ZAK_06_2019 - page 12-13

Anrechnung der
Karenzzeiten
ak
tipp
Beruf & Recht
Willi Tell
Social Media und Privat-
sphäre: zwei Paar Schuhe,
die nur schwer zusammen-
passen. Da wird schon mal
das Autokennzeichen mit-
gepostet oder der Zeitraum
des nächsten Urlaubs nach
dem letzten Spiegel-Selfie
mit getaggtem Hauptwohn-
sitz veröffentlicht. Das Kind
hat sogar einen Namen: das
Privatsphäre-Dilemma. Denn
es ist schon ein Widerspruch
in sich, wenn Schutz der Da-
ten erwartet und gewünscht
wird, obwohl pikante Details
des Privatlebens so freigie-
big von selbst online gestellt
werden. Aber es geht nicht
nur um Daten, welche die ei-
gene Person betreffen, denn
kaum ein Rechtsgrundsatz
wird bei Facebook, Instagram
und Co. öfter verletzt als das
Recht am eigenen Bild. Auch
wenn das ergoogelte Land-
schaftsportrait von Hund
und Katz beim Sonnenun-
tergang sehr schön ist – es
als das eigene auszugeben,
ist leider verboten, passiert
allerdings nach wie vor sehr
häufig. Und selbst wenn das
Foto eigenhändig gemacht
wurde – sollte ein anderer
Mensch zu sehen sein, muss
dieser mit der Veröffentli-
chung einverstanden sein.
Diese Grenzen werden in den
sozialen Netzwerken schnell
überschritten und können
schwerwiegende rechtliche
Folgen nach sich ziehen. Des-
halb: Im Zweifelsfalle lieber
nicht posten!
Privatsphäre-
Dilemma
dis
kutiert
Michael Radspieler
Social-Media-Experte
Betriebe können Ausbil-
dungskosten von ihren
Beschäftigten zurückver-
langen – aber nur unter be-
stimmten Voraussetzungen.
V
iele Betriebe finanzieren Aus-
und Weiterbildung ihrer Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeiter.
Verlassen die Beschäftigten später
das Unternehmen, fordern Arbeit-
geber oder Arbeitgeberin nicht
selten das Geld für die Ausbildung
zurück. Dabei kann es umbeacht-
liche Summen gehen, weiß AK-
Expertin Verena Stiboller: Sie ist
aktuell mit Fällen befasst, in denen
Beschäftigte Ausbildungskosten
von bis zu 10.000 Euro zurücker-
statten sollen.
Unternehmen können Ausbil-
Ausbildung:
Wann Firmen
Geld zurückfordern dürfen
Seit 1. September 2019 haben Väter einen Rechtsanspruch
auf den Papamonat. Ob Fristen oder Familienzeitbonus: Die
Arbeiterkammer Steiermark hat hier nochmals alle wichtigen
Informationen für Eltern zusammengefasst.
E
inen Rechtsanspruch auf den
Papamonat haben alle be-
rufstätigen Väter – und zwar un-
abhängig von der Dauer des
Beschäftigungsverhältnisses be-
ziehungsweise der Betriebsgrö-
ße. Ein gemeinsamer Haushalt
(Hauptwohnsitz) mit Kind und
Mutter muss vorliegen.
Meldefristen
„Mehrere Meldefristen sind eben-
falls einzuhalten“, betont Berna-
dette Pöcheim, Leiterin der AK-
Abteilung Frauen und Gleichstel-
lung. Somuss derVater spätestens
drei Monate vor demerrechneten
Geburtstermin seinem Arbeit-
geber beziehungsweise seiner
Arbeitgeberin den Beginn des
Papamonats ankündigen. Zudem
Papamonat:
Das müssen
Eltern jetzt beachten
Das neue Zertifikat für 24-
Stunden-Betreuungsagentu-
ren zeigt erste – negative –
Folgen: Die Kosten für Be-
treuung steigen teils kräftig.
D
as Sozialministeriumhat heu-
er ein Gütesiegel für Vermitt-
lungsagenturen, die 24-Stunden-
Betreuung anbieten, eingeführt.
Agenturen können damit zeigen,
dass sie höhere Qualitätsstan-
dards als gesetzlich vorgeschrie-
ben erfüllen – z. B. indem sie
sich verpflichten, mindestens
einmal im Quartal eine Quali-
tätssicherung durch diplomierte
Pflegekräfte durchzuführen. Das
Zertifikat beruht auf Freiwilligkeit,
Agenturen müssen nicht darum
ansuchen.
Neues Gütesiegel
macht
Betreuung deutlich teurer
150 Euro extra
Doch das Gütesiegel hat bereits
unerwünschte Folgen: „Agenturen
mit Qualitätszertifikat werden
wesentlich teurer. Es ist eineMög-
lichkeit für Agenturen, zusätz-
lich Geld zu verdienen“, kritisiert
AK-Expertin Anika Tauschmann.
Sie weiß von einer zertifizierten
Agentur, die nun 150 Euro pro
Quartal extra verlangt – und zwar
von jedem Klienten bzw. jeder
Klientin. Nicht selten werden die
Betroffenen im Nachhinein mit
höheren Kosten überrascht: „Die
Erhöhung der Kosten ist natürlich
nicht vertraglich vereinbart – wer
das nicht zahlen will, wird mit
Vertragskündigung bedroht“, so
Tauschmann. Auch bisher hat es
die Möglichkeit einer Art zusätzli-
chen „Qualitätsmanagements“ in
Form mobiler Dienste gegeben.
Diese sind aus Arbeiterkammer-
Sicht jedenfalls sinnvoller, da sie
auf gemeinnütziger Basis arbeiten
und in den meisten Fällen wahr-
scheinlich kostengünstiger als
das Qualitätsmanagement einer
Vermittlungsagentur sind.
Keine klaren Standards
Generell bemängelt die AK-Exper-
tin, dass es trotz Gütesiegels noch
immer keine klaren Standards
gibt. Sie fordert, dass per Gesetz
Mindestqualifikationen fürs Perso-
nal sowie einheitliche Richtlinien
für Betreuungsverträge festgelegt
werden – denn derzeit hat jede
Agentur eigene Verträge und
Rahmenbedingungen.
DW
dungskosten bei Arbeitnehmer-
kündigung, berechtigter Entlas-
sung, unberechtigtem Austritt
und auch bei einvernehmlicher
Auflösung des Dienstverhältnis-
ses zurückfordern. Grundsätzlich
gelten dafür aber Bedingungen.
„Es muss gezielt für eine konkre-
te Ausbildung eine schriftliche
Rückersatzvereinbarung mit Un-
terschrift geben – eine pauschale
Vereinbarung im Arbeitsvertrag
reicht nicht“, betont Stiboller.
Zudemmuss es sich um eine Aus-
bildung handeln, die Beschäftigte
auch in einer anderen Firma nut-
zen können. Für bloße Einschulun-
gen darf kein Geld zurückverlangt
werden. Rückzahlungsvereinba-
rungen, die seit 29. Dezember
2015 abgeschlossen wurden,
müssen auch eine monatliche
Reduzierung des Rückzahlungs-
betrags enthalten. Die Pflicht zur
Rückzahlung endet nachmaximal
vier Jahren, bei besonders teuren
Ausbildungen nachmaximal acht
Jahren. Die Arbeits- und Sozial-
gerichte lassen häufig nur eine
dreijährige Bindung zu.
AK berät Betroffene
Stiboller rät Betroffenen, die Rück-
forderungen erhalten oder eine
Vereinbarung unterzeichnenwol-
len, sich durch die AK beraten zu
lassen. Das gilt auch für Beschäf-
tigte mit älteren, vor 2006 bzw.
vor dem29. Dezember 2015 abge-
schlossenen Vereinbarungen, bei
denen abweichende Regelungen
gelten können.
DW
Für Väter existiert seit 1. September ein Rechtsanspruch auf den Papamonat.
muss der Arbeitgeber oder die
Arbeitgeberin unverzüglich von
der Geburt verständigt werden.
Und drittens ist spätestens eine
Woche nach der Geburt dem Ar-
beitgeber oder der Arbeitgeberin
mitzuteilen, wann der Papamonat
tatsächlich angetreten wird.
Familienzeitbonus
Für Väter gilt ein Kündigungs- und
Entlassungsschutz, dieser beginnt
mit der Vorankündigung, frühes-
tens aber vier Monate vor dem
errechneten Geburtstermin. Der
Vater kann den Papamonat wäh-
rend des Beschäftigungsverbotes
der Mutter nutzen. Die Arbeitge-
berin oder der Arbeitgeber muss
in dieser Zeit kein Entgelt zahlen.
Väter können den Familienzeit-
bonus in der Höhe von rund 700
Euro für einen Monat beziehen,
der Betrag wird aber bei einem
späteren Bezug von Kinderbe-
treuungsgeld vom Anspruch des
Vaters abgezogen.
Antrag bei Versicherungsträger
Der Familienzeitbonus ist binnen
91 Tagen ab der Geburt des Kin-
des vom Vater beim zuständigen
Krankenversicherungsträger zu
beantragen und muss in diesem
Zeitraum auch konsumiert wer-
den. Der Anspruch auf Familien-
zeitbonus ist an weitere Voraus-
setzungen geknüpft, wieMindest-
versicherungszeiten, Bezug von
Familienbeihilfe etc. Sofern ein
Anspruch auf Familienzeitbonus
besteht, sindVäter im Papamonat
auch kranken- und pensionsver-
sichert. Nach Papamonat und
Familienzeitbonus-Bezug muss
der Vater die Erwerbstätigkeit
wieder aufnehmen.
DW
AK-Expertin Bianca Liebmann-
Kiss erklärt:
Für Geburten ab 1. August
2019 werden Karenzzeiten
nach demMutterschutz- bzw.
Väterkarenzgesetz für alle
Ansprüche, die von der Dauer
des Dienstverhältnisses ab-
hängen, voll angerechnet (z. B.:
Gehaltsvorrückungen). Hat
sicheineMutter bei derGeburt
ihres Kindes im vierten Be-
schäftigungsgruppenjahr be-
funden und nimmt zwei Jahre
Karenz in Anspruch, ist sie
nach Rückkehr aus der Karenz
im sechsten Beschäftigungs-
gruppenjahr einzustufen.
Einkommensunterschiede
verringern
Durch die zwingende ge-
setzliche Anrechnung der
Karenzzeiten sollen die nach
wie vor bestehenden Einkom-
mensunterschiede zwischen
den Geschlechtern reduziert
werden. Für Geburten bis 31.
Juli 2019 werden die Karenz-
zeiten für Vorrückungen nur
angerechnet, wenn eine kol-
lektivvertragliche Regelung
gegeben ist.
©Andrey Bandurenko - stock.adobe.com
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