ZAK_03_April-2018_korr1_WEB - page 16-17

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ARBEITSRECHT
ARBEITSRECHT
Regelmäßig leistete der
Obersteirer
in hohem Aus-
maß Überstunden, doch bei
der Berechnung der Abfer-
tigung und Geldansprüchen
aus nicht verbrauchtem Ur-
laub nahm die Firma – zuerst
– keine Rücksicht darauf.
M
ehr als 30 Jahre lang
arbeitete der 63-Jährige
Obersteirer für sein Unterneh-
men. Als das Dienstverhältnis
endete, erhielt er als Abferti-
gung rund 25.000 Euro und
etwa 11.500 Euro Urlaubser-
satzleistung. Die Gesamtsum-
me schien ihm aber zu gering
und er bat bei der Arbeiterkam-
mer in Leoben um Überprü-
fung der Endabrechnung. „Wir
Bei der Abrechnung
fehlten 38.500 Euro
stellten fest, dass bei der Be-
rechnung der Abfertigung und
der Urlaubsersatzleistung eine
falsche Bemessungsgrundlage
herangezogen wurde“, erklärt
AK-Arbeitsrechtsexperte Ste-
fan Jäger.
Nur Grundlohn beachtet
Der Obersteirer war vor Auflö-
sung des Dienstverhältnisses
mehrere Monate im Kranken-
stand. Doch vor Beginn des
Krankenstandes hatte er re-
gelmäßig viele Überstunden
geleistet. Diese wurden bereits
bei der Berechnung des Kran-
kenentgelts fälschlicherweise
nicht berücksichtigt. Bei der Be-
rechnung der Abfertigung und
der Urlaubsersatzleistung ging
sein Chef wieder ausschließlich
beenden. Diese Möglichkeit ist
nach dem Mutterschutzgesetz
vorgesehen.
5.700 Euro
Bitter war für die Frau, als
ihr ehemaliger Dienstgeber
plötzlich eine Rechnung über
5.700 Euro für die Ausbildung
schickte. Tatsächlich war im
Dienstvertrag der Kranken-
schwester ein Rückersatz der
Ausbildungskosten vereinbart,
unter anderem bei einem unbe-
rechtigten vorzeitigen Austritt.
AK-Jurist Stefan Schmelzer:
„Diese Forderung an die junge
Frau konnten wir abwehren.“
Das Höchstgericht hatte zuvor
schon in einem anderen Fall
entschieden, dass bei einer
Mutterschaft ein vorzeitiger
Der Betriebsrat
muss bei
Kündigungen verständigt wer-
den. Weil das nicht passiert
ist, soll eine Abteilungsleiterin
plötzlich eine Führungskraft
gewesen sein.
A
nna P. aus dem Bezirk
Graz-Umgebung hatte in
der Metallindustrie in Kärnten
einen guten Job erwischt, für
den sie sogar das Pendeln in
Kauf nahm.
Als Abteilungsleiterin war
sie für Logistik und Produkti-
onsplanung zuständig. Nach
einem Jahr passte die Zusam-
menarbeit für ihren Dienstge-
ber nicht mehr, mit sechsmo-
natiger Frist kündigte er der
60.000 Euro
erkämpft
Mit verspäteter Anmel-
dung
und behauptetem Pro-
bemonat sollte ein Akademi-
ker von einer Grazer Baufirma
nach getaner Arbeit schnell
und billig hinausgeworfen
werden.
K
laus P. ist ein gestandener
Bauingenieur mit einem
akademischen Abschluss. Die
Kalkulation von Bauprojekten
ist für ihn kein Problem und
genau für diese Arbeit wurde
in einer kleinen Grazer Baufir-
ma dringend jemand gesucht.
Der Akademiker sagte zu. Neun
Tage vor demweihnachtlichen
Betriebsurlaub startete er seine
Tätigkeit.
Angemeldet wurde er aber
erst im neuen Jahr, und genau
ein Monat danach löste der
Chef den Arbeitsvertrag mit
sofortiger Wirkung auf. Das sei
möglich, weil das Probemonat
Frau und stellte sie gleichzeitig
dienstfrei.
Nur mit Betriebsrat
Oft nicht beachtet werden die
gesetzlichenMitwirkungsrech-
te des Betriebsrates. So muss
die Chefin oder der Chef den
Betriebsrat vor jeder Kündi-
gung einer oder eines Beschäf-
tigten verständigen. Innerhalb
einer Woche kann der Betriebs-
rat dazu Stellung nehmen.
AK-Jurist Stefan Schmelzer:
„In diesem Fall ist die Verstän-
digung nachweislich unter-
blieben. Weil die Kündigung
deshalb rechtsunwirksamwar,
versuchte die Firma, aus der
Abteilungsleiterin eine lei-
tende Angestellte zu machen.
Dann hätte man keine Verstän-
digung gebraucht.“
Fall vor Gericht
Es ging um viel Geld, da mit
der Frau eine sechsmonatige
Kündigungsfrist vereinbart
war. Der Fall landete mit Hilfe
der Arbeiterkammer vor dem
Arbeitsgericht.
Nach mehreren Verhandlungs-
runden sah der Dienstgeber
ein, dass seine Sicht der Din-
ge nicht anerkannt und die
Frau nicht als Führungskraft
gesehen wird. Die Firma zog
einen Schlussstrich und zahl-
te 60.000 Euro. Die Frau hat
inzwischen in der Steiermark
einen passenden Job gefun-
den.
SH
Kurz vor dem Ende
einer
vom Spital gezahlten Aus-
bildung bekam eine Kran-
kenschwester ein Baby und
beendete deshalb ihren Job.
Die Ausbildungskosten muss-
te sie aber nicht zahlen, weil
die AK einschritt.
D
ie Diplomkrankenschwes-
ter hatte in einem Wiener
Spital gearbeitet, der Dienstge-
ber zahlte ihr eine teure Zusatz-
ausbildung. Die Frau wurde
schwanger und zog während
der Karenz zu ihrem Partner in
die Steiermark. Vor dem Ende
der Karenz entschloss sich
die junge Mutter, ihr Dienst-
verhältnis durch Austritt aus
Gründen der Mutterschaft zu
Austritt begründet ist und der
Dienstgeber deshalb keinen
Anspruch auf Rückersatz der
Ausbildungskosten hat. Diese
OGH-Entscheidung führte zum
Umdenken beim Dienstgeber,
noch nicht vorbei sei, lautete
die Begründung.
Ein Viertel gezahlt
„Unserem Mitglied wurde
hier übel mitgespielt“, sagt
AK-Jurist Michael Kohler.
Die Anmeldung des Jobs bei
der Sozialversicherung war
verspätet, die Bezahlung für
die Tätigkeit vor Weihnachten
fiel zu gering aus und über-
dies hatte der Mann nie einen
Dienstvertrag unterschrieben,
der ein Probemonat vorsieht.
„Die Arbeiterkammer klagte
alle Ansprüche ein, die bei
einer ordnungsgemäßen Kün-
digung unter Beachtung der
Kündigungsfrist angefallen
wären.“ Kohler: „Alles in allem
betrug die eingeklagte Summe
netto mehr als 8.000 Euro.“
Tatsächlich ausbezahlt bekom-
men hatte der 41-Jährige zuvor
von der Firma nur knapp 3.000
Euro netto. „Der Unternehmer
vom Grundlohn aus und ließ
die Überstunden außer Acht.
Jäger: „Alle über einen längeren
Zeitraum regelmäßig erzielten
Bestandteile eines Entgelts wie
Zulagen oder Prämien sind
grundsätzlich für die Bemes-
sungsgrundlage heranzuzie-
hen.“ Ein geringerer Verdienst
im letzten Bezugsmonat ist etwa
dann nicht maßgebend, wenn
ein Arbeitnehmer beispielswei-
se durch Krankheit gehindert
war, auf das zuvor regelmäßig
erreichte Entgelt zu kommen.
Durch Intervention der AK Le-
oben sah der ehemalige Arbeit-
geber des Lkw-Fahrers seinen
Fehler ein und der Obersteirer
erhielt zusätzlich 38.500 Euro
an Abfertigung sowie Urlaubs-
ersatzleistung.
JF
Mit einem Viertel
des Entgelts heimgeschickt
Junge Mutter
sollte
Ausbildung zahlen
der seine Forderung zurückzog.
Laut Mutterschutzgesetz ist ein
Austritt wegen der Geburt eines
Kindes bis längstens drei Mo-
nate vor Ende der Karenz mög-
lich.
SH
wollte den Mann also mit et-
was mehr als einemViertel des
zustehenden Geldes wieder
heimschicken“, sagt der Jurist.
Verfahren gewonnen
Weil das Arbeitsgericht in ers-
ter Instanz die Klage abgewie-
sen hatte, ging die AK in Beru-
fung. „Wir waren von unserer
Rechtsmeinung überzeugt“, so
Kohler, der vomOberlandesge-
richt vollinhaltlich Recht be-
kam. Das ausstehende Entgelt
wurde dem Mann inzwischen
von der Firma überwiesen.
SH
Ein Austritt aus Gründen der
Mutterschaft ist berechtigt. Die
Frau bleibt deshalb nicht auf
den Ausbildungskosten sitzen.
Einem Bauingenieur wurde übel
mitgespielt. Die AK half.
Egal ob es um große oder um
kleine Beträge geht. Die Arbei-
terkammer sorgt für Gerechtig-
keit bei der Bezahlung.
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Graf | AK
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