ZAK_Dezember_Ansicht - page 12-13

Beruf & Recht
Ihre Ehe sei eine Zwangsehe und Türkinnen würden sowieso
immer gleich schwanger – mit diesenWorten„gratulierte“
die Vorgesetzte ihrer Mitarbeiterin zur Hochzeit.
D
er Job als Restaurantfachfrau
hörte sich vielversprechend
an. Ihre Vorgesetzten sowie die
Kollegenschaft drückten regel-
mäßig ihre Zufriedenheit mit der
19-jährigen Türkin aus. Nach drei
Monaten auf Probe schien eine
Übernahme in ein unbefristetes
Arbeitsverhältnis vorgezeichnet.
Doch nach einem einwöchigen
Urlaub änderte sich die Situation
schlagartig. Als sie der Hoteldirek-
torin erzählte, dass sie in derTürkei
ihren Verlobten geheiratet hatte
und er noch dort sei, reagierte die-
se wenig erfreut. In der Kollegen-
Hoteldirektorin
diskriminierte Türkin
schaft verbreitete die Vorgesetzte
das Gerücht, dass es sich um eine
Zwangsehe handle.
Voll von Vorurteilen
Als es dann um die Verlängerung
der Arbeitsstelle ging, meinte die
Chefin, dass es diese nicht geben
werde, da sie schon oft Probleme
mit jungen Mädchen bzw. mit
Türkinnen gehabt habe, die immer
gleich schwanger würden. Zum
Abschied wünschte die Hotelche-
fin an den Ehemann der jungen
Türkin gerichtet„viel Spaß bei der
Jobsuche in Graz“.
Unterstützung von Betriebsrätin
Gemeinsam mit der Betriebsrätin
des Hotels, die die immer wieder-
kehrenden Probleme kennt, ließ
sich die Restaurantfachfrau von
AK-Expertin Nadja Schretter be-
raten. Es wurde eine Intervention
wegen Mehrfachdiskriminierung
aufgrund des Geschlechts und der
ethnischen Herkunft an das Hotel
verfasst. DasVier-Sterne-Hauswies
die Anschuldigungen zurück, die
AK ging vor Gericht und klagte
auf 3.000 Euro Schadenersatz. Ein
Vergleichsangebot mit 1.000 Euro
seitens des Hotels lehnte die Be-
troffene ab. Schlussendlich setzte
das Gericht einen Schadenersatz
von 2.000 Euro für die Diskriminie-
rungen fest.
JF
Beruf & Recht
In einem Betrieb sollten die Regeln zumThema Rau-
chen klar sein – für ein friedliches Miteinander von
Nichtrauchern und Rauchern am Arbeitsplatz. Denn
nicht nur Rauchen, sondern auch Passivrauchen
gefährdet die Gesundheit.
Nichtraucherschutz
am Arbeitsplatz
Kein Dienstzettel
bzw. keine Lohnab-
rechnung: Was tun?
ak
tipp
AK-Experte Manuel Stelzl
antwortet:
Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmer haben keinen
Anspruch auf einen schrift-
lichen Arbeitsvertrag, sehr
wohl aber auf einen Dienst-
zettel. Dieser ist eine schrift-
liche Aufzeichnung über die
wesentlichen Rechte und
Pflichten aus dem Arbeitsver-
hältnis. Auch haben Arbeit-
nehmerinnen und Arbeit-
nehmer einen gesetzlichen
Anspruch auf Ausfolgung
einer
ordnungsgemäßen
Lohn-/Gehaltsabrechnung.
Gesetzlich
verankert
In der Praxis kommt es immer
wieder vor, dass Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer
diese Unterlagen nicht erhal-
ten. Dann am besten Arbeit-
geberin bzw. Arbeitgeber per
eingeschriebenem Brief zur
Ausstellung auffordern. Kom-
men Arbeitgeberin bzw. Ar-
beitgeber der Aufforderung
nicht nach, kann die Ausstel-
lung mittels Klage bei Gericht
durchgesetzt werden.
Eine Obersteirerin wollte
eigentlich eine Berufsfo-
tografenlehre absolvie-
ren, musste dann jedoch
im Postpartner-Bereich
des Betriebes arbeiten.
E
in obersteirischer Fotogra-
fenbetrieb fungiert in seinem
Geschäft auch als Post- und BA-
WAG-P.S.K.- Partner. Über das AMS
hatte er eine Lehrstelle für eine
Berufsfotografin ausgeschrieben,
für die sich eine junge Obersteire-
rin bewarb. Die Lehre entpuppte
sich als bloßes Anlernverhältnis
ohne Anwendung des Berufs-
ausbildungsgesetzes und ohne
Berufsschulbesuch.
Wenig Wochengeld
In einer handschriftlichen Verein-
barung setzte der Arbeitgeber
die Entlohnung auf Basis des
Mindestlohntarifes für Berufsfoto-
grafenlehrlinge fest. Da die bereits
volljährige Frau dringend Arbeit
suchte, unterschrieb sie. Schon
bald wurde sie aber meist nur
noch im Postpartner-Bereich des
Betriebes eingesetzt, die Entloh-
nung blieb auf der niedrigen Lehr-
lingsentschädigungsbasis. Knapp
17Monate lief es so, bis die Frau in
den vorzeitigenMutterschutz kam
–wobei sie sechs Monate lang nur
ein äußerst niedrigesWochengeld
erhielt, da dieses auf Basis der be-
zahlten Lehrlingsentschädigung
berechnet wurde.
Langer Rechtsstreit
Die AK versuchte den Arbeitge-
ber zu bewegen, der Frau das ihr
eigentlich zustehende Entgelt
zu bezahlen. Doch eine außer-
gerichtliche Einigung scheiterte
zunächst. Nach mehreren Jah-
Fotografenlehre
war
mies bezahlter Handelsjob
ren Rechtsstreit durch mehrere
Gerichtsinstanzen konnte die
AK schließlich doch noch einen
außergerichtlichen Vergleich er-
zielen. Die Frau erhielt mehr als
9.200 Euro an Entgelt nachgezahlt,
zudem gab es nachträglich auch
noch eine Wochengeld-Nachzah-
lung von rund 4.500 Euro.
DW
Von einer Karriere als Berufsfo-
tografin konnte eine Oberstei-
rerin nur träumen.
zak
info
Gesundheitsgefahr
Dass Passivrauchen gesundheitsschädigend
ist, ist wissenschaftlich bewiesen: Die giftigen
und krebserregenden Substanzen des Tabak-
rauchs werden auch beim Passivrauchen
eingeatmet.
Darüber hinaus ist der„kalte Rauch“ gefährlich:
Partikel des Tabakfeinstaubs lagern sich an
Wänden und Textilien (Vorhängen, Möbeln
etc.) ab und werden von dort wieder in die
Raumluft abgegeben. In Räumen, in denen
geraucht wird, ist man dadurch ständig den
schädlichen, im Tabakrauch enthaltenen
Stoffen ausgesetzt. Sogar dann, wenn dort
gerade nicht geraucht wird. Auch beim
„Dampfen“ von E-Zigaretten kann nicht ausge-
schlossen werden, dass die Gesundheit von
anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mern geschädigt wird.
Hilfestellung zum Nichtraucherschutz
* Besprechen Sie die Regeln zum Nichtrau-
cherschutz mit Betriebsrat, Sicherheitsver-
trauenspersonen und den Kolleginnen und
Kollegen.
* Wenn es Probleme mit der Einhaltung von
Rauchverboten gibt, informieren Sie die
Arbeitgeberin bzw. den Arbeitgeber.
* Wenn alle Mittel im Betrieb ausgeschöpft
sind, kann ein Verstoß gegen das Arbeit-
nehmerschutzgesetz beim zuständigen
Arbeitsinspektorat gemeldet werden.
* Möchten Sie das Rauchen aufgeben? Spre-
chen Sie mit Ihrer Ärztin bzw. Ihrem Arzt.
oder informieren Sie sich auf
S
eit 1. November gilt der Nichtraucherschutz
am Arbeitsplatz in Österreich in allen Be-
reichen. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber
sind gesetzlich verpflichtet, nicht rauchende
Beschäftigte vor Tabakrauch zu schützen.
Dieses Rauchverbot gilt nicht nur für Arbeits-
räume, sondern auch für den Eingangsbereich
eines Gebäudes, das Stiegenhaus und Gänge.
Sämtliche Tabakwaren (Zigaretten, Zigarren
etc.) sowie E-Zigaretten und Wasserpfeifen
fallen unter dieses Verbot. Ob diese Produkte
Nikotin enthalten oder nicht, spielt keine Rolle.
Wann gilt Rauchverbot?
Am Arbeitsplatz:
Sofern auch nur eine Nicht-
raucherin bzw. ein Nichtraucher in der Ar-
beitsstätte beschäftigt ist, gilt Rauchverbot
im Gebäude. Das Rauchverbot gilt auch in
Einzelbüros. Arbeitgeberinnen und Arbeitge-
ber können eigene Raucherräume einrichten.
Sind in einer Arbeitsstätte ausschließlich Rau-
cherinnen und Raucher beschäftigt, besteht
kein Rauchverbot.
Im öffentlichen Raum:
Befinden sich Ar-
beitsplätze an Orten des öffentlichen Lebens,
sind die Rauchverbote nach dem Tabak- und
NichtraucherInnenschutzgesetz zu beachten.
Es handelt sich um Räume, zu denen Kundin-
nen und Kunden, Klientinnen und Klienten,
Patientinnen und Patienten usw. Zutritt haben.
Beispielsweise Geschäfte, Büros mit Kunden-
verkehr, Gastgewerbebetriebe, Unterrichtsräu-
me oder öffentliche Verkehrsmittel.
Spezielle Gründe:
Wie bisher können Rauch-
verbote auch aus anderen Gründen gelten.
Etwawegen Brand- und Explosionsgefahr oder
bei Arbeiten mit gesundheitsgefährdenden
Arbeitsstoffen.
Hausrecht:
Auch dann, wenn für eine Ar-
beitsstätte kein gesetzliches Rauchverbot gilt,
können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber
sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
imRahmen des Hausrechts Rauchverbote ver-
hängen. Gibt es einen Betriebsrat, muss dieser
beteiligt werden.
Regelung für Schwangere:
Bisher waren Frau-
en ab Bekanntgabe ihrer Schwangerschaft im
Hotel- und Gastgewerbemit einemEntgeltan-
spruch freigestellt, wenn
sie in Raucherbereichen
arbeiten mussten. Das ent-
fällt mit der neuen Regelung,
damit sind Schwangere ja ge-
schützt. Bedenklich ist aber laut
wissenschaftlichen Erkenntnissen der
kalte Rauch in Räumen, in denen lange Zeit
geraucht wurde. Inwieweit hier nochMaßnah-
men wie zumindest die Neustreichung der
Wände zu ergreifen sind, wird sich in Zukunft
zeigen.
Wo darf bei Rauchverbot geraucht werden?
In der Arbeitsstätte:
Arbeitgeberinnen und
Arbeitgeber können einen Raum oder ein-
zelne Räume zum Rauchen einrichten. Diese
Raucherräume dürfen aber keine Arbeitsräu-
me (Büro, Werkstatt etc.) sein – auch wenn in
diesem Arbeitsraum nur rauchende Personen
ihre Arbeitsplätze haben. In Aufenthalts-,
Bereitschafts-, Sanitäts- und Umkleideräu-
men darf ebenso nicht geraucht werden. Bei
Raucherräumen muss dafür gesorgt sein,
dass der Tabakrauch nicht in andere Bereiche
dringt, für die Rauchverbot gilt. In der Praxis
muss eine entsprechende Be- und Entlüftung
gewährleistet sein.
Im Freien:
Das Gesetz sieht kein Rauchverbot
im Freien vor. Die Regeln für Rauchen am
Betriebsgelände müssen im Betrieb geklärt
werden. Es kann etwa ein überdachter Bereich,
eventuell mit einemWindfang, für Raucherin-
nen und Raucher errichtet werden. Rauchver-
bote aufgrund von Spezialvorschriften (z. B.
Brandschutz) sind jedenfalls einzuhalten.
Gibt es ein Recht auf Rauchpausen?
Einen gesetzlichen Anspruch darauf gibt es
nicht. Aber: Solange es Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter mit den zusätzlichen Pausen, egal
ob für einen Kaffee oder eine Zigarette – oder
beides – nicht übertreiben, werden diese von
denUnternehmen toleriert. Andernfallsmüsste
man für Rauchpausen stempeln.
JF
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