INS SCHWARZE
Mehr Schönheit!
Willi Tell
Bei uns daheim gab es stets
Musik. Die haben wir – wie die
Marmelade – selber gemacht.
Jedes unserer Kinder hat ein
Instrument gelernt. Von Quer-
flöte über Klavier und Gei-
ge, Gitarre und Bass bis zum
Schlagzeug. Und gesungen
haben wir sowieso alle. Im
Chor, im Kanon und in der Ba-
dewanne solo.
Jetzt, da jede menschliche
Aktivität ausschließlich der ka-
pitalen Effizienz dienen muss,
begründet man den Wert des
Musizierens ungefähr so: Es
fördere die Entwicklung des
Gehirns – das tut es, allein
schon durch die Feinmotorik.
Es sei von Bedeutung für die
„Teamfähigkeit“ – das ist es,
der Solist zeigt „Leadership“
und fügt sich dann wieder ein,
der Bass hat breite Schultern
und trägt alles, was in Harmo-
nien schwelgt. Und durch das
Üben – das will man ja nicht
immer – lehrt man sich selbst
Beharrlichkeit.
Diese Argumente – so stimmig
sie sein mögen – waren uns
Eltern vollkommen wurscht.
Unser Leben auf solche Wei-
se zu „evaluieren“, war und ist
uns zuwider. Wir wollten keine
„effizienten“, keine „marktad-
äquaten“ Kinder, die womög-
lich auf „Zukunftsfähigkeit“
dressiert sind.Wirwollten, dass
es ihnen gut geht und dass sie
glücklich sind. Und dazu ge-
hört unbedingt die Schönheit.
Man darf sonst alles Mögliche
vergessen, aber die Schönheit
nicht. Das Gefühl dafür wächst
nach und nach und gleichsam
nebenbei.
Der Rest ergibt sich.
Einstein & E nfalt
Ein satirisches Doppel
von
Berndt Heidorn
Müller:
Grüß Sie Huber, ha-
bens schon ghört? Jetzt solls
dann ernst werden mit der
Steuerreform!
Huber:
Na, das kann ja heiter
werden!
Müller:
Was habens denn,
wollens nicht auch weniger
Steuer zahlen?
Huber:
Das schon. Aber wo in
Österreich „Reform“ drauf-
steht, ist meistens eine Ver-
schlechterung drin. Wenn ich
allein an die Pensionsreform
denk …
Müller:
Huber, Sie sind ein
notorischer Schwarzseher.
Nach Wikipedia-Definition
ist eine Reform eine „größere,
planvolle und gewaltfreie Um-
gestaltung der Verhältnisse“.
Huber:
Das heißt, wenn ich
mir eine neue Freundin such,
ist das eine Reform?
Müller:
Wie kommens jetzt auf
diesen Nonsens?
Huber:
Na, das wär doch eine
Umgestaltung meines Verhält-
nisses.
Müller:
Sagen Sie, sind Sie
ein Schelm oder einfach nur
ein Trottel? Umgestaltung der
Verhältnisse. Mehrzahl!
Huber:
Keine Chance, mehre-
re Verhältnisse kann ich mir
nicht leisten.
Müller:
Es geht auch nicht um
Ihre Verhältnisse, sondern
allgemein um Verhältnisse,
die umgestaltet werden. In
diesem Fall halt die Steuer-
verhältnisse.
Huber:
Na gut, erklären Sie
es mir!
Müller:
Also: Als Erstes muss
einmal die Lohnsteuer gesenkt
werden. Das ist auch so ziem-
lich der einzige Punkt, in dem
sich alle einig sind.
Huber:
Und worin sind sie
sich nicht einig?
Müller:
Da geht’s eigentlich
nur um Kleinigkeiten. Um
wie viel soll die Lohnsteuer
gesenkt werden, wo soll die
SATIRE
Giulio Fornasar – Fotolia
schaf ts- und Schenkungs-
steuern.
Huber:
Aber wäre das nicht
die Versteuerung von bereits
versteuertem Geld?
Müller:
Wie beim Kauf einer
Wurstsemmel: Da zahlen Sie
auch Mehrwertsteuer mit Ih-
rem bereits versteuerten Geld.
Huber:
Und was spricht dann
dagegen?
Müller:
Gar nichts. Es wäre
nur gerecht, wenn nicht nur
die Arbeitnehmer, sondern
auch Vermögende und Erben
ihr Scherflein beitragen wür-
den. Denn wie sagt schon der
Volksmund: Wer nix daheirat
und nix dairbt, bleibt oarm,
bis er stirbt.
Huber:
Ewig schad, dass ich
nichts erheiratet hab und
nichts erben werd.
Müller:
Was hättens denn mit
dem Geld gmacht?
Huber:
Mein Bankkonto re-
formieren.
Kohle herkommen und solche
Kinkerlitzchen halt.
Huber:
Sagen Sie, Müller:
Höre ich da etwa Sarkasmus
heraus?
Müller:
Respekt, Huber. Hätte
ich nicht für möglich gehalten,
dass Sie wissen, was Sarkas-
mus ist.
Huber:
Gell, da schauens!
Wikipedia ist schließlich für
alle da.
Müller:
Na, wie dem auch
sei. Die einen wollen im Ge-
genzug die Mehrwertsteuer
erhöhen …
Huber:
Na freilich, damit wir
uns die Lohnsteuersenkung
selber zahlen dürfen. Hab ich
Ihnen nicht gesagt, wo Reform
draufsteht …
Müller:
Ja, ja, schon gut. Es
gibt ja auch noch andere Ideen.
Huber:
Zum Beispiel?
Müller:
Zum Beispiel Ver-
mögen s s t eue r n ode r d ie
Wiedereinführung von Erb-
ZAK
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