ZAK Dez. 2014_ES - page 19

INS SCHWARZE
Therme für Wärme
Willi Tell
Seit Wochen ruft man mich
„sofort zurück“. Aber es will
einfach nicht läuten. Und
wenn ich anrufe und mich
darüber beschwere, wird mir
ein Rückruf versprochen. „So-
fort“. Wer das so großzügig
verspricht, ist die Hausver-
waltung. Und worum es geht,
ist die Therme. Sie sorgt für
Warmwasser und für Heizung.
Wenn sie funktioniert.
Also tippe ich diese Glosse mit
Handschuhen, hocke im Man-
tel da, trage drei Garnituren
Schi-Unterhosen und unter
dem Hemd etliche Leiberln –
auf Deutsch: T-Shirts.
Und weil ich natürlich verkühlt
bin, summe ich den Linden-
blütenblattlbeutelblues. So-
was soll helfen, auch wenn
man nicht an Magie glaubt.
Nun frage ichzähneklappernd,
wofür man Hausverwaltungen
bezahlt. Fürs Rückrufen kaum.
Und dafür, dass sie einemnach
Wochen endlich ihre Installati-
onsfirma vorbeischickt, auch
nicht. Vielleicht bezahlt man
sie nur wegen ihrer Schönheit.
Schönheit ist immer ein Ass.
Jetzt hat das Telefon geläutet,
aber es war nur ein Künstler.
Der ist für Schönheit zustän-
dig. Er sagt, ich solle meine
Lage mit den Jesiden im Irak
vergleichen. So ein Hinweis
hilft natürlich fast wie ein Lin-
denblütenblattlbeutelblues.
Jetzt läutet es wieder. Es ist die
Redaktion der „ZAK“. Ich müs-
se eine Kolumne tippen. „So-
fort!“ Irgendwie habe ich Lust,
es diesmal meiner Hausver-
waltung gleichzutun, aber das
wäre unter der Würde eines
Willi Tell.
Einstein & E nfalt
Ein satirisches Doppel
von
Berndt Heidorn
Müller:
Ho, ho, ho, Huber. Sie
wirken so gehetzt, und das in
der besinnlichen Adventzeit?
Huber:
Ich werd’ Ihnen gleich
von wegen besinnlich. Die
Kaufhäuser überfüllt, an jeder
Eckn Bsoffene, die von einem
Punschstand zum anderen
wanken. Und das ist noch gar
nicht das Schlimmste.
Müller:
Sondern?
Huber:
Ich hab heuer schon
gefühlte hundert Mal „Last
Christmas“ hören müssen.
Einmal noch und ich krieg
Zuständ!
Müller:
Aber, aber Huber! Wer
wird denn so unromantisch
sein. Immerhin ist Weihnach-
ten auch das Fest der Liebe.
Schenken und beschenkt wer-
den …
Huber:
Kommens mir bloß
nicht damit! Wochenlang
rennst wie ein Irrer herum,
um irgendein Klumpert zu
kaufen, dass der liebe Be-
schenkte nach dem Fest um-
tauschen geht.
Müller:
Aber es ist doch schön,
wenn sich die Familie um den
brennenden Christbaum ver-
sammelt!
Huber:
Jössas. Hoffentlich
kommt die Feuerwehr recht-
zeitig.
Müller:
Um den von bren-
nenden Kerzen erleuchteten
Christbaum meine ich natür-
lich.
Huber:
Was bitte soll so schön
daran sein, wenn nach der
Bescherung alle knietief im
Verpackungspapier waten und
spätestens nach dem dritten
Punsch anfangen zu streiten?
Müller:
Was ist denn das für
eine Familie, die am Weih-
nachtsabend zum Streiten
kommt?
Huber:
Gegenfrage: Haben Sie
schon einmal was davon ge-
hört, dass man sich Verwandte
nicht aussuchen kann?
Müller:
Ich seh schon, Weih-
SATIRE
Ulrich Baumgarten/vario images/picturedesk
Oder auf den Opernball …
Müller:
Der Opernball ist bitte
der Höhepunkt der österrei-
chischen Ballsaison. Auf den
freuen Sie sich doch sicher?
Huber:
Ja genau, ich fiebere
auch schon der Nachricht
entgegen, welchen Y-Promi
der Lugner diesmal wieder in
seine Loge zerren wird. Außer
seinem Spatzi natürlich.
Müller:
Aber der Villacher
Fasching?
Huber:
Meinen Sie das Hoch-
amt des s t umpf s i nn i gen
Schmähs, den die Kärntner
mit Humor verwechseln?
Müller:
Seins mir nicht bös,
Huber, aber Sie sind ein
Grantscherben. Wenn dann
Weihnachten, Silvester und
Fasching vorbei sind, was
machens denn dann?
Huber:
Mich vor den Osterfei-
ertagen fürchten.
nachten ist nicht Ihres. Dafür
kommt ja gleich darauf Sil-
vester, da gibt’s auf jeden Fall
eine Hetz!
Huber:
Gehns, hörens auf.
Dieselbe Prozedur wie jedes
Jahr: Dinner for one, Pum-
merin, Donauwalzer und am
Neujahrstag Schädelweh. Und
das soll eine Hetz sein?
Müller:
Aber auf jeden Fall
eine gute Gelegenheit, Vorsät-
ze zu fassen.
Huber:
Nicht für mich. Der
einzige Neujahrsvorsatz, den
ich in meinem Leben einge-
halten habe, war der, keine
Vorsätze mehr zu fassen …
Müller:
Dann freuen Sie sich
wenigstens auf den Fasching!
Huber:
Worauf soll man sich
da bitte freuen? Bunte Kos-
tüme, entstellte Gesichter. Da
kann ich ja gleich auf einen
Burschenschafterball gehen.
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