ZAK_Maerz_2015_ES - page 17

FRAU
35 bis 60 Fälle
von mehr-
facher Diskriminierung in
der Arbeitswelt landen pro
Jahr vor der Gleichbehand-
lungsanwaltschaft.
Der Vergleich
macht
Sie erst sicher
Was genau dokumentiert ein
Einkommensbericht?
Im Bericht wird das durch-
schnittliche Gesamtgehalt al-
ler Beschäftigten ausgewiesen,
untergliedert nach Kollektiv-
verträgen, Verwendungsgrup-
pen und jeweils innerhalb der
Gruppe nach dem Geschlecht.
Teilzeitkräfte werden auf Voll-
zeit hochgerechnet; all jene,
die nicht das ganze Jahr über
im Unternehmen waren, auf
einen Jahresverdienst. Darin
erfasst werden auch Zulagen,
Überstundenpauschalen und
Sachbezüge, nicht jedoch
Aufwandsentschädigungen.
Wodurch wird die Anonymi-
tät garantiert?
Im gesamten Bericht dürfen
weder Namen noch Personal-
nummern genannt werden.
Fallen in eine Verwendungs-
g ruppe nicht mindestens
drei Personen, werden deren
Einkommen nicht nach Ge-
schlechtern getrennt ausge-
wiesen.
Kann ich als Einzelperson
Einsicht in den Bericht neh-
men?
Die Unternehmen sind ver-
pf lichtet, den Bericht dem
(Zentral-)Betriebsrat zu über-
mitteln. Die Betriebsräte wie-
derum dürfen die Beschäf-
tigten über die Ergebnisse
informieren, im Rahmen von
Betriebsversammlungen, Aus-
sendungen oder einem Aus-
hang. Beschäftigte können
auch von sich aus Einsicht
in die für sie relevanten Da-
ten erwirken – somit ist ein
Vergleich innerhalb ihrer je-
weiligen Verwendungsgruppe
möglich.
Exist ier t in einem Unter-
nehmen kein Betriebsrat, ist
der Bericht in einem allen
Beschäftigten zugänglichen
Raum aufzulegen.
Was tun, wenn der Bericht
Lohndiskriminierung auf-
zeigt?
Wird durch den Bericht eine
ungerechte Lohnpolitik offen-
Diskriminierung
nicht nur aus einem Grund
kundig, sollten sich Betroffene
an ihren Betriebsrat oder das
Gleichstellungsreferat der AK
wenden. Der Bericht kann
dann als Grundlage für neu-
erliche Gehaltsverhandlungen
dienen. Auch die Gleichbe-
handlungskommission nutzt
die Berichte für Entscheidun-
gen über Entgeltdiskriminie-
rung.
Mit wem darf ich über den
Bericht sprechen?
Einkommensberichte zählen
zu den Geschäfts- und Be-
triebsgeheimnissen, daher
darf keinerlei diesbezügli-
che Information nach außen
getragen werden. Wer sich
über ungerechte Entlohnung
beschweren möchte, sollte
seinem Ärger keinesfalls auf
Facebook & Co Luft machen.
Im Beratungsgespräch beim
Betriebsrat, der Gewerkschaft
oder der Arbeiterkammer darf
Klartext gesprochen werden,
denn diese drei unterliegen ei-
ner Verschwiegenheitspflicht.
Der große Unterschied:
Vollzeitbeschäftigte Frauen
verdienen in Österreich nur
82 Prozent der Männerein-
kommen.
(Sergey Nivens – Fotolia)
Bei einer Veranstaltung im
Grazer Kammersaal berich-
tete Simone Philipp vom ETC
Graz von gehäuften Fällen
von Mehrfachdiskriminie-
rungen besonders in män-
nerdominierten Branchen,
öffentlichen Einrichtungen
und am Hilfsarbeitsmarkt.
In männerdominierten Berei-
chen seien besonders Frauen
im gebärfähigem Alter, Kopf-
tuchträgerinnen und Personen
mit Behinderungen betroffen.
Mag. Bernadette Pöcheim er-
klärte, dass eine Rechtsdurch-
setzung im aufrechten Dienst-
verhältnis oft schwierig sei,
da die betroffenen Personen
Angst vor Sanktionen oder
Kündigungen hätten. Punkto
Entgeltdiskriminierung kri-
tisierte die AK-Expertin, dass
Männern viel eher Vordienst-
zeiten und Zusatzqualifikatio-
nen angerechnet werden.
Laut Elke Lujansky-Lammer
(Regionalbüro Steiermark der
Gleichbehandlungsanwalt-
schaft) nennt das Gesetz sechs
Gründe, bei denen Diskrimi-
nierung in der Arbeitswelt
verboten ist: Geschlecht, Alter,
Ethnie, Religion, sexuelle Ori-
entierung sowie Behinderung.
Fälle von mehrfacher Diskriminierung von Frauen in der Arbeitswelt wur-
den in drei Arbeitskreisen im Kammersaal diskutiert.
(AK/Selina Graf)
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