögliche Sozialwidrigkeit
zu umgehen. Es werde von
der Firma vorgebracht, die
Betroffene oder der Betroffene
habe ein Fehlverhalten gesetzt,
s e i s c h l am
pig, halte sich
nicht an An-
o r d nu n g e n ,
habe Schäden
verursacht, sei
alkoholkrank
ode r Ähn l i
ches. Nagel-
schmied: „Das
Gericht wägt
ab, was stimmen könnte. Es
gibt die freie Beweiswürdi-
gung.“
Entschädigung
Weitere Gründe, warum eine
Kündigung bekämpft werden
kann: Es liegt ein verpöntes
Motiv vor, etwa weil ausste-
hendes Geld eingefordert wur-
de oder die Gründung eines
Betriebsrates behindert wer-
den soll. Ein anderer Grund
ist, dass eine Diskriminierung
vorliegen könnte, etwa wegen
des Alters, des Geschlechts,
einer Behinderung oder der
religiösen oder ethnischen
Zugehörigkeit.
Rund 80 Prozent der Fälle
enden mit einem Vergleich,
bilanziert der Jurist. Die Ar-
beitnehmerin oder der Arbeit-
nehmer akzeptiert dabei eine
Abgangsentschädigung und
sucht sich einen neuen Job.
Etwa zehn Prozent der Fälle
enden mit einer Rückkehr auf
den alten Arbeitsplatz, in rund
zehn Prozent der Fälle hat die
Firma rechtmäßig gekündigt.
„Eine Kündigung
kann man
bekämpfen. Oft
geht es Firmen nur
darum, jüngere und
billigere Kräfte zu
bekommen.
Wolfgang
Nagelschmied
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