ZAK Dez. 2014_ES - page 16

Die vor 10 Jahren einge-
führte Elternteilzeit
bietet
Müttern wie Vätern eine neue
Möglichkeit, Familie und Be-
ruf (besser) zu vereinbaren.
10 Fragen
Die vielfältigen Varianten von
getroffenen Elternteilzeit-Ver-
einbarungen zeigen, welche
kreativen Lösungen gefunden
werden können, wenn seitens
der Eltern und Arbeitgeber Ge-
sprächsbereitschaft besteht.
Wann habe ich Anspruch auf
Elternteilzeit?
Einen gesetzlichen Anspruch
auf Elternteilzeit haben Ar-
beitnehmer, die seit mindes-
tens drei Jahren in einem
Unternehmen mit mehr als 20
Mitarbeitern beschäftigt sind.
Die Mindestgröße bezieht sich
auf den gesamten Betrieb,
nicht auf einzelne Filialen.
Zudem muss der jeweilige
Elternteil im selben Haushalt
wie das Kind leben oder die
Obsorge für das Kind haben.
Der Anspruch gilt bis maxi-
mal zum siebenten Geburtstag
oder einem späteren Schulein-
tritt des Kindes, danach steht
den Eltern eine Rückkehr zur
vorherigen Arbeitszeit zu.
Auch wer keinen Rechtsan-
spruch auf Elternteilzeit hat,
kann in Absprache mit dem
Arbeitgeber maximal bis zum
vierten Geburtstag des Kindes
eine Elternteilzeit vereinba-
ren.
Zählt die Karenz zur Dreijah-
resfrist?
Ja, auch die arbeitsrechtliche
Karenz – also die Freistellung
bis maximal zum zweiten Ge-
burtstag des Kindes – zählt zu
den drei Jahren Anwartschaft,
weil Eltern in Karenz ein
aufrechtes Beschäftigungs-
verhältnis haben. Es reicht
also, ein Jahr imUnternehmen
gearbeitet zu haben und dann
zwei Jahre in Karenz gewesen
zu sein.
Wie melde ich eine Elternteil-
zeit korrekt?
Die Meldung einer Elternteil-
zeit muss schriftlich erfolgen;
ein Musterformular dazu fin-
det sich auf der AK-Homepage.
Die Elternteilzeit kann jeder-
zeit gemeldet werden – also
nicht nur im Anschluss an
eine Karenz –, allerding muss
Rückzahlung
bei
verspätetem Nachweis
Der kleinen Selma geht es
wunderbar – und ihre Ge-
sundheit wurde rechtzeitig in
allen erforderlichen Mutter-
Kind-Pass-Untersuchungen
bestätigt. Trotzdem kam ein
Rückforderungsbescheid von
der Sozialversicherung: 1.500
Euro seien fällig, weil die
Untersuchungen nicht recht-
zeitig nachgewiesen wurden.
„Derartige Rückforderungen
häufen sich, seit die Kurzva-
rianten des Kinderbetreuungs-
geldes eingeführt wurden“,
erklärt AK-Gleichstellungs-
referentin Mag. Bernadette
Pöcheim. „Der Nachweis der
letzten Untersuchung fällt
nämlich bereits in eine Zeit,
in der keine Leistung mehr
bezogen wird. Viele Eltern
denken dann einfach nicht
mehr daran, dass noch eine
Untersuchungsbestätigung
vorzulegen ist.“
Bei der Langvariante des Kin-
Wer den Nachweis
über die Mutter-Kind-Pass-Untersu-
chungen nicht rechtzeitig vorlegt, muss Geld zurückzahlen.
derbetreuungsgeldes (30+6
Monate) sind die fünf vorge-
burtlichen Untersuchungen
sowie die ersten fünf nach der
Geburt bis zur Vollendung des
18. Lebensmonats nachzuwei-
sen. Wer eine kürzere Variante
gewählt hat, muss die Bestä-
tigungen in zwei Schritten
einreichen: Die ersten neun
Untersuchungen bis zum voll-
endeten zehnten Lebensmonat
des Kindes, die letzte, bis das
Kind eineinhalb Jahre alt ist.
Dieser zweite Nachweis geht
manchma l im Trubel des
Kleinkinderalltags unter.
Erfahrungsgemäß sind die
Sozialversicherungsträger bei
nachträglichen Einreichungen
bis zum dritten Geburtstag
kulant. Wer allerdings dann
noch nicht alle Bestätigungen
vorgelegt hat, muss mit einer
teilweisen Rückforderung
des Kinderbetreuungsgeldes
rechnen.
Elternteilzeit
erst
vor Gericht gelöst
Die gute Nachricht: Die meis-
ten Vereinbarungen zur El-
ternteilzeit werden einver-
nehmlich und betriebsintern
getroffen. Gelangen Arbeitge-
ber und Arbeitnehmer jedoch
zu keiner Lösung, kann das
Gericht eingeschaltet werden.
So geschah es kürzlich bei
einer Steirerin, die nach der
Geburt ihres zweiten Kindes
wieder in Elternteilzeit gehen
wollte – zu denselben Bedin-
gungen wie nach ihrer ersten
Karenz. Im Unternehmen, ei-
nem Tourismusbetrieb, hatten
sich in der Zwischenzeit die
Arbeitszeiten geändert und
der Arbeitgeber akzeptierte
die vorgeschlagene Elternteil-
zeit nicht.
Die Einigung erfolgte schließ-
lich vor Gericht im Zuge eines
sogenannten prätorischen
Vergleichs, bei dem beide Sei-
ten ein bisschen nachgegeben
haben. „Das war die allerletzte
Möglichkeit eines Kompro-
misses. Wäre auch dabei keine
Lösung gefunden worden,
hätte das Gericht einer der
beiden Seiten Recht gegeben“,
erklärt Bernadette Pöcheim
das Prozedere. Generell sollte
betriebsintern eine Lösung
gesucht werden, um das Ar-
beitsklima nicht zu belasten.
Eine steirische Mutter und
ihr Arbeitgeber
fanden erst
vor Gericht eine Elternteilzeit-
Regelung.
16
ZAK
FRAU
1...,6,7,8,9,10,11,12,13,14,15 17,18,19,20,21,22,23,24
Powered by FlippingBook