Eine unvorstellbare Daten-
menge von 2,6 Terabyte.
400 JournalistInnen aus 80
Ländern, die ein volles Jahr
an der Veröffentlichung ge-
arbeitet haben: So gigantisch
die Ausmaße der „Panama
Papers“ anmuten, wirklich
überraschend kommen die
darin aufgedeckten Machen-
schaften nicht. Es ist ein of-
fenes Geheimnis, dass Milli-
arden und Abermilliarden an
Finanzämtern vorbei in Steu-
eroasen geschleust werden.
Experten schätzen den
Betrag, der allein den Mit-
gliedsstaaten der EU durch
legale
Steuervermeidung
und illegale Steuerhinterzie-
hung entgeht, auf die un-
vorstellbare Summe von 1
Billion Euro. Das entspricht
dem Dreifachen der gesam-
ten Wirtschaftsleistung Ös-
terreichs. Das sind Gelder, die
denehrlichenSteuerzahlerin-
nen – allen voran den Arbeit-
nehmerInnen – gestohlen
werden. Denn sie sind es, die
den Steuerausfall, den die
multinationalen
Konzerne
und die Superreichen zu ver-
antworten haben, kompen-
sierenmüssen.
Spätestensmit demBekannt-
werden der Panama Papers
muss ein Ruck durch die in-
ternationalen Organisatio-
nen gehen, die Steueroasen
endlich trockenzulegen und
den
Steuerhinterziehern
das Handwerk zu legen.
WIRTSCHAFT
INTERESSENSPOL ITIK
KLIPP & KLAR
Josef Pesserl
AK-Präsident
DIEBSTAHL
ZAK
nhalt
SolisImages | Fotolia
Kampf um Fairness für
Verkehrsbeschäftigte 4/5
Steuerspartage: 2,5
Millionen von der Finanz 4
Gastkommentar: Plädoyer
für Pensionssystem
5
Sexuelle Belästigung
auf der Skihütte
6
Kinderbetreuung braucht
mehr Anerkennung 7
Bildungswege
nach der Lehre
8
Girls‘ Day: Junge Frauen
erobern die Technik 9
Qualität in der
Pflege gefragt
11
Fürs Kranksein
rechtfertigen?
12
Sicherheitsschlösser
im Test
13/14
ExpertInnentipps
15
Leasing: Finanzielle
Fahrt ins Ungewisse 16
Ungültige Klauseln
in Fitnessverträgen 16
Kostencheck für
das Radlservice
17
Satire/Willi Tell
19
Zeitensprung: Mahnmal
Tschernobyl
20/21
Blitzlichter
22/23
Die Rekordarbeitslosigkeit
bezeichnete ÖGB-Präsident Erich Foglar bei der jüngsten AK-
Vollversammlung als größte Herausforderung für die Gewerkschaften. Eine Herausforderung,
die durch die Digitalisierung der Arbeitswelt noch verstärkt wird.
Die aktuelle Situation auf
dem Arbeitsmarkt sei „in
hohem Maße“ ein Bildungs-
problem. Auf dem Arbeits-
markt finde ein Austausch
statt: Gut ausgebildete Zu-
wanderer aus den neuen EU-
Mitgliedsländern verdräng-
ten Arbeitnehmer, die als
höchste Ausbildung einen
Pflichtschulabschluss vorzu-
weisen hätten.
Das wahre Problem in die-
sem Zusammenhang sei das
Lohn- und Sozialdumping,
ortete Foglar es geradezu als
„Geschäftsmodell“ einiger
Unternehmen, heimische Be-
stimmungen zu unterlaufen.
An diesem Punkt hakte auch
AK-Präsident Josef Pesserl
bei seinem Bericht ein: Es
müsse sichergestellt werden,
dass Unternehmen, die in
Österreich tätig seien, auch
die in Österreich vorgesehe-
nen Entgelte und Sozialabga-
ben zahlen, forderte Pesserl.
Digitalisierung
Die Probleme auf dem Ar-
beitsmarkt erforderten auch
von den Gewerk scha f ten
„neue Antworten“, erwartet
Foglar aufgrund der Digi-
ta l isierung eine künf t ige
Arbeitswelt, die mit der heu-
tigen nicht vergleichbar sein
werde. Eine Arbeitszeitver-
kürzung werde ebenso not-
wendig sein wie eine neue
Ar t der Finanzierung der
sozialen Sicherheit, erinnerte
Foglar an die Tatsache, dass
fast zwei Drittel der Staats-
einnahmen lohnabhäng ig
seien. Die Digitalisierung
aller Lebensbereiche – und
somit auch der Arbeitswelt
– sei die „größte gesellschaft-
liche Herausforderung“.
Erfolgsbilanz
Die Erfolgsbilanz der steiri-
schen Arbeiterkammer im
abgelaufenen Jahr 2015 stell-
te AK-Präsident Josef Pesserl
in den Mittelpunkt seines
Berichts. 220.000 Beratungen
seien ein Beweis für die Viel-
falt der Probleme, mit denen
d ie AK-Mit a rbeiterI nnen
konfrontiert werden, so der
AK-Präsident. An Geldern
habe die AK im Vorjahr für
ihre Mitglieder 43 Millionen
Euro erkämpft, davon knapp
12 Millionen allein im Ar-
beitsrecht: „Das unterstreicht
die unglaubliche Bedeutung
der Arbeiterkammer für ihre
Mitglieder.“
Digitalisierung
als
große Herausforderung
und in Form des automati-
schen Informationsaustau-
sches an die jeweiligen Finanz-
ämter weitergeleitet werden“,
fordert AK-Präsident Josef Pes-
serl vollständige Transparenz.
Notwendige Schritte seien:
■
das weltweite Verbot von
Briefkastenfirmen mit unkla-
ren Eigentumsverhältnissen,
■
Wirtschaftssanktionen ge-
gen Steueroasen, die sich dem
automatischen Informations-
austausch verweigern,
■
ein dem Grundbuch ähnli-
cher internationaler Finanz-
kataster und
Installierung von privaten
Schiedsgerichten festhalten,
betonte deren Chefverhandler
Bryant Trick bei einer Diskus-
sionmit Gewerkschaftern, AK-
Experten und Betriebsräten der
Auto-Zulieferindustrie. Der-
artige Schiedsgerichte würde
Konzernen das Recht einräu-
men, gegen nationalstaatliche
Regelungen zu klagen, wenn
diese ihrer Meinungen nach
ihre Gewinnaussichten schmä-
lern. Die anwesenden Arbeit-
nehmervertreter konnte Trick
D
ie „Panama Papers“ – die
Aufdeckung eines Ge-
flechts an Briefkastenfirmen
zwecks Steuerhinterziehung
oder Steuervermeidung im
mittelamerikanischen Staat
– sind in aller Munde, aber
nur die Spitze des Eisbergs.
Die AK sieht sich durch das
Bekanntwerden der „Panama
Papers“ in ihrer Forderung
bestärkt, die Steueroasen end-
lich trockenzulegen: „Es ist
unbedingt notwendig, dass
die Kapitaleinnahmen und die
Vermögen der Superreichen
endlich vollständig erfasst
Die unterschiedlichen
Standpunkte
von TTIP-
Befürwortern und -Gegnern
traten auch bei einer Kon-
frontation in der steirischen
Arbeiterkammer zutage.
I
nsbesondere am sogenann-
ten „Investitionsschutz“
scheiden sich nach wie vor
die Geister. Die USA wollen
im Rahmen des geplanten
transatlantischen Freihan-
delsabkommens TTIP an der
„Panama Papers“:
Spitze des Eisbergs
TTIP:
Harte Fronten
■
Sofortmaßnahmen zur Tro-
ckenlegung von Steueroasen
im Einflussbereich der Euro-
päischen Union.
Ebenso wichtig seien Maß-
nahmen gegen die lega le
Steuervermeidung von Kon-
zernen durch das Verschie-
ben von Gewinnen in Länder
mit niedriger Körperschafts-
steuer: „Das Ziel muss sein,
da ss i nter nat iona le Kon-
zerne ih re Gewinne dor t
versteuern, wo sie anfallen.“
Aktuelle Bemühungen der
EU um mehr Transparenz
seien zu begrüßen, so Pesserl.
„Um den ruinösen Steuer-
wettbewerb innerhalb der EU
in den Griff zu bekommen,
brauchen wir aber auch einen
einheitlichen Körperschafts-
steuersatz.“
allerdings nicht überzeugen,
wie sich in der anschließenden
Diskussion zeigte, in der eine
„private Paralleljustiz“ uniso-
no abgelehnt wurde.
In der jüngsten TTIP-Verhand-
lungsrunde hatte die EU-Kom-
mission einen Kompromiss-
vorschlag vorgelegt, der die
Einführung eines bilateralen
Investitionsgerichts und ei-
nen Berufungsmechanismus
vorsieht. Ende dieses Jahres
sollen die Verhandlungen ab-
geschlossen sein.
AK | Peter Manninger
zoeytoja | Fotolia
Rund 1.000.000.000.000 Euro –
in Worten eine Billion
oder tausend Milliarden Euro. So viel entgeht den europä-
ischen Staaten durch Steuerhinterziehung und Steuerver-
meidung. Die AK fordert, die Steueroasen weltweit endlich
trockenzulegen.
AK | Graf
ÖGB-Präsident Erich Foglar im Gespräch mit KollegInnen der AK-Vollversammlung.
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