RECHT
Günter Eichberger
MÜNDIG
Man freut sich ja immer über
Post. Unter den 150 Mails
sind manchmal echte Perlen.
Benachrichtigungen von un-
verhofften Erbschaften von
Tanten aus Südafrika, die
mir offenbar dankbar waren,
dass sie mich nie im Leben
kennenlernen mussten. Hei-
ratsanträge in lustigemCom-
puterdeutsch. Und günstige
Angebote für Penisverlän-
gerungen. Kürzlich kam das:
„Mein Lieber, ich bin gerade
in Odessa. Mein Reisege-
päck ist mir gestohlen wor-
den, und damit auch Pass,
Bankomatkarte und Prousts
‚Suche nach der verlorenen
Zeit’. Die Botschaft lässt
mich ohne Pass zurückflie-
gen. Überweise mir bitte für
Flug, Hotel und Wegzehrung
1.478 Euro. Sobald ich in Graz
bin, bekommst du das Geld
samt einem Aufschlag von 2
Krügerln. In Nöten, Dein W.“
Darüber kann ich nur lachen,
bin ich doch durch die Me-
dien über derlei Betrugsver-
suche bestens informiert.
Ich traue seither auch amt-
lichen Schreiben nicht auf
den ersten Blick. Vor allem,
wenn sie vom Finanzamt
sind. Alle wollen sie nur mein
Geld, nicht meine Liebe! Also
antwortete ich dem vorgeb-
lichen W. bündig: „Hol dir
das Geld am Salzamt ab!“
Gestern erhielt ich einen em-
pörten Anruf von ihm, all die
Jahre habe er sich in mir ge-
täuscht, ich hätte ihn in sei-
ner Not auch noch verhöhnt.
Diese Betrüger werden im-
mer dreister!
Feierabend
Jede fünfte Klage im Arbeitsrecht
ist eine Kündigungsanfechtung. Ein Einspruch hat
Erfolg, wenn die Auflösung des Arbeitsverhältnisses beispielsweise sozialwidrig ist.
E
in Arbeitnehmer fordert
die Bezahlung von Über-
stunden, der Arbeitgeber be-
streitet die Ansprüche und
kündigt daraufhin den Be-
schäftigten. „Wer wegen eines
unzulässigen Motivs oder
Sozialwidrigkeit gekündigt
wird, kann in Betrieben mit
mindestens fünf Arbeitneh-
mern unter gewissen Vor-
aussetzungen die Kündigung
gerichtlich anfechten“, erklärt
AK-Experte Mag. Robert Drax-
ler.
Gekündigt werden können
Mitarbeiter ohne Angabe von
Gründen. Ob Anfechtungs-
gründe vorliegen, können
Rechtsexperten der Arbeiter-
kammer prüfen. Dafür müssen
Arbeitnehmer aber unverzüg-
lich nach Zugang der Kündi-
gung Kontakt mit der AK auf-
nehmen, weil für Einsprüche
sehr kurze Fristen (bis zu zwei
Wochen) einzuhalten sind.
Aus vier Motiven unzulässig
Gegen eine Kündigung kann
aus vier Gründen gerichtlich
vorgegangen werden: wenn
der Schlussstrich im Job so-
zial- oder sittenwidrig, aus
einem verpönten Motiv oder
diskriminierend erfolgt.
Zurück zum Eingangsbeispiel:
Wer eine kollektivvertragliche
Lohnerhöhung fordert und
dafür den blauen Brief erhält,
ist aus einem verpönten Motiv
gekündigt worden. Mit einer
Klage kann die Weiterbeschäf-
tigung im Betrieb erkämpft
werden.
„Häufiger sind sogenannte
sozialwidrige Kündigungen“,
berichtet der AK-Experte. Als
Beispiele dafür gelten älte-
re Arbeitnehmer, die schon
länger in einem Betrieb be-
schäftigt waren und von einer
Kündigung sozial besonders
nachteilig betroffen wären.
Eine sittenwidrige Kündigung
liegt vor, wenn Beschäftigte
aufgrund eines Betriebsüber-
ganges (d. h. ein neuer Eigen-
tümer übernimmt den Betrieb)
gekündigt werden. Oder wenn
Stammarbeiter gekündigt und
stattdessen billigere Zeitarbei-
ter eingestellt werden.
Kurze Fristen
Auf jeden Fall bleibt den AK-
Experten nicht viel Zeit zum
Handeln. Die Anfechtungskla-
ge muss binnen zwei Wochen
ab Zugang der Kündigung
beim zuständigen Arbeits-
und Sozialgericht eingebracht
werden. Setzen Sie sich daher
unverzüglich mit Gewerk-
schaft oder AK in Verbindung,
wenn Sie einen unzulässigen
Kündigungsgrund vermuten.
Gegen Kündigung
ist
manchmal Hilfe möglich
Kündigungsanfechtung
•
Kündigungen
können
mündlich oder schriftlich er-
folgen. Auch im Krankenstand
sind Kündigungen zulässig.
•
Unzulässig sind Diskrimi-
nierungskündigungen: wenn
Arbeitsverhältnisse aufgrund
des Alters, der ethnischen Zu-
gehörigkeit, Weltanschauung,
Religion, sexuellen Orientie-
rung oder Behinderung aufge-
löst werden.
•
Auch Kündigungen wegen
oder während einer Bildungs-
karenz sind anfechtbar.
•
Kündigungsanfechtungen
enden meist mit einem Ver-
gleich. Ob Mitarbeiter im Be-
trieb bleiben, hängt davon
ab, ob das Arbeitsklima nicht
empfindlich gestört wurde.
ZAK
nfo
Nicht jede Kündigung ist arbeitsrechtlich zulässig. AK-ExpertInnen prüfen,
ob eine Anfechtungsklage aussichtsreich ist.
(AK/Kanizaj)
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