ZAK_Maerz_2015_ES - page 14

PFLEGE
Freiheitsbeschränkende
Maßnahmen in Pflege-
heimen werden seit zehn
Jahren von der Bewohner-
vertretung geprüft. Die ZAK
bat den Leiter für die Steier-
mark, Mag. Heinz Wagner,
zum Gespräch.
F
reiheitsbeschränkende
Maßnahmen in Pflegehei-
men sind eine heikle Sache.
Bis vor zehn Jahren stand das
Personal in einemGraubereich
zwischen einer straf baren
Handlung und der Erfüllung
der Sorgfaltspflicht gegenüber
den betreuten Personen. „Erst
das Heimaufenthaltsgesetz
legte 2005 einen rechtlichen
Rahmen fest,“ sagt Mag. Heinz
Wagner. Er ist Bereichslei-
ter der Bewohnervertretung
für den Süden Österreichs
(Stmk., Ktn., Ostt.) und seine
Organisation ist laut Gesetz
beauftragt, den Rechtsschutz
der Bewohner bei allen Maß-
nahmen, die die persönliche
Freiheit beschränken, sicher-
zustellen: „Jeder Fall muss
an uns gemeldet werden, wir
überprüfen ihn und schauen,
ob es auch gelindere Mittel der
Freiheitsbeschränkung gibt.“
Psychopharmaka
Das Gesetz nennt mechani-
sche, elektronische und me-
dikamentöse Beschränkungen
der Bewegungsfreiheit. „Zu
den mechanischen Beschrän-
kungen zählen hochziehbare
Seitenteile des Bettes oder
Gurten für Betten und Roll-
stühle.“ Elektronische Maß-
nahmen können Heimbewoh-
nerInnen am Verlassen des
Zimmers, des Traktes oder der
Einrichtung hindern. Sensor-
matten zeigen dem Personal
an, ob jemand sein Bett ver-
lässt. Auch Psychopharmaka,
etwa sedierende Medikamen-
Tausende alte Menschen werden in Pflegeheimen liebe-
voll gepflegt und betreut. Sind freiheitsbeschränkende
Maßnahmen notwendig, müssen sie der Bewohnervertre-
tung (kleines Bild: Mag. Heinz Wagner) gemeldet werden.
(AK, Attila Barabas/Fotolia)
Im Pflegeheim
ist die
Freiheit nicht grenzenlos
te, zählen zu den freiheitsbe-
schränkenden Maßnahmen.
Warm, satt, sauber
Die wichtigste Maßnahme,
um Freiheitsbeschränkungen
gar nicht erst notwendig zu
machen, sei ausreichend Per-
sonal, sagt Mag. Alexander
Gratzer, Leiter der AK-Abtei-
lung für Gesundheits- und So-
zialberufe. Die AK mache seit
Jahren darauf aufmerksam,
dass aufgrund der Personal-
situation in manchen Heimen
das überholte Konzept „warm,
satt, sauber“ anstatt einer qua-
litätsvollen Betreuung gelte.
Drei Voraussetzungen
Drei Voraussetzungen müssen
gleichzeitig gegeben sein, da-
mit freiheitsbeschränkende
Maßnahmen gesetzt werden
dürfen: eine geistige Beein-
trächtigung oder psychischen
Erkrankung, eine erhebliche
Selbst- oder Fremdgefährdung,
keine anderen schonenderen
Maßnahmen. Im Vorjahr, so
Mag. Wagner, wurden in den
knapp 600 steirischen Pflege-
und Betreuungseinrichtungen
mit den rund 28.000 Betten
für 3.660 BewohnerInnen
6.750 freiheitsbeschränkende
Maßnahmen gemeldet.
Ausblick
Auch der Bewohnervertreter
spricht sich für ein anderes
Betreuungssystem aus: „Im
Vordergrund sollte nicht nur
die Pf lege stehen, sondern
auch eine qualitätsvolle Be-
treuung mit guten pädagogi-
schen Konzepten.“ Dadurch
könnten die aus ihrer gewohn-
ten Umgebung gerissenen
alten Menschen einen span-
nenden Tagesablauf erleben,
der so manche einschränken-
de Maßnahme, etwa die Gabe
von Psychomedizin, unnötig
mache.
ZAK
zitat
„Das Um und Auf ist
ausreichend Personal
in den Pflegeheimen.“
AK-Experte Mag. Alexander Gratzer
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