ZAK Sept 2015_ES - page 4

Die Hetze im Netz nimmt
zu:
Ein Kommentar in sozia-
len Medien kann zur Entlas-
sung führen. „Facebook ist
kein Stammtisch“, warnt
Dr. Wolfgang Nagelschmied
vor den Folgen fremden-
feindlicher Statements.
RECHT
E
in Lehrling, eine Grazer
Supermarktmitarbeiterin
und zwei Rettungskräfte ha­
ben kürzlich ihre Jobs verlo­
ren. Der Grund: Sie haben im
Internet gegen Asylsuchende
gehetzt. „Soziale Netzwerke
bieten keinen rechtsfreien
Raum“, betont der Leiter im
AK-Arbeitsrecht, Dr. Wolfgang
Nagelschmied, in Hinblick
auf kriminelle Hass-Postings,
die zu Kündigungen geführt
haben.
Mit den arbeitsrechtlichen
Konsequenzen haben die be­
troffenen Unternehmen sig­
nalisiert, dass Fremdenfeind­
lichkeit nicht tolerierbar ist,
auch wenn diese als „private“
Ansicht geäußert werde.
Kündigung geht immer
Im Falle von Hass-Postings
kann man natürlich grund­
sätzlich immer gekündigt
werden, denn der Arbeitgeber
braucht für eine Kündigung
keinen Grund, sondern muss
Hass-Postings
können
den Job kosten
nur die Kündigungsfrist ein­
halten, erklärt der AK-Experte.
Auch eine Kündigungsanfech­
tungsklage des Arbeitnehmers
würde mit Sicherheit vom
Arbeitsgericht abgewiesen
werden, denn ein solches Ver­
halten ist dem Arbeitnehmer
als „Grund in der Person des
Arbeitnehmers“ vorwerfbar.
Jugendlicher Leichtsinn ist
keine Entschuldigung: Da
man in Österreich ab dem 14.
Lebensjahr strafmündig ist,
sollte man sich genau über­
legen, was man im Internet
hinausposaunt.
Vertrauen nicht gegeben
Alles, was den Geschäfts­
verlauf eines Unternehmens
stören könnte, kann bis zu
einer fristlosen Entlassung
führen. Nagelschmied: „Wenn
Hass-Postings auf das Ar­
beitsverhältnis durchschla­
gen könnten – z. B. weil der
Arbeitgeber befürchtet, dass
dadurch Kunden „vergrault“
werden – können sie sogar ent­
lassungsrelevant sein, d.h. der
Arbeitgeber kann aus diesem,
dem Arbeitnehmer vorwerf­
baren schuldhaften Verhalten
das Arbeitsverhältnis ohne
Einhaltung einer Kündigungs­
frist lösen. In diesemFall wäre
einAbfertigungs-alt-Anspruch
ebenfalls verloren.“
Bei Arbeitern ist ein Verhalten
auch dann entlassungsrele­
vant, wenn es verwaltungs­
strafrechtlich vorwerfbar ist.
Bei Angestellten kann eine
bloße Vertrauensunwürdigkeit
schon einen Entlassungsgrund
darstellen. Es bedarf für eine
Entlassung auch keiner tat­
sächlichen strafrechtlichen
Verurteilung, stellt der Experte
klar.
Facebook und Arbeit trennen
Facebook und Arbeit soll­
ten nach Möglichkeit strikt
getrennt werden, lautet der
grundsätzliche Rat der Arbei­
terkammer.
Rudolf Willgruber
Kopfweh über schnell gedrückte
„Like“-Buttons und gehässige Kom-
mentare. (
DDRockstar – Fotolia)
Nicht ohne
den Betriebsrat
Ein Arbeitnehmer kann vom
Arbeitgeber vor der einver­
nehmlichen Auflösung des
Arbeitsverhältnisses eine Be­
ratung mit dem Betriebsrat
verlangen. Dieses Verlangen
führt dazu, dass eine einver­
nehmliche Auflösung inner­
halb von zwei Arbeitstagen
nicht möglich ist.
„Ein bloßes Ersuchen des Ar­
beitnehmers um Bedenkzeit
vor Abschluss der angebo­
tenen Auflösung löst diese
Sperrf rist nicht aus“, prä­
zisiert AK-Experte Gerald
Mattersdorfer. Die Beratung
mit dem Betriebsrat soll er­
möglichen, Rechtsfolgen und
Alternativen abzuschätzen.
Erfolgt eine Auflösung wäh­
rend der Sperrfrist, muss der
Arbeitnehmer diese innerhalb
einer Woche schriftlich beein­
spruchen.
Pendlerbeihilfe
noch beantragen
Noch bis Ende Dezember kann
um die PendlerInnenbeihilfe
des Landes Steiermark und
der Arbeiterkammer rückwir­
kend für 2014 angesucht wer­
den. Knapp 10.000 SteirerIn­
nen bekamen im Vorjahr eine
Beihilfe: Sie hatten bei der
steirischen AK ein Ansuchen
gestellt und im Durchschnitt
127 Euro ausbezahlt erhalten
(die maximale Förderung be­
trägt 389 Euro pro Jahr).
Anspruch auf Förderung ha­
ben Personen mit Hauptwohn­
sitz in der Steiermark, die
Strecke zur Arbeit muss in
eine Richtung mindestens
25 Kilometer lang sein. Das
Jahreseinkommen darf nicht
über 29.715 Euro liegen (ohne
Familienbeihilfe, aber inklu­
sive 13. und 14. Gehalt). Auch
für Schulungsmaßnahmen,
welche durch das AMS ge­
fördert werden, gibt es Pend­
lerInnenbeihilfe. Urlaub oder
Krankheit bis zu zwei Mona­
ten unterbricht den Anspruch
nicht.
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